Beschluss LDR im März 21
Kapitel: | IX Gesundheit |
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Antragsteller*in: | Inés Brock (KV Halle) |
Status: | Modifiziert übernommen |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 21.04.2021, 15:58 |
Kapitel: | IX Gesundheit |
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Antragsteller*in: | Inés Brock (KV Halle) |
Status: | Modifiziert übernommen |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 21.04.2021, 15:58 |
gleichberechtigten Zugang zum Blutspenden erhalten und nicht mehr sachwidrig diskriminiert werden.
Psychische Folgen der Pandemie in psychotherapeutischer Versorgung auffangen
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie haben die psychische Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern verschlechtert. Besonders dramatisch ist die Verdoppelung von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Darauf muss zeitnah und adäquat reagiert werden mit einem Masterplan zum Schutz der psychischen Gesundheit. Dazu müssen psychosoziale Institutionen mit zusätzlichen finanziellen Mitteln in die Lage versetzt werden dem gestiegenen Bedarf gerecht zu werden. Die ambulante psychotherapeutische Versorgung ist bereits vor der Pandemie nicht ausreichend gewesen. Wir brauchen eine Erweiterung der Kassensitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Alle Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die Präventionsprogramme zur Stärkung der psychischen Gesundheit entwickeln und anbieten können, müssen aus einem zusätzlichen Fond ”Kindergesundheit” des Bundes finanziert werden, der durch die Länder in den Kommunen verankert wird.
Wir erleben im Moment große Sorge um die Hausärzt*innendichte, regional
unterschiedlich einen Mangel an verfügbaren Pflegeplätzen und ambulanten
Pflegedienstleistern und eine ausgewachsene Klinikkrise. Wir wollen die
Versorgung der Menschen im Land auch unter den Bedingungen des demografischen
Wandels dauerhaft sichern. Dafür braucht es neue Ideen und kluge Antworten, die
wir umsetzen wollen. Das Versprechen gleichwertiger Lebensverhältnisse in
Sachsen-Anhalt ist im Bereich der Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen
eine große Aufgabe. Wir treten für selbstbestimmtes Leben in allen Lebensphasen
ein. Palliativversorgung und Hospizarbeit sollen einen höheren Stellenwert
gewinnen.
Wir werden die notwendige Präventionsarbeit im Bereich von HIV, anderen sexuell
übertragbaren Krankheiten und Hepatitis weiter durch die etablierten
Einrichtungen AIDS-Hilfe Halle/Sachsen- Anhalt Süd e.V. – Agentur für sexuelle
Gesundheit und das Zentrum für sexuelle Gesundheit - Aidshilfe Sachsen-Anhalt
Nord e.V. in Magdeburg absichern. Darüber hinaus machen wir uns weiter dafür
stark, dass schwule Männer sowie trans* Frauen und nichtbinäre Personen endlich
gleichberechtigten Zugang zum Blutspenden erhalten und nicht mehr sachwidrig
diskriminiert werden.
Psychische Folgen der Pandemie in psychotherapeutischer Versorgung auffangen
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie haben die psychische Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern verschlechtert. Besonders dramatisch ist die Verdoppelung von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Darauf muss zeitnah und adäquat reagiert werden mit einem Masterplan zum Schutz der psychischen Gesundheit. Dazu müssen psychosoziale Institutionen mit zusätzlichen finanziellen Mitteln in die Lage versetzt werden dem gestiegenen Bedarf gerecht zu werden. Die ambulante psychotherapeutische Versorgung ist bereits vor der Pandemie nicht ausreichend gewesen. Wir brauchen eine Erweiterung der Kassensitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Alle Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die Präventionsprogramme zur Stärkung der psychischen Gesundheit entwickeln und anbieten können, müssen aus einem zusätzlichen Fond ”Kindergesundheit” des Bundes finanziert werden, der durch die Länder in den Kommunen verankert wird.
Wir brauchen gute Ideen und Projekte, um junge Ärzt*innen im ländlichen Raum zu
halten. Die Landärzt*innenquote und Landärzt*innenstipendien sind ein Anfang,
lösen aber nicht die Probleme der ausgedünnten Versorgung. Die ambulante
Versorgung muss anders als bisher gedacht werden. Ein Lösungsansatz könnte sein,
dass Ärzt*innen rotierend Sprechstunden anbieten, die in die von Kommunen
betriebenen Praxen stattfinden. Unter dem demografischen Druck und den
schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist die Öffnung verschiedener
Gesundheits- und Pflegebereiche für eine sektorenübergreifende
Gesundheitsversorgung Teil einer modernen Antwort. Ambulante und stationäre
Versorgung sollen sich ergänzen und, wo möglich, von den gleichen
Leistungserbringern geleistet werden. Die medizinischen Versorgungszentren im
Land sind ein gutes Beispiel dafür, aber auch im Bereich Altenpflege sind solche
gleichzeitigen Angebote denkbar. Die neue generalistische Pflegeausbildung
bietet dafür gute Voraussetzungen.
Wir wollen, dass Sachsen-Anhalt den Aufbau von bedarfsgerechten
multiprofessionellen Gesundheitszentren als Baustein zur ambulanten Versorgung
im Sozialraum unterstützt.
Mobile Praxisassistent*innen sind ein Erfolgsmodell, denn sie entlasten
Ärzt*innen ebenso wie Patient*innen. Gemeinsam mit ambulanten Pflegediensten
können sie die Versorgung der Menschen zu Hause sicherstellen und Hausärzt*innen
entlasten.
Neue Pflegestudienfächer eröffnen Ressourcen weit über Paxisassistent*innen
hinaus: Communty Health Nurses können unabhängig von Hausärzten zur Prophylaxe
und Versorgung der Bevölkerung beitragen. Wir wollen, dass unser Land zunächst
in Modellversuchen den Einsatz von Community Health Nurses und School Nurses
erprobt.
Sprachmittlerinnen müssen überall im Land verfügbar sein, um die gesundheitliche
Versorgung in allen Bereichen für alle hier lebenden Menschen barrierearm zu
ermöglichen. Wir wollen einen zentralen Sprachmittlerpool beim Land
installieren, um in allen Regionen und Fachbereichen den Zugang zu ermöglichen.
Die heutigen Krankenhausstandorte in Sachsen-Anhalt sollen als Standorte für die
Gesundheitsversorgung grundsätzlich erhalten bleiben. Denn sie sorgen dafür,
dass gesundheitliche Versorgung im ganzen Land erreichbar ist. Um alle Standorte
zu erhalten, müssen wir sie aber drastisch umstrukturieren. Nur Veränderung wird
hier dauerhafte Sicherheit schaffen. Das erreichen wir mit Schwerpunktbildung
und Konzentration von Leistungen. Dafür sind die Kooperation und Abstimmung
einzelner Krankenhäuser entscheidend. Gerade für die Qualitätssicherung ist
diese Entwicklung vom Land zu begleiten. All diese Veränderungen stehen für uns
unter einem Vorzeichen: Wir wollen, dass Kliniken vor allem anderen
gemeinwohlorientiert arbeiten und wirtschaften.
Wir wollen einen Runden Tisch Krankenhausversorgung einberufen. Hier sollen alle
Akteur*innen, also Träger, Kostenträger, Patientenvertreter*innen,
Pflegevertreter*innen, Landkreise, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und
politisch Verantwortliche die aktuelle Situation der Kliniken in Sachsen-Anhalt
evaluieren. Dabei sollen sie Bedarfe festlegen, Sofortmaßnahmen vorschlagen und
am Ende einen verbindlichen Krankenhausstrukturplan vorlegen.
Bereiche wie allgemeine internistische Behandlung, allgemeine Pädiatrie,
Notfallversorgung und Geburtshilfe gelten für uns als Basisversorgung, und daher
als notwendig. Sie sollen für alle schnell erreichbar sein. Dabei wird nicht
mehr jedes Klinikum als Vollversorger fungieren können. Gerade der Abbau
lukrativer Spezialabteilungen wird jedoch den Betrieb von Krankenhäusern
unrentabel machen. Es ist unsere Aufgabe, dort trotzdem die Versorgung zu
sichern. Wir schlagen vor, dafür neue Wege zu gehen und in Verhandlung mit den
Kostenträgern und, wo nötig, als Modellprojekte, neue Versorgungsformen zu
erproben und zu installieren.
Sektorübergreifende Kooperation zwischen ambulanten und stationären Angeboten
kann einerseits in kleinen stationären Abteilungen ärztliches Fachpersonal
sichern, andererseits dem ambulanten Fachärzt*innenmangel sinnvoll
entgegenwirken. Kooperation mit Pflegeeinrichtungen kann in Verbindung mit
angestellten Ärzt*innen gerade in der Basisversorgung sinnvoll sein.
Portalkliniken können die Erst- und Notversorgung in der Fläche sichern. In
Kooperation zum Beispiel mit Pflegeeinrichtungen und deren Kurzzeitliegeplätzen
können in einfachen Fällen Verlegungen in größere Häuser sogar unnötig werden.
Portalkliniken können aber nur ihr Potential ausspielen, wenn die Kooperation
zwischen den Krankenhäusern ausgebaut und die Digitalisierung vorangetrieben
wird.
Die Finanzierung der kommunalen Krankenhäuser muss aus dem Finanzausgleichgesetz
(FAG) geholt und transparent dargestellt werden.
Das Fallpauschalensystem (DRG – Diagnosis Related Groups beziehungsweise
Diagnosebezogene Fallgruppen) finanziert die notwendige Grundversorgung
unzureichend und bildet Fehlanreize für teure apparative Medizin. Auf
Bundesebene muss deswegen die Finanzierung von Klinikleistungen neu geregelt
werden. In einem ersten Schritt setzen wir uns für eine Finanzierung der
besonders betroffenen Kinderkliniken abseits des DRG-Systems ein.
Die Digitalisierung im Gesundheitsbereich bietet viele Chancen für eine bessere
Verzahnung der Leistungen, für kollegialen Austausch und bessere Erreichbarkeit
für die Patient*innen. Wir wollen ein Landeszentrum für angewandte Telemedizin
und -pflege gründen. Es soll unter Einbeziehung der Leistungserbringer*innen und
der Kostenträger*innen Aktivitäten bündeln, Modellprojekte anstoßen und
begleiten und entsprechende technische Kompetenzen aufbauen. Außerdem soll es
die Akteur*innen beraten. Beim Aufbau dieses Zentrums ist an bestehende Prozesse
im Land anzuknüpfen.
Ärztliche Leistungen sollen vermehrt auf medizinisches Pflegefachpersonal
übertragen werden. Insbesondere in Pflegeheimen können mit dieser Erweiterung
die Versorgungsqualität der Bewohner*innen verbessert und Einweisungen in
Krankenhäuser minimiert werden. Die neue generalistische Pflegeausbildung
schafft einen guten Rahmen dafür. Dieser neue Ausbildungsweg bietet auch die
Chance, die praktische Ausbildung in der Pflege zu verbessern. Dafür wollen wir
den Einsatz von Praxisanleiter*innen zusätzlich fördern. Die pflegerische Aus-
und Weiterbildung im Land soll sich an europäischen Standards orientieren.
Insbesondere die Akademisierung schreitet deutlich zu langsam voran. Unser Ziel
ist es, dass etwa 30 Prozent der Pflegekräfte über einen akademischen Abschluss
verfügen, um die evidenzbasierte Pflege im Land zu sichern. Wir wollen, dass
Pflegestudiengänge an den Hochschulen des Landes und die Qualifizierung von
Pflegepädagog*innen in Sachsen-Anhalt gefördert und ausgebaut werden. Wir setzen
uns für Stipendien- und Promotionsprogramme ein, um den pflegewissenschaftlichen
Nachwuchs zu fördern.
Kultursensible Pflege und interkulturelle Kompetenz sind Teil der Curricula der
Pflegeausbildungsgänge. Wir wollen, dass auch die Fort- und Weiterbildung für
Pflegekräfte in diesem Bereich gestärkt wird.
Alle Pflege- und Heilberufe kämpfen mit einem dramatischen Fachkräftemangel. Wir
wollen, dass Sachsen-Anhalt dem effektiv entgegentritt. Dazu gehört neben
Öffentlichkeitarbeit, dass in Sachsen-Anhalt alle Pflege-, Heil- und
Therapieberufe schulgeldfrei erlernt werden sollen.
Wir stoßen als Land immer wieder an Grenzen, wenn es um die Verbesserung der
Situation von Pflegekräften geht. Das liegt auch daran, dass es keine gemeinsame
und legitimierte Vertretung der Pflege in Sachsen-Anhalt gibt. Wir wollen
Pflegekräfte in ihrer Selbstverwaltung und -vertretung stärken. Fachliche
Belange wie die Entwicklung und Kontrolle für Standards der Aus- und
Fortbildung, Berufsgerichtsbarkeit und Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
wollen wir ihnen selbst in die Hand geben. Wir sprechen uns daher für eine
Landespflegekammer aus, so diese von den Betroffenen gewollt ist. Wir wollen
eine vom Land geförderte Kampagne, die eine verbindliche Meinungsbildung der
Pflegekräfte zur Einrichtung einer Landespflegekammer vorbereiten soll. Findet
die Umfrage eine Mehrheit, soll in Sachsen-Anhalt eine Pflegekammer errichtet
werden.
Die Corona-Pandemie sowie Großereignisse zeigen, dass wir im Land eine gute
Rettungskette benötigen, beginnend bei den Leitstellen bis hin zur ambulanten
und stationären Versorgung. Unser Ziel ist eine effiziente, qualitativ
hochwertige und digital vernetzte Notfallversorgung in Sachsen-Anhalt.
Am Anfang des Versorgungsprozesses der Notfallpatient*innen steht meist der
Anruf in der Leitstelle. Sachsen-Anhalt verfügt mit 13 Leitstellen über ein sehr
dichtes Netz, das wir optimieren wollen. Erfahrungen aus anderen Bundesländern
mit deutlich weniger Leitstellen bei gleicher bis höherer Einwohner*innenzahl
zeigen, dass eine Konzentration der Leitstellen zu einer Qualitätssteigerung und
zu einer besseren Dispositionsleistung führen kann. Die Polizei verfügt im
Vergleich nur über vier Lage- und Führungszentren im Land. Für eine effektive
und koordinierte Notfallrettung brauchen wir einheitliche Technik und Software,
eine einheitliche Qualifikation des Leitstellenpersonals und eine verbesserte
Kommunikation unter den Leitstellen.
Darüber hinaus wollen wir eine einheitliche digitale Kommunikationssoftware für
die Notfallversorgung im Land. Rettungspersonal und Krankenhäuser mit einer
Notfallambulanz müssen besser miteinander kommunizieren. Denn nur so können
Rettungswagen die Notfallpatient*innen in das nächstgelegene und geeignete
Krankenhaus mit freien Kapazitäten liefern.
Durch eine faire Lohngestaltung wollen wir den wachsenden Anforderungen begegnen
und die Attraktivität der Berufe erhöhen. Angestellte und freiwillige
Retter*innen wollen wir besser vor den Folgen der Einsatzrisiken schützen und
ihre Arbeitskraft höher versichern. Die Notfallseelsorgeteams wollen wir als
wichtiges Instrument auch zur seelischen Entlastung von Retter*innen fördern.
Seit alters her bringen uns Hebammen auf die Welt. Doch der Berufsstand kämpft
in Deutschland seit langem um seine Existenz. Wir setzen uns für eine bessere
Entlohnung von Hebammen ein.
Wir wollen die Wahlfreiheit der Frauen bewahren. Ob ein Kind zu Hause, im
Geburtshaus oder im Krankenhaus zur Welt kommt, sollen die Eltern frei
entscheiden können. Das Modellprojekt „hebammengeleiteter Kreißsaal“ in Halle
ist ein Erfolg. Wir wollen es dauerhaft fördern, neue Kreißsäle dieser Art
schaffen und diese Leistungsform in den Krankenhausplan des Landes aufnehmen.
Damit stärken wir eine gesunde und selbstbestimmte Geburt und die Geburtshilfe
auch in der Fläche. Dazu eröffnet es neue Karrierewege für Hebammen und sie
werden auf Augenhöhe mit der Ärzt*innenschaft gehoben.
Die Betreuung in der Schwangerschaft und im Wochenbett durch freiberufliche oder
beim Gesundheitsamt angestellte Hebammen wollen wir flächendeckend
sicherstellen. Dafür wollen wir den Hebammenfonds ausbauen und damit
insbesondere den Berufs(wieder-)einstieg freiberuflicher Hebammen unterstützen.
Das nationale Gesundheitsziel "Gesundheit rund um die Geburt" soll als
Landesgesundheitsziel in Sachsen-Anhalt verankert werden.
Wir setzen uns auf Bundesebene für faire Haftpflichtregelungen für Hebammen ein.
Die Akademisierung der Hebammenausbildung ist ein guter Schritt den Beruf wieder
attraktiver zu machen und für die Anerkennung der Berufsabschlüsse im
europäischen Vergleich. Nötig ist nun die Erhöhung der Studienplatzzahlen in
Sachsen-Anhalt, um einem Fachkräftemangel in der Geburtshilfe vorzubeugen. Wir
setzen uns außerdem für eine berufsrechtliche Gleichstellung von Hebammen mit
altrechtlichen Berufsabschlüssen ein.
Schwangerschaftskonfliktberatung zeigt manchmal Wege für die Schwangerschaft
auf, ist aber auch die Voraussetzung, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Die
Vielfalt der Schwangerschaftsberatungen ist in Sachsen-Anhalt gefährdet.
Schwangere müssen mitunter lange Fahrtwege auf sich nehmen, um dorthin zu
kommen. Wir wollen die Förderung der Schwangerschaftskonfliktberatungen
reformieren. Bisher ist sie in Sachsen-Anhalt an die Einwohner*innenzahl
gekoppelt. Pro 40 000 Einwohner*innen wird ein Vollzeitäquivalent im Land
gewährt. Wir wollen, dass diese Berechnungsgröße fallen gelassen wird.
Stattdessen sollten strukturelle Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Außerdem
sind die Beratungen zumeist bei freien Trägern angegliedert. Die
Beratungsstellen werden zu 80 Prozent vom Land finanziert. Die restlichen 20
Prozent muss der Träger selbst aufbringen. Immer weniger Träger können sich
diesen Anteil leisten. Wir wollen, dass das Land die Beratungen voll
ausfinanziert, um diese dauerhaft zu sichern.
Die Möglichkeit zu Schwangerschaftsabbrüchen in Sachsen-Anhalt reduziert sich
zunehmend. Immer weniger Ärzt*innen bieten Abtreibungen an. Einige Methoden
können bereits jetzt nicht mehr hierzulande vorgenommen werden. Es ist außerdem
wegen des „Werbeverbots“ für die Betroffenen schwierig herauszubekommen, in
welchen Praxen und Kliniken Schwangerschaftsabbrüche möglich sind. Wir setzen
uns für die Abschaffung des „Werbeverbots“, also des Paragrafen 219a im
Strafgesetzbuch, ein. Wir wollen außerdem Möglichkeiten schaffen, damit
Patient*innen niederschwellig Ärzt*innen finden können, die Abbrüche vornehmen.
Ärzt*innen sollen ohne Angst vor Sanktionen oder gesellschaftlicher Ächtung
Abbrüche durchführen können. Darin wollen wir sie bestärken. Wir erwarten, dass
in der gynäkologischen Ausbildung der Ärzt*innen neben Schwangerschaft und
Geburt auch Schwangerschaftsabbrüche als wichtiges Thema der Gynäkologie
behandelt wird und wollen dazu mit den Universitätskliniken in Austausch treten.
Verhütung darf kein Luxus sein. Wir wollen, dass junge Frauen ohne oder mit
geringem Einkommen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln bekommen. Dafür soll
das Modellprojekt von pro familia in Halle (Saale) verstetigt und landesweit
angeboten werden. Auch Menstruationsprodukte sind kein Luxusgut. Die Initiative
der Hochschule Merseburg, entsprechende Hygieneartikel kostenfrei zur Verfügung
zu stellen, begrüßen wir und sehen sie als Vorbild für alle öffentlichen
Einrichtungen des Landes.
Frauen haben spezifische Belange bei ihrer Gesundheit, nicht nur bei Verhütung,
Schwangerschaft und Geburt. Wir wollen, dass diese systematisch in der
Berichterstattung des Landes zur Gesundheit integriert werden. Die
Datenerhebungen und Auswertungen müssen alle Geschlechter betrachten.
Die Zahl behandlungsbedürftiger psychischer Störungen und Erkrankungen nimmt
auch in Sachsen-Anhalt stetig zu. Die Versorgungsstrukturen müssen deswegen
regelmäßig ausgebaut werden. Die Anzahl tagesklinischer psychiatrischer Betten
im Krankenhausplan ist immer noch nicht ausreichend. Wir wollen Modellprojekte
im Bereich der aufsuchenden Behandlung psychisch Kranker (Home-Treatment)
initiieren und fördern. Im Bereich der fachärztlichen und psychologischen
Betreuung wollen wir eine Bedarfsplanung, die sich am tatsächlichen Bedarf
orientiert. Dabei soll künftig auch der Bereich der therapeutischen Begleitung
von trans*, inter und nichtbinären Personen in den Blick genommen werden und das
Angebot an qualifizierten Therapieplätzen erweitert werden, die sich an die
Selbstbestimmung dieser Personengruppe orientieren, bspw. durch die Förderung
von Spezialisierungen für Psycholog*innen.
Beschränkungen, die zu langen Wartezeiten führen, wollen wir abbauen und setzen
uns für flexible Bedarfspläne ein.
Die Novellierung des Psychisch-Kranken-Gesetzes (PsychKG) hat in dieser
Legislatur zentrale strukturelle Verbesserungen vorgenommen. Jetzt wird es die
Aufgabe sein, diese neuen Strukturen landesweit zu befördern.
Wer abhängig ist, braucht Hilfe und keine Strafverfolgung. Ein
niedrigschwelliges Angebot von Suchtberatung und Hilfestellen hat sich
vielerorts bewährt. Dies soll erhalten bleiben und für die Auseinandersetzung
auch mit neuen Formen der Sucht ausgebaut werden. Ausreichend stationäre,
teilstationäre und ambulante Therapiemöglichkeiten müssen geschaffen und deren
Vernetzung verbessert werden. Insbesondere suchtbelastete Familien sind in den
Blick zu nehmen und es braucht ein regelhaftes Beratungsangebot für betroffene
Kinder und Jugendliche.
Wir werden die Aufklärung über Süchte und gefährliche Substanzen im Schul- und
Jugendbereich vorantreiben. Kinder und Jugendliche stark zu machen ist die beste
Drogenprävention. Wir setzen uns über den Bundesrat für ein Werbeverbot für
Suchtmittel aller Art ein.
Hilfe für Süchtige ist auch praktisch notwendig. Seit Jahren ist vor allem bei
Drogen gebrauchenden Menschen ein besorgniserregender Anstieg mit HIV-
Infektionen zu beobachten. Wir wollen Drogenkonsum von der Straße holen. In
einem Modellprojekt wollen wir neben der Betreuung von drogengebrauchenden
Menschen durch Sozialarbeiter*innen auch die Errichtung eines Drogenkonsumraumes
erproben. Durch die Schaffung eines hygienischen Umfeldes können medizinische
Folgeschäden des Drogenkonsums und Todesfälle drastisch reduziert werden. Für
die dauerhafte Einrichtung dieser Hilfe bedarf es einer Gesetzesänderung.
Der Nichtraucher*innenschutz ist in Sachsen-Anhalt ausbaufähig. Wir fordern, ihn
in allen Bereichen zu erweitern, wo besonders schutzbedürftige Personen wie
Kinder oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sich im öffentlichen
Raum aufhalten, also zum Beispiel an Haltestellen von Bus und Bahn. Das
Raucher*innenzimmer im Landtag ist ein deutlich falsches Zeichen und gehört
abgeschafft. Stattdessen sollte ein Kinderspielzimmer eingerichtet werden.
Wir unterstützen nachdrücklich das Konzept "Sachsen-Anhalt atmet auf -
Nichtraucherschutz und Prävention stärken" der Landesstelle für Suchtfragen und
setzen uns für seine vollumfängliche finanzielle Förderung und rasche Umsetzung
ein.
Die repressive Cannabispolitik ist gescheitert. Trotz Verbot und
strafrechtlicher Verfolgung bleibt die Zahl der Cannabiskonsument*innen hoch.
Ein Schwarzmarkt ist entstanden, der sich weder um Jugend- noch um
Gesundheitsschutz schert. Wir wollen durch ein Cannabiskontrollgesetz den
privaten Besitz und Konsum von Cannabis regulieren und damit dem Schwarzmarkt
entziehen. Cannabis soll in Cannabisshops ab 18 Jahren unter strengen Auflagen
bei geschultem Personal käuflich erhältlich sein. So schützen wir Jugend und
Gesundheit. Die medizinische Anwendung von Cannabis soll erleichtert und
ausgeweitet werden.
Gesundheitsversorgung ist Menschenrecht. Die oftmals unterstellte Annahme, dass
alle Menschen in Deutschland krankenversichert sind, trifft nicht zu. Aus vielen
Gründen fallen Menschen durch das Raster. Wir wollen ein Beratungs- und
Unterstützungssystem für alle Menschen, damit akute Versorgung gesichert wird
und der Eintritt in das Krankenversicherungssystem gelingt.
XI Kultur
Kultur ist ein hohes Gut von Verfassungsrang, Teilhabe daran ein Menschenrecht.
Um das zu bewahren und neu zu bereichern, bedarf es der Aktivitäten öffentlicher
Institutionen genauso wie des privaten Engagements. Unsere Kulturpolitik
präsentiert sich zentral und dezentral, partizipatorisch und transparent. Wir
stehen für eine Vielfalt von Kultur. Um sie zu stärken, empfehlen wir eine
Kulturförderung, die sich auf Innovation, Teilhabe und Qualität konzentriert.
Kultur ist für uns eine staatliche Pflichtaufgabe. Doch muss Kultur keinen Zweck
erfüllen. Die Kunst ist frei.
Eine wertorientierte Kulturpolitik unterstützt uns bei der Bewältigung der
vielen großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie führt zu einer Stärkung
unseres demokratischen Zusammenlebens. Der Kulturetat des Landes Sachsen-Anhalt
beträgt seit 2017 mindestens ein Prozent des Landeshaushaltes. Diese Regelung
muss beibehalten werden, um die Kultur und Kunst auskömmlich finanzieren zu
können. Es braucht außerdem eine grundlegende Reform der Förderrichtlinien sowie
eine Überprüfung der institutionell geförderten Institutionen. Künftig wollen
wir für landesweit bedeutsame Kunst- und Kultureinrichtungen eine fünfjährige
strukturelle Förderung gewährleisten. Dies schafft Planungssicherheit bei den
Akteur*innen und fördert die Qualität der Arbeit.
Neben der Projektförderung ist die Stipendiatenförderung ein wirkungsvolles
Instrument Künstler*innen im Land zu fördern und zu unterstützen. Die
Heimatstipendien der Kunststiftung Sachsen-Anhalt sind weit über das Land hinaus
bekannt und eine Erfolgsgeschichte. Dieses Programm, wollen wir verstetigen und
stärken. Wir setzen uns dafür ein, dass dafür die Struktur der Kunststiftung
Sachsen-Anhalt ausgebaut und die finanzielle Ausstattung verbessert wird.
Kreative Ideen für kulturelle Projekte scheitern oft an Geld, an
Rahmenbedingungen oder bürokratischen beziehungsweise verwaltungstechnischen
Hürden. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Förderung. Aber oft sind
diese unbekannt oder Anträge sind unübersichtlich und schwer zu verstehen.
Insbesondere in kulturellen Bereichen finden viele Projekte ehrenamtlich statt,
und somit auch die Anfragen auf Förderungen. Wir wollen eine landesweite
Beratungs- und Servicestelle für kulturelle Projekte schaffen, um Ehrenamtlichen
Hilfestellung bei der Beantragung von Fördergeldern zu geben. Damit kann auch
mehr Geld vom Bund, Stiftungen und EU-Fonds abgerufen werden.
Die Kulturpolitik des Landes beruht auf zwei Säulen. Sie setzt zum einen Akzente
und fördert Projekte mit Relevanz für ganz Sachsen-Anhalt und zum anderen
unterstützt sie kommunale Kulturpolitik. Die kulturelle Infrastruktur ist für
uns integraler Bestandteil des kommunalen Lebens und keine freiwillige Aufgabe.
Kultur und Kunst müssen angemessen bezahlt werden. Deswegen haben wir
beispielsweise in der abgelaufenen Legislatur die Bezahlung in institutionell
geförderten Einrichtungen nach Tarif schrittweise wieder eingeführt. Dazu gehört
ebenfalls, dass Freischaffende für ihre Leistungen angemessen honoriert werden.
Wir wollen eine Ausstellungsvergütung für Künstler*innen in allen vom Land
geförderten Einrichtungen durchsetzen. Um Künstler*innen Raum zur künstlerischen
Entfaltung zu ermöglichen, setzen wir uns für die Schaffung von
Künstler*innenresidenzen im Sachsen-Anhalt ein.
Bei der Novellierung des Vergabegesetzes sind die Interessen und Bedarfe der
Kultur- und Kreativwirtschaft zu berücksichtigen. Auf Bundesebene wollen wir uns
dafür einsetzen, dass die Zugangskriterien für den Beitritt zur
Künstler*innensozialkasse so erweitert werden, dass weitere Berufsgruppen
Mitglied werden können.
Kulturelle Angebote fußen oft auf der engagierten Arbeit Ehrenamtlicher in
Vereinen und Förderkreisen. Wir setzen uns dafür ein, dass das bürgerschaftliche
Engagement mehr Anerkennung und Unterstützung erhält. Auch selbst organisierte
Initiativen junger Kreativer wollen wir unterstützen.
Unsere Kulturpolitik unterstützt Angebote und Teilhabe für Angehörige aller
Altersgruppen und Lebenswelten. Kinder und Jugendliche brauchen einen frühen und
spielerischen Zugang zu allen Bereichen der Kultur im urbanen wie auch in den
ländlichen Räumen.
Künstler*innen schaffen es immer wieder, das Verhältnis von Mensch und Natur in
unterschiedlichen Zusammenhängen neu zu interpretieren und Alternativen
auszuloten. Ziel soll sein, auf öffentlichen Plattformen auf die jeweils aktuell
brennenden Fragen unserer Zeit künstlerische Antworten zu suchen um Produzenten
und Verbraucher noch stärker in die gemeinsame Reflexion und Verantwortung
einzubeziehen. Dafür wollen wir zielgenaue Förderprogramme und kulturpolitische
Initiativen auf den Weg bringen.
Soziokulturelle Zentren brauchen eine verlässliche Förderung. In dieser
Legislatur konnten wir die Fördergelder für die Soziokultur erhöhen. Dennoch ist
Soziokultur in Sachsen-Anhalt immer noch schlechter ausgestattet als in anderen
Bundesländern. Deshalb wollen wir ein Programm zur Förderung von Kleinkunst- und
Soziokultur mit mindestens 500.000 Euro pro Jahr. Wir wollen in der nächsten
Legislatur zudem die Förderung der Off-Kultur und der kleinen, oft ehrenamtlich
getragenen Initiativen verbessern. Dazu zählen zum Beispiel die Aktion Musik e.
V. oder das Netzwerk fête de la musique.
Das Land sollte mit den Kommunen nichtkommerzielle Begegnungsstätten, wie
beispielsweise Vereins- und Projekthäuser oder Jugendclubs, unterstützen, indem
Räumlichkeiten bereitgestellt werden.
Durch die Corona-Pandemie haben viele Kulturorte mit den Möglichkeiten des
Streamings von Konzerten, Theaterstücken und anderen kulturellen Ereignissen
experimentiert. Wir wollen ein Landesprogramm ins Leben rufen, damit Kulturorte
diese technischen Möglichkeiten professioneller nutzen können. Die angebotenen
digitalen Veranstaltungen sollen dann gebündelt im Netz zu finden sein.
Perspektivisch kann sich daraus ein weiterer Vertriebskanal entwickeln, der auch
gekoppelt ist an ein Entgelt-System für die Nutzung, damit die Urheber*innen
angemessen bezahlt werden können.
Musikschulen ermöglichen, dass jede*r unabhängig vom Geldbeutel ein Instrument
oder Singtechniken erlernen kann. Wir wollen daher mehr Plätze in Musikschulen
in Sachsen-Anhalt anbieten. Deshalb braucht es eine verlässliche Finanzierung
der Musikschulen. Ein Drittel der Fördergelder soll das Land Sachsen-Anhalt
übernehmen und ein Drittel die Kommunen. Das letzte Drittel finanzieren die
Musikschulen über die Beiträge der Schüler*innen. Wir streben an, dass Lehrende
an Musikschulen fest angestellt werden.
In Sachsen-Anhalt wollen wir die bestehende Theater- und Orchesterlandschaft
erhalten und die freie Szene besser unterstützen. Theaterpädagogische Angebote
wollen wir verstetigen und alle jungen Menschen aus allen sozialen Schichten
gleichermaßen erreichen.
Sachsen-Anhalt hat sich zu einem attraktiven Standort für Dreharbeiten und die
Postproduktion entwickelt. Viele Filmproduktionen, die von der Mitteldeutschen
Medienförderung (MDM) unterstützt wurden, haben nationale und internationale
Anerkennung gefunden. Diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen und die
internationalen Kooperationen ausbauen. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten
Filmfestivals. Wir wollen diese Förderung aufrechterhalten. Auch in der
Filmförderung bestehen wir auf Gender-Budgeting. Vor allem Frauen wollen wir
damit als Filmschaffende unterstützen.
In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit 183 öffentliche Bibliotheken. Ihren Rahmen
setzt das Bibliotheksgesetz. Die letzte umfassende Erneuerung des Gesetzes war
2010, die Arbeitsbedingungen von Bibliotheken haben sich – besonders durch die
fortschreitende Digitalisierung – seitdem massiv verändert. Daher muss das
Bibliotheksgesetz dringend novelliert werden. Eine Landesfachstelle muss darin
verankert werden. Ihre Aufgabe ist es, Konzepte und Programme zu entwickeln,
damit die Bibliotheken zukunftsfest werden. Außerdem sollen Standards für die
Qualität festgeschrieben werden. Wir wollen, dass bis 2025 alle Bibliotheken in
Sachsen-Anhalt E-Books, E-Audios und E-Papers über das Portal "on-leihe"
anbieten können. Wir wollen die Bibliotheken bei der Digitalisierung historisch
wertvoller Altbestände unterstützen.
Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche so früh wie möglich an Museen und ihre
unzähligen Schätze herangeführt werden. Der Eintritt in Museen der öffentlichen
Hand in Sachsen-Anhalt sollte daher für Jugendliche bis 15 Jahre und Menschen,
die Freiwilligendienst leisten, kostenlos werden. Wir unterstützen Museen dabei,
grundsätzlich stärker und zielgruppenorientierter auf ihr Publikum zuzugehen,
kommunikative Formate anzubieten, gesellschaftlich relevante Diskurse
aufzunehmen und dabei auch niedrigschwellige Angebote zu berücksichtigen. Auch
digitale Strategien für moderne Museumskommunikation sollen dabei eine große
Rolle spielen.
Eine Strategie zur mittelfristigen Entwicklung der Museumslandschaft ist
dringend notwendig. Als Ziel im aktuellen Koalitionsvertrag formuliert, ist es
bisher leider nicht realisiert worden.
Die bisherige Konzeption der Landesausstellungen hat sich überholt. Anstatt
singuläre Ausstellungen mit speziellem Fokus besonders zu fördern, sollten
thematische Schwerpunkte gesetzt werden, die landesweit ausstrahlen und damit
die Landesidentität stärken.
Insbesondere in den ländlichen Räumen gehören kleine Museen und Bibliotheken zu
wichtigen Orten der kulturellen Infrastruktur. Wir wollen ein Programm auflegen,
damit Kommunen diese Orte zu Begegnungsorten für die ganze Gemeinschaft
weiterentwickeln. So könnten dort Schüler*innen ihre Hausaufgaben machen oder
auch Coworking-Spaces angedockt werden.
In der nächsten Legislaturperiode wollen wir das Thema Industriekultur endlich
angehen und dieses Erbe in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Dafür soll auf
Landesebene eine Konzeption zur musealen Präsentation von Industriekultur ab dem
19. Jahrhundert bis zur Gegenwart entwickelt und umgesetzt werden. In diesem
Kontext sollen auch vorhandene Orte sichtbar gemacht und mit neuem und nicht nur
musealem Leben gefüllt werden. In einem ersten Schritt sollen die Zeit des
Umbruchs nach 1989 und die großen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und
politischen Umwälzungen beleuchtet werden.
Wir sehen uns in der politischen Verantwortung, die Orte der Erinnerungskultur
in Sachsen-Anhalt zu erhalten und die pädagogische Arbeit kontinuierlich
weiterzuentwickeln. In Zeiten, in denen rassistische und nationalistische
Tendenzen Zulauf erhalten, wollen wir an die Taten der nationalsozialistischen
Diktatur und des DDR-Unrechtsstaates erinnern. Die Erinnerungsorte nehmen dabei
eine wichtige Funktion ein.
Für das Lutherjubiläum 2017 und für 100 Jahre Bauhaus 2019 wurden erhebliche
Gelder in die kulturelle Infrastruktur des Landes investiert. Das war eine
richtige Entscheidung. Auf diese Weise ist Sachsen-Anhalt auf die
kulturtouristische Landkarte gesetzt worden. Nun ist es an der Zeit, diese
Erfolge langfristig abzusichern und auszubauen. Das Jubiläum 100 Jahre Bauhaus
in Dessau im Jahre 2025 ist vom Land konzeptionell zu begleiten und zu
unterstützen.
Wir wollen die bestehenden Angebote besser präsentieren und die Welterbe Card
ausbauen. Dabei sollen die Menschen vor Ort eingebunden werden. Das Konzept der
Bauhaus-Agenten könnte auf andere UNESCO-Orte angewandt werden. Um
Aufmerksamkeit über die Landesgrenzen hinaus zu erzielen, braucht es kluge
Kooperationen mit starken Partner*innen. So wollen wir die Idee einer Kunst-
Biennale in Wittenberg nochmals prüfen und einen adäquaten Ersatz für die
Fernsehsendung „zdf@bauhaus“ finden, die von Dessau nach Weimar abgewandert ist.
Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz ist dringend weiterzuentwickeln. Alle
wertvollen Bereiche, die den Unesco-Welterbestatus nur in der Gesamtheit
begründen, müssen anerkannt und gefördert werden. Dazu zählen explizit neben den
Schlössern und Gärten auch die landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen
Flächen. Wir wollen daher einen Waldbeirat, um auch diesem Teil der Stiftung
Geltung zu verschaffen.
Clubs, Kneipen und Dorfgaststätten sind wichtige Begegnungsorte und gehören zur
Alltagskultur. Dabei kämpfen viele ums Überleben. Zwischen 2006 und 2017 sind
ein Fünftel der Gaststätten und knapp jede dritte Dorfkneipe geschlossen worden.
2020 wurde auf unser Betreiben hin ein Programm ins Leben gerufen, um die
Übernahme von Gaststätten zu fördern, wenn ein*e Nachfolger*in fehlt. Dieses
Programm sollte unbedingt fortgeführt werden. Wo es keine Möglichkeiten zum
Ausgehen gibt, sollten die Menschen mit guten Bus- und Bahnanbindungen auch
abends und nachts angebunden sein. Für Clubs wollen wir einen Fonds für
Schallschutz einrichten, damit kein Club wegen eines Lautstärkestreits schließen
muss.
gleichberechtigten Zugang zum Blutspenden erhalten und nicht mehr sachwidrig diskriminiert werden.
Psychische Folgen der Pandemie in psychotherapeutischer Versorgung auffangen
Die Herausforderungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid 19-Pandemie haben die psychische Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern verschlechtert. Besonders dramatisch ist die Verdoppelung von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Darauf muss zeitnah und adäquat reagiert werden mit einem Masterplan zum Schutz der psychischen Gesundheit. Dazu müssen psychosoziale Institutionen mit zusätzlichen finanziellen Mitteln in die Lage versetzt werden dem gestiegenen Bedarf gerecht zu werden. Die ambulante psychotherapeutische Versorgung ist bereits vor der Pandemie nicht ausreichend gewesen. Wir brauchen eine Erweiterung der Kassensitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Alle Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die Präventionsprogramme zur Stärkung der psychischen Gesundheit entwickeln und anbieten können, müssen aus einem zusätzlichen Fond ”Kindergesundheit” des Bundes finanziert werden, der durch die Länder in den Kommunen verankert wird.
Wir erleben im Moment große Sorge um die Hausärzt*innendichte, regional
unterschiedlich einen Mangel an verfügbaren Pflegeplätzen und ambulanten
Pflegedienstleistern und eine ausgewachsene Klinikkrise. Wir wollen die
Versorgung der Menschen im Land auch unter den Bedingungen des demografischen
Wandels dauerhaft sichern. Dafür braucht es neue Ideen und kluge Antworten, die
wir umsetzen wollen. Das Versprechen gleichwertiger Lebensverhältnisse in
Sachsen-Anhalt ist im Bereich der Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen
eine große Aufgabe. Wir treten für selbstbestimmtes Leben in allen Lebensphasen
ein. Palliativversorgung und Hospizarbeit sollen einen höheren Stellenwert
gewinnen.
Wir werden die notwendige Präventionsarbeit im Bereich von HIV, anderen sexuell
übertragbaren Krankheiten und Hepatitis weiter durch die etablierten
Einrichtungen AIDS-Hilfe Halle/Sachsen- Anhalt Süd e.V. – Agentur für sexuelle
Gesundheit und das Zentrum für sexuelle Gesundheit - Aidshilfe Sachsen-Anhalt
Nord e.V. in Magdeburg absichern. Darüber hinaus machen wir uns weiter dafür
stark, dass schwule Männer sowie trans* Frauen und nichtbinäre Personen endlich
gleichberechtigten Zugang zum Blutspenden erhalten und nicht mehr sachwidrig
diskriminiert werden.
Psychische Folgen der Pandemie in psychotherapeutischer Versorgung auffangen
Die Herausforderungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid 19-Pandemie haben die psychische Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern verschlechtert. Besonders dramatisch ist die Verdoppelung von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Darauf muss zeitnah und adäquat reagiert werden mit einem Masterplan zum Schutz der psychischen Gesundheit. Dazu müssen psychosoziale Institutionen mit zusätzlichen finanziellen Mitteln in die Lage versetzt werden dem gestiegenen Bedarf gerecht zu werden. Die ambulante psychotherapeutische Versorgung ist bereits vor der Pandemie nicht ausreichend gewesen. Wir brauchen eine Erweiterung der Kassensitze für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Alle Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die Präventionsprogramme zur Stärkung der psychischen Gesundheit entwickeln und anbieten können, müssen aus einem zusätzlichen Fond ”Kindergesundheit” des Bundes finanziert werden, der durch die Länder in den Kommunen verankert wird.
Wir brauchen gute Ideen und Projekte, um junge Ärzt*innen im ländlichen Raum zu
halten. Die Landärzt*innenquote und Landärzt*innenstipendien sind ein Anfang,
lösen aber nicht die Probleme der ausgedünnten Versorgung. Die ambulante
Versorgung muss anders als bisher gedacht werden. Ein Lösungsansatz könnte sein,
dass Ärzt*innen rotierend Sprechstunden anbieten, die in die von Kommunen
betriebenen Praxen stattfinden. Unter dem demografischen Druck und den
schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist die Öffnung verschiedener
Gesundheits- und Pflegebereiche für eine sektorenübergreifende
Gesundheitsversorgung Teil einer modernen Antwort. Ambulante und stationäre
Versorgung sollen sich ergänzen und, wo möglich, von den gleichen
Leistungserbringern geleistet werden. Die medizinischen Versorgungszentren im
Land sind ein gutes Beispiel dafür, aber auch im Bereich Altenpflege sind solche
gleichzeitigen Angebote denkbar. Die neue generalistische Pflegeausbildung
bietet dafür gute Voraussetzungen.
Wir wollen, dass Sachsen-Anhalt den Aufbau von bedarfsgerechten
multiprofessionellen Gesundheitszentren als Baustein zur ambulanten Versorgung
im Sozialraum unterstützt.
Mobile Praxisassistent*innen sind ein Erfolgsmodell, denn sie entlasten
Ärzt*innen ebenso wie Patient*innen. Gemeinsam mit ambulanten Pflegediensten
können sie die Versorgung der Menschen zu Hause sicherstellen und Hausärzt*innen
entlasten.
Neue Pflegestudienfächer eröffnen Ressourcen weit über Paxisassistent*innen
hinaus: Communty Health Nurses können unabhängig von Hausärzten zur Prophylaxe
und Versorgung der Bevölkerung beitragen. Wir wollen, dass unser Land zunächst
in Modellversuchen den Einsatz von Community Health Nurses und School Nurses
erprobt.
Sprachmittlerinnen müssen überall im Land verfügbar sein, um die gesundheitliche
Versorgung in allen Bereichen für alle hier lebenden Menschen barrierearm zu
ermöglichen. Wir wollen einen zentralen Sprachmittlerpool beim Land
installieren, um in allen Regionen und Fachbereichen den Zugang zu ermöglichen.
Die heutigen Krankenhausstandorte in Sachsen-Anhalt sollen als Standorte für die
Gesundheitsversorgung grundsätzlich erhalten bleiben. Denn sie sorgen dafür,
dass gesundheitliche Versorgung im ganzen Land erreichbar ist. Um alle Standorte
zu erhalten, müssen wir sie aber drastisch umstrukturieren. Nur Veränderung wird
hier dauerhafte Sicherheit schaffen. Das erreichen wir mit Schwerpunktbildung
und Konzentration von Leistungen. Dafür sind die Kooperation und Abstimmung
einzelner Krankenhäuser entscheidend. Gerade für die Qualitätssicherung ist
diese Entwicklung vom Land zu begleiten. All diese Veränderungen stehen für uns
unter einem Vorzeichen: Wir wollen, dass Kliniken vor allem anderen
gemeinwohlorientiert arbeiten und wirtschaften.
Wir wollen einen Runden Tisch Krankenhausversorgung einberufen. Hier sollen alle
Akteur*innen, also Träger, Kostenträger, Patientenvertreter*innen,
Pflegevertreter*innen, Landkreise, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und
politisch Verantwortliche die aktuelle Situation der Kliniken in Sachsen-Anhalt
evaluieren. Dabei sollen sie Bedarfe festlegen, Sofortmaßnahmen vorschlagen und
am Ende einen verbindlichen Krankenhausstrukturplan vorlegen.
Bereiche wie allgemeine internistische Behandlung, allgemeine Pädiatrie,
Notfallversorgung und Geburtshilfe gelten für uns als Basisversorgung, und daher
als notwendig. Sie sollen für alle schnell erreichbar sein. Dabei wird nicht
mehr jedes Klinikum als Vollversorger fungieren können. Gerade der Abbau
lukrativer Spezialabteilungen wird jedoch den Betrieb von Krankenhäusern
unrentabel machen. Es ist unsere Aufgabe, dort trotzdem die Versorgung zu
sichern. Wir schlagen vor, dafür neue Wege zu gehen und in Verhandlung mit den
Kostenträgern und, wo nötig, als Modellprojekte, neue Versorgungsformen zu
erproben und zu installieren.
Sektorübergreifende Kooperation zwischen ambulanten und stationären Angeboten
kann einerseits in kleinen stationären Abteilungen ärztliches Fachpersonal
sichern, andererseits dem ambulanten Fachärzt*innenmangel sinnvoll
entgegenwirken. Kooperation mit Pflegeeinrichtungen kann in Verbindung mit
angestellten Ärzt*innen gerade in der Basisversorgung sinnvoll sein.
Portalkliniken können die Erst- und Notversorgung in der Fläche sichern. In
Kooperation zum Beispiel mit Pflegeeinrichtungen und deren Kurzzeitliegeplätzen
können in einfachen Fällen Verlegungen in größere Häuser sogar unnötig werden.
Portalkliniken können aber nur ihr Potential ausspielen, wenn die Kooperation
zwischen den Krankenhäusern ausgebaut und die Digitalisierung vorangetrieben
wird.
Die Finanzierung der kommunalen Krankenhäuser muss aus dem Finanzausgleichgesetz
(FAG) geholt und transparent dargestellt werden.
Das Fallpauschalensystem (DRG – Diagnosis Related Groups beziehungsweise
Diagnosebezogene Fallgruppen) finanziert die notwendige Grundversorgung
unzureichend und bildet Fehlanreize für teure apparative Medizin. Auf
Bundesebene muss deswegen die Finanzierung von Klinikleistungen neu geregelt
werden. In einem ersten Schritt setzen wir uns für eine Finanzierung der
besonders betroffenen Kinderkliniken abseits des DRG-Systems ein.
Die Digitalisierung im Gesundheitsbereich bietet viele Chancen für eine bessere
Verzahnung der Leistungen, für kollegialen Austausch und bessere Erreichbarkeit
für die Patient*innen. Wir wollen ein Landeszentrum für angewandte Telemedizin
und -pflege gründen. Es soll unter Einbeziehung der Leistungserbringer*innen und
der Kostenträger*innen Aktivitäten bündeln, Modellprojekte anstoßen und
begleiten und entsprechende technische Kompetenzen aufbauen. Außerdem soll es
die Akteur*innen beraten. Beim Aufbau dieses Zentrums ist an bestehende Prozesse
im Land anzuknüpfen.
Ärztliche Leistungen sollen vermehrt auf medizinisches Pflegefachpersonal
übertragen werden. Insbesondere in Pflegeheimen können mit dieser Erweiterung
die Versorgungsqualität der Bewohner*innen verbessert und Einweisungen in
Krankenhäuser minimiert werden. Die neue generalistische Pflegeausbildung
schafft einen guten Rahmen dafür. Dieser neue Ausbildungsweg bietet auch die
Chance, die praktische Ausbildung in der Pflege zu verbessern. Dafür wollen wir
den Einsatz von Praxisanleiter*innen zusätzlich fördern. Die pflegerische Aus-
und Weiterbildung im Land soll sich an europäischen Standards orientieren.
Insbesondere die Akademisierung schreitet deutlich zu langsam voran. Unser Ziel
ist es, dass etwa 30 Prozent der Pflegekräfte über einen akademischen Abschluss
verfügen, um die evidenzbasierte Pflege im Land zu sichern. Wir wollen, dass
Pflegestudiengänge an den Hochschulen des Landes und die Qualifizierung von
Pflegepädagog*innen in Sachsen-Anhalt gefördert und ausgebaut werden. Wir setzen
uns für Stipendien- und Promotionsprogramme ein, um den pflegewissenschaftlichen
Nachwuchs zu fördern.
Kultursensible Pflege und interkulturelle Kompetenz sind Teil der Curricula der
Pflegeausbildungsgänge. Wir wollen, dass auch die Fort- und Weiterbildung für
Pflegekräfte in diesem Bereich gestärkt wird.
Alle Pflege- und Heilberufe kämpfen mit einem dramatischen Fachkräftemangel. Wir
wollen, dass Sachsen-Anhalt dem effektiv entgegentritt. Dazu gehört neben
Öffentlichkeitarbeit, dass in Sachsen-Anhalt alle Pflege-, Heil- und
Therapieberufe schulgeldfrei erlernt werden sollen.
Wir stoßen als Land immer wieder an Grenzen, wenn es um die Verbesserung der
Situation von Pflegekräften geht. Das liegt auch daran, dass es keine gemeinsame
und legitimierte Vertretung der Pflege in Sachsen-Anhalt gibt. Wir wollen
Pflegekräfte in ihrer Selbstverwaltung und -vertretung stärken. Fachliche
Belange wie die Entwicklung und Kontrolle für Standards der Aus- und
Fortbildung, Berufsgerichtsbarkeit und Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
wollen wir ihnen selbst in die Hand geben. Wir sprechen uns daher für eine
Landespflegekammer aus, so diese von den Betroffenen gewollt ist. Wir wollen
eine vom Land geförderte Kampagne, die eine verbindliche Meinungsbildung der
Pflegekräfte zur Einrichtung einer Landespflegekammer vorbereiten soll. Findet
die Umfrage eine Mehrheit, soll in Sachsen-Anhalt eine Pflegekammer errichtet
werden.
Die Corona-Pandemie sowie Großereignisse zeigen, dass wir im Land eine gute
Rettungskette benötigen, beginnend bei den Leitstellen bis hin zur ambulanten
und stationären Versorgung. Unser Ziel ist eine effiziente, qualitativ
hochwertige und digital vernetzte Notfallversorgung in Sachsen-Anhalt.
Am Anfang des Versorgungsprozesses der Notfallpatient*innen steht meist der
Anruf in der Leitstelle. Sachsen-Anhalt verfügt mit 13 Leitstellen über ein sehr
dichtes Netz, das wir optimieren wollen. Erfahrungen aus anderen Bundesländern
mit deutlich weniger Leitstellen bei gleicher bis höherer Einwohner*innenzahl
zeigen, dass eine Konzentration der Leitstellen zu einer Qualitätssteigerung und
zu einer besseren Dispositionsleistung führen kann. Die Polizei verfügt im
Vergleich nur über vier Lage- und Führungszentren im Land. Für eine effektive
und koordinierte Notfallrettung brauchen wir einheitliche Technik und Software,
eine einheitliche Qualifikation des Leitstellenpersonals und eine verbesserte
Kommunikation unter den Leitstellen.
Darüber hinaus wollen wir eine einheitliche digitale Kommunikationssoftware für
die Notfallversorgung im Land. Rettungspersonal und Krankenhäuser mit einer
Notfallambulanz müssen besser miteinander kommunizieren. Denn nur so können
Rettungswagen die Notfallpatient*innen in das nächstgelegene und geeignete
Krankenhaus mit freien Kapazitäten liefern.
Durch eine faire Lohngestaltung wollen wir den wachsenden Anforderungen begegnen
und die Attraktivität der Berufe erhöhen. Angestellte und freiwillige
Retter*innen wollen wir besser vor den Folgen der Einsatzrisiken schützen und
ihre Arbeitskraft höher versichern. Die Notfallseelsorgeteams wollen wir als
wichtiges Instrument auch zur seelischen Entlastung von Retter*innen fördern.
Seit alters her bringen uns Hebammen auf die Welt. Doch der Berufsstand kämpft
in Deutschland seit langem um seine Existenz. Wir setzen uns für eine bessere
Entlohnung von Hebammen ein.
Wir wollen die Wahlfreiheit der Frauen bewahren. Ob ein Kind zu Hause, im
Geburtshaus oder im Krankenhaus zur Welt kommt, sollen die Eltern frei
entscheiden können. Das Modellprojekt „hebammengeleiteter Kreißsaal“ in Halle
ist ein Erfolg. Wir wollen es dauerhaft fördern, neue Kreißsäle dieser Art
schaffen und diese Leistungsform in den Krankenhausplan des Landes aufnehmen.
Damit stärken wir eine gesunde und selbstbestimmte Geburt und die Geburtshilfe
auch in der Fläche. Dazu eröffnet es neue Karrierewege für Hebammen und sie
werden auf Augenhöhe mit der Ärzt*innenschaft gehoben.
Die Betreuung in der Schwangerschaft und im Wochenbett durch freiberufliche oder
beim Gesundheitsamt angestellte Hebammen wollen wir flächendeckend
sicherstellen. Dafür wollen wir den Hebammenfonds ausbauen und damit
insbesondere den Berufs(wieder-)einstieg freiberuflicher Hebammen unterstützen.
Das nationale Gesundheitsziel "Gesundheit rund um die Geburt" soll als
Landesgesundheitsziel in Sachsen-Anhalt verankert werden.
Wir setzen uns auf Bundesebene für faire Haftpflichtregelungen für Hebammen ein.
Die Akademisierung der Hebammenausbildung ist ein guter Schritt den Beruf wieder
attraktiver zu machen und für die Anerkennung der Berufsabschlüsse im
europäischen Vergleich. Nötig ist nun die Erhöhung der Studienplatzzahlen in
Sachsen-Anhalt, um einem Fachkräftemangel in der Geburtshilfe vorzubeugen. Wir
setzen uns außerdem für eine berufsrechtliche Gleichstellung von Hebammen mit
altrechtlichen Berufsabschlüssen ein.
Schwangerschaftskonfliktberatung zeigt manchmal Wege für die Schwangerschaft
auf, ist aber auch die Voraussetzung, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Die
Vielfalt der Schwangerschaftsberatungen ist in Sachsen-Anhalt gefährdet.
Schwangere müssen mitunter lange Fahrtwege auf sich nehmen, um dorthin zu
kommen. Wir wollen die Förderung der Schwangerschaftskonfliktberatungen
reformieren. Bisher ist sie in Sachsen-Anhalt an die Einwohner*innenzahl
gekoppelt. Pro 40 000 Einwohner*innen wird ein Vollzeitäquivalent im Land
gewährt. Wir wollen, dass diese Berechnungsgröße fallen gelassen wird.
Stattdessen sollten strukturelle Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Außerdem
sind die Beratungen zumeist bei freien Trägern angegliedert. Die
Beratungsstellen werden zu 80 Prozent vom Land finanziert. Die restlichen 20
Prozent muss der Träger selbst aufbringen. Immer weniger Träger können sich
diesen Anteil leisten. Wir wollen, dass das Land die Beratungen voll
ausfinanziert, um diese dauerhaft zu sichern.
Die Möglichkeit zu Schwangerschaftsabbrüchen in Sachsen-Anhalt reduziert sich
zunehmend. Immer weniger Ärzt*innen bieten Abtreibungen an. Einige Methoden
können bereits jetzt nicht mehr hierzulande vorgenommen werden. Es ist außerdem
wegen des „Werbeverbots“ für die Betroffenen schwierig herauszubekommen, in
welchen Praxen und Kliniken Schwangerschaftsabbrüche möglich sind. Wir setzen
uns für die Abschaffung des „Werbeverbots“, also des Paragrafen 219a im
Strafgesetzbuch, ein. Wir wollen außerdem Möglichkeiten schaffen, damit
Patient*innen niederschwellig Ärzt*innen finden können, die Abbrüche vornehmen.
Ärzt*innen sollen ohne Angst vor Sanktionen oder gesellschaftlicher Ächtung
Abbrüche durchführen können. Darin wollen wir sie bestärken. Wir erwarten, dass
in der gynäkologischen Ausbildung der Ärzt*innen neben Schwangerschaft und
Geburt auch Schwangerschaftsabbrüche als wichtiges Thema der Gynäkologie
behandelt wird und wollen dazu mit den Universitätskliniken in Austausch treten.
Verhütung darf kein Luxus sein. Wir wollen, dass junge Frauen ohne oder mit
geringem Einkommen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln bekommen. Dafür soll
das Modellprojekt von pro familia in Halle (Saale) verstetigt und landesweit
angeboten werden. Auch Menstruationsprodukte sind kein Luxusgut. Die Initiative
der Hochschule Merseburg, entsprechende Hygieneartikel kostenfrei zur Verfügung
zu stellen, begrüßen wir und sehen sie als Vorbild für alle öffentlichen
Einrichtungen des Landes.
Frauen haben spezifische Belange bei ihrer Gesundheit, nicht nur bei Verhütung,
Schwangerschaft und Geburt. Wir wollen, dass diese systematisch in der
Berichterstattung des Landes zur Gesundheit integriert werden. Die
Datenerhebungen und Auswertungen müssen alle Geschlechter betrachten.
Die Zahl behandlungsbedürftiger psychischer Störungen und Erkrankungen nimmt
auch in Sachsen-Anhalt stetig zu. Die Versorgungsstrukturen müssen deswegen
regelmäßig ausgebaut werden. Die Anzahl tagesklinischer psychiatrischer Betten
im Krankenhausplan ist immer noch nicht ausreichend. Wir wollen Modellprojekte
im Bereich der aufsuchenden Behandlung psychisch Kranker (Home-Treatment)
initiieren und fördern. Im Bereich der fachärztlichen und psychologischen
Betreuung wollen wir eine Bedarfsplanung, die sich am tatsächlichen Bedarf
orientiert. Dabei soll künftig auch der Bereich der therapeutischen Begleitung
von trans*, inter und nichtbinären Personen in den Blick genommen werden und das
Angebot an qualifizierten Therapieplätzen erweitert werden, die sich an die
Selbstbestimmung dieser Personengruppe orientieren, bspw. durch die Förderung
von Spezialisierungen für Psycholog*innen.
Beschränkungen, die zu langen Wartezeiten führen, wollen wir abbauen und setzen
uns für flexible Bedarfspläne ein.
Die Novellierung des Psychisch-Kranken-Gesetzes (PsychKG) hat in dieser
Legislatur zentrale strukturelle Verbesserungen vorgenommen. Jetzt wird es die
Aufgabe sein, diese neuen Strukturen landesweit zu befördern.
Wer abhängig ist, braucht Hilfe und keine Strafverfolgung. Ein
niedrigschwelliges Angebot von Suchtberatung und Hilfestellen hat sich
vielerorts bewährt. Dies soll erhalten bleiben und für die Auseinandersetzung
auch mit neuen Formen der Sucht ausgebaut werden. Ausreichend stationäre,
teilstationäre und ambulante Therapiemöglichkeiten müssen geschaffen und deren
Vernetzung verbessert werden. Insbesondere suchtbelastete Familien sind in den
Blick zu nehmen und es braucht ein regelhaftes Beratungsangebot für betroffene
Kinder und Jugendliche.
Wir werden die Aufklärung über Süchte und gefährliche Substanzen im Schul- und
Jugendbereich vorantreiben. Kinder und Jugendliche stark zu machen ist die beste
Drogenprävention. Wir setzen uns über den Bundesrat für ein Werbeverbot für
Suchtmittel aller Art ein.
Hilfe für Süchtige ist auch praktisch notwendig. Seit Jahren ist vor allem bei
Drogen gebrauchenden Menschen ein besorgniserregender Anstieg mit HIV-
Infektionen zu beobachten. Wir wollen Drogenkonsum von der Straße holen. In
einem Modellprojekt wollen wir neben der Betreuung von drogengebrauchenden
Menschen durch Sozialarbeiter*innen auch die Errichtung eines Drogenkonsumraumes
erproben. Durch die Schaffung eines hygienischen Umfeldes können medizinische
Folgeschäden des Drogenkonsums und Todesfälle drastisch reduziert werden. Für
die dauerhafte Einrichtung dieser Hilfe bedarf es einer Gesetzesänderung.
Der Nichtraucher*innenschutz ist in Sachsen-Anhalt ausbaufähig. Wir fordern, ihn
in allen Bereichen zu erweitern, wo besonders schutzbedürftige Personen wie
Kinder oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sich im öffentlichen
Raum aufhalten, also zum Beispiel an Haltestellen von Bus und Bahn. Das
Raucher*innenzimmer im Landtag ist ein deutlich falsches Zeichen und gehört
abgeschafft. Stattdessen sollte ein Kinderspielzimmer eingerichtet werden.
Wir unterstützen nachdrücklich das Konzept "Sachsen-Anhalt atmet auf -
Nichtraucherschutz und Prävention stärken" der Landesstelle für Suchtfragen und
setzen uns für seine vollumfängliche finanzielle Förderung und rasche Umsetzung
ein.
Die repressive Cannabispolitik ist gescheitert. Trotz Verbot und
strafrechtlicher Verfolgung bleibt die Zahl der Cannabiskonsument*innen hoch.
Ein Schwarzmarkt ist entstanden, der sich weder um Jugend- noch um
Gesundheitsschutz schert. Wir wollen durch ein Cannabiskontrollgesetz den
privaten Besitz und Konsum von Cannabis regulieren und damit dem Schwarzmarkt
entziehen. Cannabis soll in Cannabisshops ab 18 Jahren unter strengen Auflagen
bei geschultem Personal käuflich erhältlich sein. So schützen wir Jugend und
Gesundheit. Die medizinische Anwendung von Cannabis soll erleichtert und
ausgeweitet werden.
Gesundheitsversorgung ist Menschenrecht. Die oftmals unterstellte Annahme, dass
alle Menschen in Deutschland krankenversichert sind, trifft nicht zu. Aus vielen
Gründen fallen Menschen durch das Raster. Wir wollen ein Beratungs- und
Unterstützungssystem für alle Menschen, damit akute Versorgung gesichert wird
und der Eintritt in das Krankenversicherungssystem gelingt.
XI Kultur
Kultur ist ein hohes Gut von Verfassungsrang, Teilhabe daran ein Menschenrecht.
Um das zu bewahren und neu zu bereichern, bedarf es der Aktivitäten öffentlicher
Institutionen genauso wie des privaten Engagements. Unsere Kulturpolitik
präsentiert sich zentral und dezentral, partizipatorisch und transparent. Wir
stehen für eine Vielfalt von Kultur. Um sie zu stärken, empfehlen wir eine
Kulturförderung, die sich auf Innovation, Teilhabe und Qualität konzentriert.
Kultur ist für uns eine staatliche Pflichtaufgabe. Doch muss Kultur keinen Zweck
erfüllen. Die Kunst ist frei.
Eine wertorientierte Kulturpolitik unterstützt uns bei der Bewältigung der
vielen großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie führt zu einer Stärkung
unseres demokratischen Zusammenlebens. Der Kulturetat des Landes Sachsen-Anhalt
beträgt seit 2017 mindestens ein Prozent des Landeshaushaltes. Diese Regelung
muss beibehalten werden, um die Kultur und Kunst auskömmlich finanzieren zu
können. Es braucht außerdem eine grundlegende Reform der Förderrichtlinien sowie
eine Überprüfung der institutionell geförderten Institutionen. Künftig wollen
wir für landesweit bedeutsame Kunst- und Kultureinrichtungen eine fünfjährige
strukturelle Förderung gewährleisten. Dies schafft Planungssicherheit bei den
Akteur*innen und fördert die Qualität der Arbeit.
Neben der Projektförderung ist die Stipendiatenförderung ein wirkungsvolles
Instrument Künstler*innen im Land zu fördern und zu unterstützen. Die
Heimatstipendien der Kunststiftung Sachsen-Anhalt sind weit über das Land hinaus
bekannt und eine Erfolgsgeschichte. Dieses Programm, wollen wir verstetigen und
stärken. Wir setzen uns dafür ein, dass dafür die Struktur der Kunststiftung
Sachsen-Anhalt ausgebaut und die finanzielle Ausstattung verbessert wird.
Kreative Ideen für kulturelle Projekte scheitern oft an Geld, an
Rahmenbedingungen oder bürokratischen beziehungsweise verwaltungstechnischen
Hürden. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Förderung. Aber oft sind
diese unbekannt oder Anträge sind unübersichtlich und schwer zu verstehen.
Insbesondere in kulturellen Bereichen finden viele Projekte ehrenamtlich statt,
und somit auch die Anfragen auf Förderungen. Wir wollen eine landesweite
Beratungs- und Servicestelle für kulturelle Projekte schaffen, um Ehrenamtlichen
Hilfestellung bei der Beantragung von Fördergeldern zu geben. Damit kann auch
mehr Geld vom Bund, Stiftungen und EU-Fonds abgerufen werden.
Die Kulturpolitik des Landes beruht auf zwei Säulen. Sie setzt zum einen Akzente
und fördert Projekte mit Relevanz für ganz Sachsen-Anhalt und zum anderen
unterstützt sie kommunale Kulturpolitik. Die kulturelle Infrastruktur ist für
uns integraler Bestandteil des kommunalen Lebens und keine freiwillige Aufgabe.
Kultur und Kunst müssen angemessen bezahlt werden. Deswegen haben wir
beispielsweise in der abgelaufenen Legislatur die Bezahlung in institutionell
geförderten Einrichtungen nach Tarif schrittweise wieder eingeführt. Dazu gehört
ebenfalls, dass Freischaffende für ihre Leistungen angemessen honoriert werden.
Wir wollen eine Ausstellungsvergütung für Künstler*innen in allen vom Land
geförderten Einrichtungen durchsetzen. Um Künstler*innen Raum zur künstlerischen
Entfaltung zu ermöglichen, setzen wir uns für die Schaffung von
Künstler*innenresidenzen im Sachsen-Anhalt ein.
Bei der Novellierung des Vergabegesetzes sind die Interessen und Bedarfe der
Kultur- und Kreativwirtschaft zu berücksichtigen. Auf Bundesebene wollen wir uns
dafür einsetzen, dass die Zugangskriterien für den Beitritt zur
Künstler*innensozialkasse so erweitert werden, dass weitere Berufsgruppen
Mitglied werden können.
Kulturelle Angebote fußen oft auf der engagierten Arbeit Ehrenamtlicher in
Vereinen und Förderkreisen. Wir setzen uns dafür ein, dass das bürgerschaftliche
Engagement mehr Anerkennung und Unterstützung erhält. Auch selbst organisierte
Initiativen junger Kreativer wollen wir unterstützen.
Unsere Kulturpolitik unterstützt Angebote und Teilhabe für Angehörige aller
Altersgruppen und Lebenswelten. Kinder und Jugendliche brauchen einen frühen und
spielerischen Zugang zu allen Bereichen der Kultur im urbanen wie auch in den
ländlichen Räumen.
Künstler*innen schaffen es immer wieder, das Verhältnis von Mensch und Natur in
unterschiedlichen Zusammenhängen neu zu interpretieren und Alternativen
auszuloten. Ziel soll sein, auf öffentlichen Plattformen auf die jeweils aktuell
brennenden Fragen unserer Zeit künstlerische Antworten zu suchen um Produzenten
und Verbraucher noch stärker in die gemeinsame Reflexion und Verantwortung
einzubeziehen. Dafür wollen wir zielgenaue Förderprogramme und kulturpolitische
Initiativen auf den Weg bringen.
Soziokulturelle Zentren brauchen eine verlässliche Förderung. In dieser
Legislatur konnten wir die Fördergelder für die Soziokultur erhöhen. Dennoch ist
Soziokultur in Sachsen-Anhalt immer noch schlechter ausgestattet als in anderen
Bundesländern. Deshalb wollen wir ein Programm zur Förderung von Kleinkunst- und
Soziokultur mit mindestens 500.000 Euro pro Jahr. Wir wollen in der nächsten
Legislatur zudem die Förderung der Off-Kultur und der kleinen, oft ehrenamtlich
getragenen Initiativen verbessern. Dazu zählen zum Beispiel die Aktion Musik e.
V. oder das Netzwerk fête de la musique.
Das Land sollte mit den Kommunen nichtkommerzielle Begegnungsstätten, wie
beispielsweise Vereins- und Projekthäuser oder Jugendclubs, unterstützen, indem
Räumlichkeiten bereitgestellt werden.
Durch die Corona-Pandemie haben viele Kulturorte mit den Möglichkeiten des
Streamings von Konzerten, Theaterstücken und anderen kulturellen Ereignissen
experimentiert. Wir wollen ein Landesprogramm ins Leben rufen, damit Kulturorte
diese technischen Möglichkeiten professioneller nutzen können. Die angebotenen
digitalen Veranstaltungen sollen dann gebündelt im Netz zu finden sein.
Perspektivisch kann sich daraus ein weiterer Vertriebskanal entwickeln, der auch
gekoppelt ist an ein Entgelt-System für die Nutzung, damit die Urheber*innen
angemessen bezahlt werden können.
Musikschulen ermöglichen, dass jede*r unabhängig vom Geldbeutel ein Instrument
oder Singtechniken erlernen kann. Wir wollen daher mehr Plätze in Musikschulen
in Sachsen-Anhalt anbieten. Deshalb braucht es eine verlässliche Finanzierung
der Musikschulen. Ein Drittel der Fördergelder soll das Land Sachsen-Anhalt
übernehmen und ein Drittel die Kommunen. Das letzte Drittel finanzieren die
Musikschulen über die Beiträge der Schüler*innen. Wir streben an, dass Lehrende
an Musikschulen fest angestellt werden.
In Sachsen-Anhalt wollen wir die bestehende Theater- und Orchesterlandschaft
erhalten und die freie Szene besser unterstützen. Theaterpädagogische Angebote
wollen wir verstetigen und alle jungen Menschen aus allen sozialen Schichten
gleichermaßen erreichen.
Sachsen-Anhalt hat sich zu einem attraktiven Standort für Dreharbeiten und die
Postproduktion entwickelt. Viele Filmproduktionen, die von der Mitteldeutschen
Medienförderung (MDM) unterstützt wurden, haben nationale und internationale
Anerkennung gefunden. Diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen und die
internationalen Kooperationen ausbauen. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten
Filmfestivals. Wir wollen diese Förderung aufrechterhalten. Auch in der
Filmförderung bestehen wir auf Gender-Budgeting. Vor allem Frauen wollen wir
damit als Filmschaffende unterstützen.
In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit 183 öffentliche Bibliotheken. Ihren Rahmen
setzt das Bibliotheksgesetz. Die letzte umfassende Erneuerung des Gesetzes war
2010, die Arbeitsbedingungen von Bibliotheken haben sich – besonders durch die
fortschreitende Digitalisierung – seitdem massiv verändert. Daher muss das
Bibliotheksgesetz dringend novelliert werden. Eine Landesfachstelle muss darin
verankert werden. Ihre Aufgabe ist es, Konzepte und Programme zu entwickeln,
damit die Bibliotheken zukunftsfest werden. Außerdem sollen Standards für die
Qualität festgeschrieben werden. Wir wollen, dass bis 2025 alle Bibliotheken in
Sachsen-Anhalt E-Books, E-Audios und E-Papers über das Portal "on-leihe"
anbieten können. Wir wollen die Bibliotheken bei der Digitalisierung historisch
wertvoller Altbestände unterstützen.
Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche so früh wie möglich an Museen und ihre
unzähligen Schätze herangeführt werden. Der Eintritt in Museen der öffentlichen
Hand in Sachsen-Anhalt sollte daher für Jugendliche bis 15 Jahre und Menschen,
die Freiwilligendienst leisten, kostenlos werden. Wir unterstützen Museen dabei,
grundsätzlich stärker und zielgruppenorientierter auf ihr Publikum zuzugehen,
kommunikative Formate anzubieten, gesellschaftlich relevante Diskurse
aufzunehmen und dabei auch niedrigschwellige Angebote zu berücksichtigen. Auch
digitale Strategien für moderne Museumskommunikation sollen dabei eine große
Rolle spielen.
Eine Strategie zur mittelfristigen Entwicklung der Museumslandschaft ist
dringend notwendig. Als Ziel im aktuellen Koalitionsvertrag formuliert, ist es
bisher leider nicht realisiert worden.
Die bisherige Konzeption der Landesausstellungen hat sich überholt. Anstatt
singuläre Ausstellungen mit speziellem Fokus besonders zu fördern, sollten
thematische Schwerpunkte gesetzt werden, die landesweit ausstrahlen und damit
die Landesidentität stärken.
Insbesondere in den ländlichen Räumen gehören kleine Museen und Bibliotheken zu
wichtigen Orten der kulturellen Infrastruktur. Wir wollen ein Programm auflegen,
damit Kommunen diese Orte zu Begegnungsorten für die ganze Gemeinschaft
weiterentwickeln. So könnten dort Schüler*innen ihre Hausaufgaben machen oder
auch Coworking-Spaces angedockt werden.
In der nächsten Legislaturperiode wollen wir das Thema Industriekultur endlich
angehen und dieses Erbe in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Dafür soll auf
Landesebene eine Konzeption zur musealen Präsentation von Industriekultur ab dem
19. Jahrhundert bis zur Gegenwart entwickelt und umgesetzt werden. In diesem
Kontext sollen auch vorhandene Orte sichtbar gemacht und mit neuem und nicht nur
musealem Leben gefüllt werden. In einem ersten Schritt sollen die Zeit des
Umbruchs nach 1989 und die großen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und
politischen Umwälzungen beleuchtet werden.
Wir sehen uns in der politischen Verantwortung, die Orte der Erinnerungskultur
in Sachsen-Anhalt zu erhalten und die pädagogische Arbeit kontinuierlich
weiterzuentwickeln. In Zeiten, in denen rassistische und nationalistische
Tendenzen Zulauf erhalten, wollen wir an die Taten der nationalsozialistischen
Diktatur und des DDR-Unrechtsstaates erinnern. Die Erinnerungsorte nehmen dabei
eine wichtige Funktion ein.
Für das Lutherjubiläum 2017 und für 100 Jahre Bauhaus 2019 wurden erhebliche
Gelder in die kulturelle Infrastruktur des Landes investiert. Das war eine
richtige Entscheidung. Auf diese Weise ist Sachsen-Anhalt auf die
kulturtouristische Landkarte gesetzt worden. Nun ist es an der Zeit, diese
Erfolge langfristig abzusichern und auszubauen. Das Jubiläum 100 Jahre Bauhaus
in Dessau im Jahre 2025 ist vom Land konzeptionell zu begleiten und zu
unterstützen.
Wir wollen die bestehenden Angebote besser präsentieren und die Welterbe Card
ausbauen. Dabei sollen die Menschen vor Ort eingebunden werden. Das Konzept der
Bauhaus-Agenten könnte auf andere UNESCO-Orte angewandt werden. Um
Aufmerksamkeit über die Landesgrenzen hinaus zu erzielen, braucht es kluge
Kooperationen mit starken Partner*innen. So wollen wir die Idee einer Kunst-
Biennale in Wittenberg nochmals prüfen und einen adäquaten Ersatz für die
Fernsehsendung „zdf@bauhaus“ finden, die von Dessau nach Weimar abgewandert ist.
Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz ist dringend weiterzuentwickeln. Alle
wertvollen Bereiche, die den Unesco-Welterbestatus nur in der Gesamtheit
begründen, müssen anerkannt und gefördert werden. Dazu zählen explizit neben den
Schlössern und Gärten auch die landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen
Flächen. Wir wollen daher einen Waldbeirat, um auch diesem Teil der Stiftung
Geltung zu verschaffen.
Clubs, Kneipen und Dorfgaststätten sind wichtige Begegnungsorte und gehören zur
Alltagskultur. Dabei kämpfen viele ums Überleben. Zwischen 2006 und 2017 sind
ein Fünftel der Gaststätten und knapp jede dritte Dorfkneipe geschlossen worden.
2020 wurde auf unser Betreiben hin ein Programm ins Leben gerufen, um die
Übernahme von Gaststätten zu fördern, wenn ein*e Nachfolger*in fehlt. Dieses
Programm sollte unbedingt fortgeführt werden. Wo es keine Möglichkeiten zum
Ausgehen gibt, sollten die Menschen mit guten Bus- und Bahnanbindungen auch
abends und nachts angebunden sein. Für Clubs wollen wir einen Fonds für
Schallschutz einrichten, damit kein Club wegen eines Lautstärkestreits schließen
muss.
Beschluss LDR im März 21
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Inés Brock: