Kapitel: | VI Bildung |
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Antragsteller*in: | John Liebau (KV Wittenberg) |
Status: | Modifiziert übernommen |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 20.04.2021, 21:57 |
K-3-6-4132: VI Bildung
Verfahrensvorschlag: Text
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Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Gender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität. Jugendlichen muss ein Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
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so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, geschlechtliche und genderGender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
VI Bildung
Mehr Gerechtigkeit und höhere Qualität: darauf kommt es an. Gemeinsam mit allen
Beteiligten wollen wir unsere Bildungslandschaft im Sinne des Lebenslangen
Lernens weiterentwickeln. Gleichzeitig wollen wir mit dezentralen
Schulstrukturen die ländlichen Räume stärken.
Kitas, Horte, Schulen, Universitäten und andere Bildungsorte sollen die Werte
unserer pluralistischen Gesellschaft stärker widerspiegeln. Dies sind für uns
Themen wie Demokratieverständnis, Zivilgesellschaft, Diversität,
Digitalisierung, europäische Einigung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Wir
wollen gute Bildung in jedem Alter und an jedem Bildungsort, denn so befähigen
wir alle, sich zu entfalten, an der Gesellschaft teilzuhaben und sie positiv
mitzugestalten.
Kitas sind der erste Baustein im Bildungssystem
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, deren Besuch die Bildungschancen
von Kindern erhöht. Wir haben mit dem neuen Kita-Gesetz (KiFöG) einiges
erreicht, insbesondere die Verbesserung des Personalschlüssels, eine weitere
Entlastung von Familien mit mehreren Kindern und eine spezielle Förderung von
Kitas mit besonderen Bedarfen. Es gibt dennoch weiterhin Defizite, etwa bei der
Berücksichtigung von Ausfallzeiten und Vorbereitungszeiten im Rahmen der
Personalbemessung. Im Bereich des Personals wollen wir insbesondere die
Sonderförderung landesweit ausbauen und die zur Verfügung gestellten Mittel
mindestens verdoppeln.
Um die Arbeit in den Einrichtungen zu unterstützen und die Qualitätsentwicklung
und -sicherung zu befördern, wollen wir die Fachberatung seitens des örtlichen
Trägers der Jugendhilfe künftig im KiföG als Rechtsanspruch der Einrichtungen
und Träger aufnehmen. Wir sehen die örtlichen Träger der Jugendhilfe hier in der
Pflicht, neben ihrer Aufsichtsfunktion explizit auch als Beratungsinstanz zu
agieren und diese Funktion zu stärken. Zusätzlich wollen wir dafür einen Pool
von Expert*innen aufbauen. Dieser soll Einrichtungen und Träger beraten, unter
Einbezug der einschlägigen Fachbereiche an den Hochschulen im Land. Auch die
Fachberatung durch freie Träger ist auszubauen.
Für einen guten Start in die Schule müssen sprachliche und motorische Defizite
möglichst früh erkannt und behoben werden. Wir wollen eine verbindliche,
qualifizierte Erhebung des Sprachstands bei allen Vierjährigen einführen, damit
gezielte Unterstützungsangebote unterbreitet werden können. Dabei muss die
Mehrsprachigkeit von Kindern berücksichtigt werden. Die frühpädagogische
Förderung beim Übergang von der Kita in die Schule, insbesondere im Bereich der
Sprachförderung, muss ohne Abbruch fortgeführt werden. Die Diagnostik in der
flexiblen Schuleingangsphase (Klasse 1 und 2 können in ein bis drei Jahren
absolviert werden) soll in ihrer Wirksamkeit überprüft und bei Bedarf erweitert
werden. Wir wollen, dass multiprofessionelle Teams in Grundschulen durch
Logopäd*innen, Ergotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen unterstützt werden
können.
Wir verstehen Kitas auch als Kinderstuben der Demokratie in denen Kinder bei
allen sie betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden und -handeln.
Demokratieverständnis, gelebte Vielfalt, Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit
sowie umweltgerechtes Handeln müssen noch stärker im Alltag der Kitas sowie in
der Ausbildung der Erzieher*innen berücksichtigt werden. Wir wollen die
Einrichtung von Küchen in Kitas, um die Ernährungskompetenz und gesunde
Versorgung zu stärken. Dabei setzen wir uns für regionale Wertschöpfungsketten
und Netzwerke der Unterstützung sowie der lokalen Vernetzung ein. Das Projekt
"Medienkoffer Geschlechtervielfalt" für Kita und Grundschulen, der so genannte
Kitakoffer des Kompetenzzentrums für geschlechtergerechte Kinder- und
Jugendhilfe wollen wir verstetigen und so ausbauen, dass deutlich mehr
Einrichtungendavon partizipieren können.
Qualität in Kindertagesstätte und Schule sichern
Unsere Kinder brauchen mehr Erzieher*innen, damit jedes Kind angemessen
gefördert werden kann. Die Ausbildungsanforderungen an die Erzieher*innen
wachsen mit deren Aufgaben. Eine praxisorientierte dreijährige berufliche
Ausbildung (piA) soll kurzfristig die schulische Erzieher*innenausbildung
ablösen. Den kontinuierlichen Wechsel von Theorie und Praxis während der PiA-
Ausbildung begrüßen wir ausdrücklich. Die Ausbildung ist angemessen zu vergüten.
Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Bestandteil der
Erzieher*innenausbildung werden. Eine Offensive für den Ausbau von pädagogischen
Studiengängen und die Weiterqualifizierung in der Frühpädagogik an den
Hochschulen ist dringend notwendig. Die Ausbildung mit integrierter Praxis, die
das Land mit Bundesmitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz fördert, muss unabhängig von
der Zukunft dieser Gelder dauerhaft angeboten und ausgebaut werden.
Wir wollen eine Bezahlung der Erzieher*innen, die der gestiegenen Qualifikation
entspricht, sowie die Zeiten der Vor- und Nachbereitung berücksichtigt.
Durch das Konzept der Ganztagsschulen erhält die pädagogische Arbeit an den
Schulen eine stärkere Bedeutung. Gerade im Grundschulbereich muss das
entsprechende Angebot ausgebaut werden, wobei die Horte stärker in das
Gesamtkonzept integriert werden müssen. Die Zuständigkeit für die Horte wollen
wir langfristig im Bildungsressort ansiedeln, um ein Ganztagsschulsystem in
Sachsen-Anhalt zu etablieren. Dieses Ressort hat im Sinne der ganzheitlichen
Unterstützung und Förderung von Kindern und Jugendlichen die Komponente der
Sozialarbeit in seine Arbeit zu integrieren.
Qualitätsstandards an Schulen, Horten und vorschulischen Bildungseinrichtungen
sollen deshalb sowohl die pädagogische Qualität und den Bildungserfolg als auch
die materielle und personelle Ausstattung definieren und vergleichbar machen.
Multiprofessionelle Teams, gut ausgebildetes Personal, verbesserte
Fortbildungsangebote und inklusive Bildungskonzepte sind unsere Eckpfeiler für
Qualitätsstandards. Eltern sollen anhand dieser Konzepte verschiedene
Bildungsangebote vergleichen und informiert entscheiden können.
Kurze Beine, kurze Wege, lokale Lösungen
Jede lokale Situation ist anders. Daher kann direkt vor Ort am besten geplant
werden, welche Schulformen oder Verbünde von Schulen es geben soll und wie der
Unterricht organisiert wird. Wir wollen kommunale Bildungslandschaften, in denen
alle Angebote und Ideen von Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Wirtschaft, Sport,
Kultur, Politik und Verwaltung zusammengeführt sind. Schulgebäude müssen
multifunktionaler ausgelegt werden. Auch Vereins- und Gemeindearbeit kann in
Schulen angeboten werden. Auf dieser Grundlage wollen wir Schulen zu zentralen
Orten der Gemeinden entwickeln, so dass Schüler*innen direkt in die Vereins- und
Gemeindearbeit einsteigen können. Derartige Konzepte müssen in den Kommunen
ausgearbeitet und umgesetzt und bei Schulneubauten bereits in den Planungen
berücksichtigt werden. Sie geben mehr jungen Menschen Chancen, beugen der
Abwanderung vor und befördern die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem zeigt
besonders die Corona-Pandemie, dass kleinere, dezentrale Einheiten neben
pädagogischen auch anderen wichtigen Vorteilen haben. Bürger*innen, Schulträger
und Gemeinden vor Ort benötigen von der Landesregierung erheblich mehr
Gestaltungsspielraum. Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche
Weg.
Längeres gemeinsames Lernen wird durch die Gemeinschaftsschule ermöglicht. Es
kann insbesondere auch durch Verbünde von Grundschulen mit anderen Schulen
realisiert werden, wobei alle Schulabschlüsse, vom Sekundarschulabschluss bis
zum Abitur, ermöglicht werden müssen. Ganztägiger Unterricht fördert gezielt
besondere Fähigkeiten, einschließlich musischer und sportlicher, gleicht
Schwächen aus und schließt Wissenslücken. Derartige Angebote wollen wir zum
Standard machen, sodass unsere Kinder von der Schule aus die ganze Welt erleben
können.
Auch die Wege zu den weiterführenden Schulen sind zu lang. Ein dichtes und
bedarfsgerechtes Netz von ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll entstehen und so
zu kurzen Schulwegen führen. Auch freie Schulen unterstützen wir bei der
Umwandlung in Gemeinschaftsschulen. Die Übergangsregelungen für
Ersatzschulträger sollen dazu entfallen. Zudem sind die im Ganztagsschulbetrieb
anfallenden zusätzlichen Personal- und Sachkosten für staatliche und auch für
freie Schulen durch das Land zu finanzieren.
Fördern statt Sitzenbleiben
Wir wollen in den Grundschulen eine flexible, kindgerechte, jahrgangsgemischte
Schuleingangsphase gestalten, die je nach Entwicklungsstand und
Lerngeschwindigkeit eines Kindes ein bis drei Jahre dauern kann. Mit gezieltem
Unterricht zum Schließen von Lücken soll das kostspielige und sinnlose
Sitzenbleiben abgelöst werden. Studien zeigen: Rückstellungen beim Schuleintritt
und Sitzenbleiben fördern die Lernentwicklung nicht, sondern legen den Kindern
weitere Steine in den Weg. Eine neue Lernkultur, die auf jedes Kind individuell
eingeht und das Lernen voneinander ermöglicht, soll die Leistungsstarken ebenso
wie die Leistungsschwachen fördern. Zu dieser Lernkultur gehört auch,
Leistungsbewertungen zu verändern. Noten sind nicht neutral und daher nicht zum
Leistungsvergleich geeignet. Daher setzen wir uns für neue Formen der
Leistungsbewertung ein. Auch soll der fächerübergreifende Unterricht mit fest
zugewiesenen Stunden im Stundenkontingent jeder Schulform verankert sein.
Fächerübergreifender Unterricht und damit das Aufbrechen der Fachgrenzen
befähigt Schülerinnen und Schüler zu mehr Selbstorganisation.
Der Umgang mit Kindern, die ohne Deutschkenntnisse an die Schulen kommen, muss
dringend professionalisiert werden. Die anfänglichen Sprachbarrieren wollen wir
mit individueller Förderung abbauen. Wir wollen, dass Arbeitsmaterialien in
deutscher Sprache und der Muttersprache sowie der anfängliche Einsatz von
Dolmetscher*innen finanziert werden.
Länger gemeinsam lernen
Um die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen und allen Kindern eine Bildungschance zu
geben, wollen wir das viel zu frühe Sortieren der Kinder nach der vierten Klasse
beenden, da dieses stark durch den sozialen Hintergrund bestimmt ist. Dazu
wollen wir das Angebot einer zehn- bis dreizehnjährigen gemeinsamen Lernzeit in
der Gemeinschaftsschule schaffen. Als Weg dorthin begreifen wir auch Verbünde
von Schulen. Dazu soll die Verordnung der Schulentwicklungsplanung so geändert
werden, dass an Gemeinschaftsschulen wirkliche gymnasiale Oberstufen entstehen
können. Wir wollen die Gemeinschaftsschule dauerhaft als attraktive zweite Säule
neben dem Gymnasium etablieren. Weiterhin fordern wir die Weiterentwicklung des
Gymnasiums zum ganztägigen Lernen, zu verbindlichem offenen Unterricht, zu
Inklusion und zur Arbeit mit multiprofessionellen Teams.
Der Zugang zu Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen. Deshalb
wollen wir Lernmittel ab der 1. Klasse sowie die Schüler*innenbeförderung bis
zum Ende der Schulzeit kostenfrei gewähren. Bildungsgerechtigkeit muss auch beim
Erwerb von Medienkompetenz hergestellt werden. Schwimmunterricht und
Fahrradtraining sind an allen Grundschulen zu realisieren. Für alle Kinder und
Jugendlichen wollen wir ein gesundes regionales Essen in Kitas, Horten und
Schulen anbieten, für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen soll dies
kostenlos sein.
Wir wollen einen für alle verpflichtenden Werteunterricht einführen.
Konfessionell gebundene und nichtreligiöse Kinder sollen gemeinsam über Werte,
Normen, Religionen und deren Ausprägung diskutieren. Dies sehen wir gerade in
einer zunehmend diversen Gesellschaft als nötig an. Zudem wird es immer
schwieriger, allen Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht
anzubieten, ohne dabei andere zu benachteiligen.
Schulautonomie entwickeln
Gute Schulen benötigen mehr eigene Gestaltungsspielräume. Jede Schule soll
unabhängig von ihrer Trägerschaft pro Schuljahr je Schüler*in einen festen
Finanzbeitrag erhalten. Damit soll die Schule selbstständig arbeiten können,
sofern sie sich im Gegenzug verpflichtet, allen Kindern einen unentgeltlichen
Zugang zu gewähren. Die Schulleitung soll mehr Verantwortung und Mitspracherecht
bei der Stellenbesetzung bekommen. Die Schulen bestimmen dann selbst über
Personen und pädagogische Konzepte und darüber, wie viel Geld in Lehrmittel oder
in Personal investiert wird. Gleichzeitig muss das pädagogische Personal von
Verwaltungsarbeit entlastet werden. Die Verantwortung der Schulleiter*innen
wächst. Sie müssen daher durch einen entsprechenden Aufbaustudiengang
unterstützt werden. Freie Schulen müssen allen Kindern unentgeltlich
offenstehen. Wir wollen unter dieser Bedingung die freien Schulen den
staatlichen Schulen finanziell gleichstellen und diese nicht mehr von
zusätzlichen EU- und Bundesmitteln ausschließen.
Schulen an sozialen Brennpunkten sollen zu Schwerpunktschulen entwickelt werden,
um ihre Herausforderungen besser zu meistern. Hier müssen Bedingungen geschaffen
werden, die eine ausgleichende Entwicklung ermöglichen. Dafür müssen ausreichend
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, z.B. eine überdurchschnittlich gute
Personal- und Sachmittelausstattung, für Sprachförderung, für das ganztägige
Lernen und für außerschulische Lernorte.
Inklusion ermöglichen
Wir erwarten die konsequente Umsetzung der zum 1. Januar 2009 in Kraft
getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie
führt zu einer schrittweisen Auflösung von Förderschulen. Die Förderangebote
sollen an allgemeinbildende Schulen verlagert werden. Inklusion im Unterricht
bereitet Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf besser auf ihr
Erwachsenenleben außerhalb des geschützten Lernortes Schule vor und verbessert
ihre Lebensqualität. Die Eltern von Kindern mit Förderbedarf wollen wir mit
besseren Informations- und Beratungsmöglichkeiten unterstützen. Gleichzeitig
sollen alle Kinder einen unbefangenen und rücksichtsvollen Umgang mit Menschen
mit Behinderung erlernen und erfahren. Bis zu dieser vollständigen Umgestaltung
wollen wir die Förderschulen unterstützen. Wir wollen sicherstellen, dass die
Lern- und Aufenthaltsbedingungen an auslaufenden Förderschulen angemessen sind
und jedes Kind optimale Förderung erfährt.
Bei der Einführung von Schulkonzepten mit Inklusion wollen wir die Schulen nicht
allein lassen. Unterricht mit Inklusion erfordert gute Vorbereitung. Die
Betreuung an den allgemeinbildenden Schulen muss mit mehr gut qualifiziertem und
sensibilisiertem Personal erfolgen. Die für die Förderschulen bisher
aufgewendeten Finanzmittel und Personalstellen wollen wir dafür umverteilen. Die
baulichen, sächlichen und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen für den
Schulbesuch mit Inklusion sind an vielen Orten noch zu schaffen. An den
Grundschulen muss es mehr inklusive Horte geben, die von Schüler*innen mit und
ohne Behinderung gemeinsam besucht werden können. Es ist zu prüfen, in welchen
Fällen spezialisierte Förderklassen an Regelschulen für besonders schwere
Behinderungen sinnvoll sind. An allen allgemeinbildenden und berufsbildenden
Schulen sollen solche Förderschulklassen angegliedert werden können.
Demokratie lernen, Gemeinsinn stärken
Schule ist der zentrale Ort in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Hier
entwickeln sie eine Vorstellung von Demokratie, lernen den fairen Umgang
miteinander, erfahren von Toleranz, Kompromissen und Regeln. Damit Schüler*innen
ein starkes demokratisches Bewusstsein entwickeln, müssen fünf Voraussetzungen
gegeben sein: Anerkennung der individuellen Persönlichkeit, Beteiligung an
Organisation von Schulveranstaltungen und Gestaltung von Unterricht, gelebte
Demokratie im Schulalltag sowie vielfältiger Sozialkundeunterricht. Letzterer
sollte bereits ab der 5. Klasse beginnen. Denn Sozialkundeunterricht soll die
persönlich-politische Meinungsbildung stärken. Dazu müssen Material- und
Schulungsangebote sowie Bildungspläne angepasst werden, in denen die Europäische
Union ein Querschnittsthema darstellen soll. In den Lehrplänen soll die deutsche
Kolonial- und Migrationsgeschichte sowie deren eurozentristische Perspektive
aufgearbeitet werden. Auch in der Landeszentrale für politische Bildung soll die
europäische Dimension eine größere Bedeutung erhalten.
Jungen Menschen muss freiwilliges gesellschaftliches Engagement außerhalb der
Schule ermöglicht werden. Wir prüfen Freistellungsmöglichkeiten und wollen
entsprechende Angebote fördern. Das Engagement in der Schülervertretungsarbeit
soll gefördert werden. Fehlzeiten, die in Zusammenhang mit der
Schülervertretungsarbeit entstehen, sollen nicht mehr auf dem Zeugnis angezeigt
werden.
Das Demokratieverständnis und den Gemeinsinn an Schulen wollen wir stärken,
indem wir mehr einfache und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten schaffen
wollen. Dazu gehört eine gleichberechtigte Teilnahme von Eltern, Schüler*innen,
Lehrer*innen sowie eine Mitwirkung der sonstigen Angestellten (Drittelparität-
Plus) in der Schulkonferenz. Weiterhin ist uns wichtig, das soziale Miteinander
zu stärken, Streitschlichtungsgruppen in den Schulen aufzubauen und die Anti-
Gewalt-Arbeit fortzuführen. Dazu gehört auch eine aktive Arbeit gegen Sexismus,
Trans- und Homophobie sowie Rassismus. Wir fordern zudem die Möglichkeit, auch
einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt im Abitur auf erhöhtem
Anforderungsniveau zu belegen.
Wir wollen die Schulen weit stärker dazu anregen und ausstatten, für alle
Schüler*innen ein Ort ohne Diskriminierung, Sexismus, Schikanieren und
Gewalterfahrung zu sein. Mobbing ist eine leidvolle Erfahrung für viele
Schüler*innen, die nicht mit dem Schulklingeln endet. Sie setzt sich digital
auch in der Freizeit fort. Dauerhafte psychische Erkrankungen, Schulverweigerung
bis hin zu Selbstmord können Folgen von Mobbing sein. An allen Schulen müssen
daher demokratiepädagogische Konzepte, Anti-Mobbing-Projekte sowie Programme zur
Gewalt- und Suchtprävention ermöglicht werden. Damit sollen Kinder und
Jugendliche soziale, ethische und demokratische Kompetenzen zur
Persönlichkeitsbildung sowie zur gewaltfreien Kommunikation und gendersensiblen
Sprache erwerben. Dabei müssen kulturelle Vielfalt, Geschlechtervielfalt sowie
sexuelle Orientierungen berücksichtigt und queere Peer-to-Peer-
Schulaufklärungsarbeit nach dem Vorbild der SCHLAU-Gruppen in NRW und
Niedersachsen ausgebaut werden. Sanitär- und Umkleideorte müssen sichere Orte
für trans*-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Schüler*innen sein.
Wir wollen einen landesweiten "Anti-Mobbing-Tag" ins Leben rufen, wie im Kapitel
„Kinder und Jugendliche“ beschrieben. Weiterhin sollen
Antidiskriminierungsrichtlinien für Schulen erarbeitet Wir unterstützen das
deutschlandweite Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".
Schulsozialarbeit ausbauen
Schulsozialarbeit und damit die Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe muss ein
fester Bestandteil von Schule werden. Wir wollen ein unbefristetes
Landesprogramm Schulsozialarbeit unter kommunaler Beteiligung und Steuerung. Die
Finanzierung des Landesprogrammes muss das Land Sachsen-Anhalt übernehmen.
Die Schulsozialarbeit muss an allen Schulen und Schulformen ausgebaut werden,
deshalb wollen wir den Erhalt der vierzehn regionalen Netzwerkstellen und der
landesweiten Koordinierungsstelle für Schulsozialarbeit. Dazu gehört auch die
regelmäßige Evaluation und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit. Um einen
besseren Informationsstand für soziale Probleme zu erreichen, wollen wir nach
Hamburger Vorbild einen Sozialindex für unsere Schulen erheben. Die
sozialpädagogische Kompetenz muss stärker in multiprofessionelle Teams in den
Schulen eingebunden werden. Ein Mitspracherecht der Schulsozialarbeiter*innen in
der Selbstverwaltung der Schulen, der Schulkonferenz, ist zu schaffen.
In Umwelt- und Lebensfragen (weiter)bilden
Unsere Umwelt bestimmt unsere Zukunft. Kinder und Jugendliche müssen für
wissenschaftliche und politische Fragen altersgerecht sensibilisiert werden. Zu
den Themen gehören Klima- und Umweltschutz, Naturschutz, Kulturlandschaften,
fairer Handel, Globalisierung, Nachhaltigkeit, Ernährung und
Verbraucher*innenschutz und Verkehrserziehung. Sachsen-Anhalt braucht ein
inhaltlich neues Lehrplan- und Bildungskonzept, das Zusammenhänge der
Lebenswissenschaften stärker in den Mittelpunkt stellt und erfahrbar macht.
Diese Umweltthemen im weitesten Sinne sind durch Unterricht zu
fächerübergreifenden Lernfeldern, insbesondere der Fächer Biologie, Chemie,
Sozialkunde und Ethik, stärker zu berücksichtigen. Die Ökoschulen,
Umweltbildungszentren und Ökologiestationen des Landes Sachsen-Anhalt leisten
einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung.
Wir wollen die die stringente Umsetzung der Empfehlungen und Zielvorgaben des
„nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Diese müssen in
politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Bildungsbereiche sowie in
möglichst allen Förderprogrammen des Landes verankert werden. Dazu wollen wir
geeignete Strukturen fördern und etablieren, etwa eine landesweite
Koordinierungsstelle zum Austausch der Akteur*innen und zur Qualitätssicherung.
Sachsen-Anhalt braucht dafür eine landesweite Internetplattform. Die Fridays-
for-Future-Bewegung, die Ergebnisse des Jugendklimagipfels sowie künftige
Entwicklungen müssen in den Schulen stärker thematisiert werden.
Homo- und Trans*-phobie sowie Geschlechterstereotypen von
Anfang an entgegentreten
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle
Orientierungen, Gender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche
Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und
außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der
eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität. Jugendlichen muss ein
Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
befürchten. Dazu wollen wir LSBTIQ*-Ansprechpersonen an den Schulen etablieren.
Sexuelle, geschlechtliche und gender- Vielfalt wollen wir zu einem festen
Bestandteil der Erzieher*innen- Ausbildung machen. Die Aus- und Fortbildungen
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend
so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle,
geschlechtliche und genderGender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu
vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
erkennen und diesen entgegenzuwirken. Wir werden einen Bildungsplan mit
Maßnahmen für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ* auf den Weg bringen.
Alle Lehrmittel müssen entsprechend geeignet sein und die reale Vielfalt
fächerübergreifend umfassend darstellen.
Digitale Lehrmittel und ihre Didaktik auf den Weg bringen
Der kompetente Einsatz und Ausbau von digitalen Techniken (E-Learning) muss
angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie forciert und flächendeckend
vorangebracht werden. Die notwendigen Voraussetzungen an Hardware und Software
müssen geschaffen werden. Daneben soll auch der didaktisch sinnvolle Einsatz
dieser Lehrmittel durch umfangreiche Fortbildung und Beratung sowie
entsprechende Schulungen in der Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Der
Zugang der Schüler*innen zum digitalen Lernen darf nicht mehr von den
Möglichkeiten, die die Eltern bieten können, abhängig sein. Wichtig ist auch,
eine funktionierende, datensichere Programm-Plattform auf Landesebene zu
erstellen. Diese sollte Instrumente zur interaktiven Unterrichtsgestaltung und
für Teleunterricht enthalten.
Für die Schulen wollen wir gezielte Beratung und Unterstützung bei der
Medienentwicklungsplanung und bei der Beantragung von Projektmitteln schaffen.
Die Mittel des Digital-Pakts müssen transparent und zügig vergeben werden. Im
Bildungsausschuss soll halbjährlich über den regionalspezifischen
Umsetzungsfortschritt von Investitionen im Bereich Digitalisierung berichtet
werden. Dabei sollen der durch die Kommunen zu leistende Support sowie die
Erfahrungen mit BYOD- („bring your own device“, also Nutzung von eigenen
Geräten) Endgeräten Berücksichtigung finden. Bei Beschaffungen soll, wo immer es
möglich ist, auf modularisierte Geräte, die länger haltbar sind, zurückgegriffen
werden.
Die Medienbildung wollen wir verpflichtend in Studium und Referendariat der
Lehrkräfte verankern. Dies gilt sowohl für die Einbeziehung der Fachdidaktiken,
der Fachseminare sowie der allgemeinen Bildungswissenschaften. Medienbildung
muss in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften als ein verbindlicher und
kontinuierlicher Prozess angesehen werden. Dafür müssen dauerhaft ausreichende
finanzielle und zeitliche Kapazitäten zur Verfügung stehen. Weiterhin wollen wir
den Ausbau der Medienscout-Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die dann
ihre Mitschüler*innen bei der qualifizierten Mediennutzung unterstützen,
fördern.
Europa ins Klassenzimmer bringen
Wir wollen gemeinsam mit den Trägern politischer Bildung die Bildungsarbeit in
Sachsen-Anhalt europäisieren. Europapolitische Bildungsprogramme sollen
verbindlicher Teil der Lehrpläne aller Schultypen sowie von Lehrveranstaltungen
an Volkshochschulen und Hochschulen werden. Um unsere Schüler*innen fit für die
Zukunft zu machen, müssen Europakompetenzen im Unterricht stärker vermittelt
werden. Dazu gehört der sequenzielle bilinguale Unterricht. Den
„Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sowie das Weltaktionsprogramm für
nachhaltige Entwicklung (WAP BNE) wollen wir in Schulen und
Bildungseinrichtungen umsetzen.
Wir ermutigen Schulen dazu, Europaschulen zu werden. Außerdem wollen wir EU-
Jugend- und Austauschprogramme weiter ausbauen. Jede*r Schüler*in muss
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die Möglichkeit haben, in seiner*ihrer
Schullaufbahn Europa im Rahmen eines Kultur- oder Bildungsprojekts außerhalb von
Deutschland zu erleben.
Dem Lehrkräftemangel entgegentreten
Der Mangel an Lehrer*innen ist unübersehbar. Der Unterrichtsausfall an allen
Schulformen nimmt dramatisch zu. Die Beseitigung des Mangels erfordert
erhebliche Anstrengungen. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten massiv
erweitern, um den Beruf attraktiver gestalten zu können. Wir haben in der
Landesregierung zuletzt Einiges in die Wege geleitet, aber wir müssen unsere
Anstrengungen noch erhöhen. Kürzung der Stundentafeln lehnen wir ab. Die Zahl
der Lehramtsstudienplätze im Land soll unter Berücksichtigung der Bedarfe je
nach Fächern und Schulformen weiter erhöht werden. Dies gilt insbesondere für
Studiengänge mit einem Masterabschluss, die sowohl in das Lehramt als auch in
andere Berufsfelder führen. Sie sind ein brauchbares Instrument, um auf
Änderungen des Bedarfs nachhaltig zu reagieren. Die Ausbildungskapazitäten in
den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch in allen Schulformen stehen
dabei im Mittelpunkt.
Es sollen mehr Pädagog*innen mit einem Förderschwerpunkt als zweitem Fach
ausgebildet und Lehrer*innen sowie pädagogische Fachkräfte der Schulen
entsprechend fort- oder weitergebildet werden. Es soll auch mehr
Schulpsycholog*innen geben, um die multiprofessionellen Teams an Schulen zu
unterstützen und den vielfältigen Herausforderungen des Schulalltags
professioneller begegnen zu können. Wir fordern eine Stärkung der allgemein-
pädagogischen und fachdidaktischen Inhalte der Lehramtsausbildung, um künftige
Lehrerinnen und Lehrer besser auf die praktische Vermittlung von Wissen und
dabei auftretende Herausforderungen vorzubereiten.
Ein wichtiges und notwendiges Mittel gegen den Mangel an Lehrer*innen sind
Seiten- und Quereinsteiger*innen. Dies sind Lehrkräfte, die kein Lehramt
studiert haben, aber einen für das Lehramt fachlich geeigneten Studienabschluss
nachweisen können. Quereinsteiger*innen sollen nach einer Vorbereitung in das
Referendariat aufgenommen werden. Seiteneinsteiger*innen sollen nach einem
kurzen Vorbereitungskurs früher an die Schulen kommen. Sie benötigen eine
pädagogische und fachdidaktische Weiterqualifikation und ein eventuell zweites
Unterrichtsfach. Für Seiteneinsteiger*innen muss eine berufsbegleitende
universitäre Weiterqualifizierungsmöglichkeit in Kooperation mit den
landeseigenen Universitäten verbindlich geregelt und zügig umgesetzt werden.
Seiteneinsteiger*innen sollen über eine berufsbegleitende universitäre
Weiterqualifizierung die fachliche, pädagogische und formale Gleichstellung mit
den grundständig ausgebildeten Lehrkräften erreichen können. Durch ein Senior-
Lehrkräfte-Programm wollen wir sie im Schulalltag besser unterstützen. Senior-
Lehrkräfte sollen auch für die Begleitung der verpflichtenden Schulpraktika von
Lehramtsstudierenden gewonnen werden. Die Beratung sowie die
Genehmigungsverfahren zum Seiteneinstieg müssen stetig verbessert und
beschleunigt werden. Besonders das Verfahren für freie Schulträger, muss
vereinfacht werden und gebührenfrei sein. Hier soll die jeweilige
Schulleitung/Geschäftsführung diese Entscheidung in eigener Kompetenz treffen
können, wobei dem Landesschulamt dann die stichprobenhafte Überprüfung zur
Eignung der eingesetzten Lehrkräfte obliegt. Für den wechselseitigen Austausch
und um voneinander zu lernen, soll es Veranstaltungsformate geben, in denen
anfängliche Schwierigkeiten und Lösungsstrategien im neuen Beruf thematisiert
und zur Weiterentwicklung im beruflichen Selbstverständnis genutzt werden
können. Diese Erfahrungen sollt insbesondere zur Weiterentwicklung von Schule
durch das Landesinstitut für Schulentwicklung organisiert und begleitet werden.
Wir wollen, dass Seiten- und Quereinsteiger*innen mit einem Masterabschluss in
die Stufe E13 der Entgelttabelle als Einstiegsgehalt eingruppiert werden.
Lehrer*innen mit ausländischen Abschlüssen wollen wir den Weg ins Lehramt in
Sachsen-Anhalt erleichtern.
Die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte müssen verbessert werden. Wir wollen
deshalb die Einführung von Arbeitszeitkonten auf den Weg bringen. Alle
geleisteten Überstunden an Schulen sollen mit mindestens dem regulären
Stundensatz einer Unterrichtsstunde bezahlt werden. Dabei sollen Lehrkräfte frei
entscheiden können, ob sie Mehrarbeit vergütet bekommen oder ob sie diese
langfristig in Freizeit umwandeln wollen. Angeordnete Mehrarbeit soll bei
maximal zwei Unterrichtsstunden gedeckelt werden. Wir wollen die geltenden
Regelungen zu Abminderungsstunden in der Qualifikationsphase beibehalten.
Ein Konzept zur Rücknahme der Maßnahmen zur angeblichen Effizienzsteigerung,
insbesondere in der flexiblen Schuleingangsphase an den Grundschulen, muss
entwickelt und vorgelegt werden, um langfristig einen guten Personalschlüssel
sicherzustellen. Lehrkräfte sollen an allen Schulformen das Gleiche verdienen.
Deshalb sollen auch Grundschullehrkräfte nach Entgelttabelle E13/A13 bezahlt
werden. Wir schlagen dafür einen mehrstufigen Plan vor, um die Gehälter
sukzessive anzugleichen. Wir wollen ein Modellprojekt ins Leben rufen, das es
befristet möglich macht, die nicht besetzten Stellen in ein Budget umzuwandeln,
das den Schulen zur Verfügung gestellt wird. Damit können individuelle Lösungen
vor Ort für die Entlastung von Lehrkräften oder ergänzende Angebote zum
Unterricht realisiert werden.
Jede staatlich und jede freie Schule soll so die Möglichkeit bekommen,
besonderes Engagement von Lehrkräften zu würdigen. Für die gezielte
Wertschätzung von Lehrkräften soll ein Budget im Landeshaushalt eingerichtet
werden. Würde man zwei Euro pro Schüler*in in Sachsen-Anhalt veranschlagen, käme
man auf knapp 400.000 Euro.
Berufliche Ausbildung für alle
Eine gute Zukunftschance für alle Jugendlichen ist ein Gebot der Gerechtigkeit
und unserer Solidarität. Sachsen-Anhalt leidet unter einem Fachkräftemangel,
verstärkt durch demografischen Wandel. Wichtig ist daher, allen jungen Menschen
berufliche Orientierung und Zugang zu vielfältigen praktischen Erfahrungen in
der Berufswelt zu ermöglichen. Um die verbindliche Berufsorientierung zu
verbessern, soll die Berufsorientierung durch vielfältige Zugänge wie Praktika
oder Berufsorientierungstage in allen Schulformen ab der fünften Klassenstufe
angeboten werden - in Gymnasien gleichberechtigt neben der Studienorientierung.
Zudem gilt es die MINT-Fächer im Fächerkanon zu stärken, insbesondere mehr
Schülerinnen für technische Berufe zu begeistern.
Für uns ist eine berufliche Ausbildung genauso wertvoll wie ein Studium. Wir
wollen daran mitwirken, den Ruf der Ausbildung aufzuwerten und den europäischen
Qualifikationsrahmen mit Leben zu füllen. Dies soll sich auch in der Vergütung
von allen Ausbildungen zeigen, indem sie unentgeltlich sind und besser entlohnt
werden. Besonderes Augenmerk soll hier auf Ausbildungsberufe wie Pflegekräfte,
medizinisches Personal, Erzieher*innen gelegt werden. Verantwortungsvolle Berufe
müssen auch entsprechend finanziell gewürdigt werden und für junge Menschen
attraktiv sein zu erlernen.
Besondere Herausforderungen sind der Mangel an Lehrkräften an berufsbildenden
Schulen sowie die viel zu hohe Zahl an Jugendlichen, die die Schule ohne
Abschluss beenden. Im Jahr 2018 waren dies laut einer Caritas-Studie in Sachsen-
Anhalt 11,4 Prozent aller Schüler*innen. Besonders betroffen sind Schüler*innen,
die ohne deutsche Sprachkenntnisse in die Schule kommen und oft auf Grund von
Sprachbarrieren den Hauptschulabschluss nicht schaffen. Eine zweite Chance gibt
es im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Hier werden an etwa 20 Standorten in
Sachsen-Anhalt berufsvorbereitende Kompetenzen und Allgemeinbildung vermittelt.
Durch die Teilnahme an einem Kolloquium am Ende des BVJ kann dann ein
Schulabschluss nachgeholt werden. Den durch die sehr heterogene
Schüler*innenschaft bedingten Herausforderungen müssen wir gezielt mit einer
umfassenden Willkommens- und Ankommenskultur begegnen. Dafür wollen wir
ausländische Abschlüsse schneller und kostengünstiger anerkennen und prüfen, wie
der Zugang zu Ausbildungen noch weiter erleichtert werden kann.
Beratungsstrukturen für migrantische Arbeitskräfte, wie beispielsweise das EU-
geförderte Landesprojekt BemA müssen fortgeführt werden.
Es darf niemand abgehängt oder aufgegeben werden. Wenn Unterstützung hilft, dann
wollen wir sie ermöglichen. Wir setzen uns deshalb auch für die Beibehaltung der
Einstiegsqualifizierung (Plus) und der assistierten Ausbildung der Agenturen für
Arbeit ein. Die Notwendigkeit eines Landesprogrammes zur
Ausbildungsplatzgarantie soll geprüft und wenn nötig umgesetzt werden, denn
Ausbildung ist ein Recht für alle, unabhängig von demografischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen.
Kleine und mittlere Betriebe und Unternehmen benötigen Unterstützung bei der
Ausbildung. In der Corona-Pandemie war es nicht allen Unternehmen möglich, ihre
Auszubildendenplätze zu erhalten. Gemeinsam mit den Unternehmen wollen wir Wege
suchen, ihre Ausbildungsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, um dadurch
jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Gemeinsame Kooperation in
Verbundausbildungen, bei der die Ausbildungsinhalte zusammen mit den Kammern in
Modulen organisiert werden, ist ein vielversprechender Ansatz. Wir wollen allen
jungen Menschen durch individuelle sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung und
Coaches zu einer erfolgreichen beruflichen Ausbildung verhelfen. Die
Unterstützungsangebote müssen unbürokratisch und für Jugendliche erreichbar
sein.
Wir wollen Auszubildendenwohnheime analog zu Studierendenwohnheime an Standorten
schulischer beruflicher Bildung stützen, um noch mehr Auszubildenden die
wohnortnahe Ausbildung zu ermöglichen. Die Möglichkeit, mittels des
Erasmusprogramms die Ausbildung teilweise in einem anderen EU-Staat zu
absolvieren, wollen wir bekannter machen. Im Bereich der fachschulischen
Ausbildung wollen wir eine generelle Schulgeldfreiheit realisieren. Im Bereich
der Gesundheitsberufe ist dies seit langem überfällig und schnellstmöglich
umzusetzen.
Die Humboldt’sche Universität im 21. Jahrhundert etablieren
Das fruchtbare Zusammenspiel von Forschung und Lehre, die Freiheit der
Wissenschaft von politischen Zwängen und Hochschulen als Orte des
gleichberechtigten, kritischen Diskurses unter Studierenden und Lehrenden sind
die Richtschnur unserer Hochschulpolitik. Im 21. Jahrhundert gehören hierzu auch
das Streben nach guten Arbeitsbedingungen, verlässlichen Karrierewegen,
Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit und die fortschreitende
Internationalisierung von Studiengängen.
Hochschulbildung muss neu gedacht werden, und zwar unter gleichberechtigter
Beteiligung von Studierenden, Professor*innen, wissenschaftlichem Mittelbau und
allen anderen Mitarbeiter*innen. Das Mandat dieser vier beteiligten
Statusgruppen ist gegenüber den Hochschulleitungen und dem Land zu stärken. Ein
ausgewogenes Modell zur Viertelparität der Statusgruppen in der akademischen
Selbstverwaltung war im Entwurf des neuen Hochschulgesetzes schon weit
entwickelt, konnte aber letztlich nicht durchgesetzt werden. Wir halten an der
Forderung weiter fest. Auch soll die Universitätsleitung durch ein von
Studierenden besetztes Prorektorat ergänzt werden. Weiterhin muss der kompetente
Umgang mit Genderfragen und Diversität, insbesondere bei Führungskräften,
stärker im Hochschulalltag praktiziert werden.
Drittmittel für Universitäten sind keine grundsätzlich abzulehnende
Finanzierungquelle. Aber die Wissenschaft nimmt derzeit massiven Schaden durch
eine zu große Abhängigkeit von Drittmittelprojekten. Diese sind in erheblichem
Umfang politisch oder anderweitig fremd gesteuert. Sie verursachen vor allem
einen erheblichen Zeitaufwand für Antragsteller*innen und
Projektbearbeiter*innen, der für deren wissenschaftliche Arbeit verloren geht.
Neben einer verbesserten Grundfinanzierung wollen wir in Sachsen-Anhalt ein
Modell zur befristeten Mittelzuweisung entwickeln. Bei diesem werden Gelder
jeweils aufgrund der bereits erbrachten und nicht der geplanten
wissenschaftlichen Leistungen bewilligt, da innovative Forschung nicht immer
planbar ist. Die Mittel sollen nicht an die Verwendung in einer bestimmten
Einrichtung gebunden sein. Den Wissenschaftler*innen wird die Möglichkeit
gegeben, sich selbstständig zu Forschungsgruppen oder Instituten zusammen zu
tun, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten.
Wenn die Anzahl von Publikationen und anderer einfacher Zahlenindikatoren bei
wichtigen Entscheidungen unreflektiert verwendet wird, schadet es der
Wissenschaft. Wir wollen stattdessen alle Maßnahmen unterstützen, die die
Qualität von wissenschaftlichen Leistungen bei Beurteilungen und Entscheidungen
in den Mittelpunkt stellen.
In Lehre und Forschung investieren
Leistungsfähige und international ausgerichtete Hochschulen sind zentrale
Pfeiler der Zukunftspolitik für Sachsen-Anhalt, in die wir investieren wollen.
Die Hochschulen sind hierzulande immer noch unterfinanziert, auch wenn wir die
Kürzungspolitik der Vergangenheit beendet haben. Um die Freiheit von Lehre und
Forschung zu gewährleisten, ist eine angemessene Grundfinanzierung der
Hochschulen zu sichern. Insgesamt ist eine solide Grundausstattung der
Hochschulen des Landes eine wichtige Voraussetzung für deren nationale und
internationale Konkurrenzfähigkeit. Die Stellenpläne der Universitäten sollen
abgeschafft werden.
Studiengebühren lehnen wir ab. Die Langzeitstudiengebühren wurden abgeschafft,
jetzt müssen auch die Zweitstudiengebühren bei beruflicher Umorientierung
entfallen. Die Möglichkeiten zum Teilzeitstudium für alle, zum Beispiel für
Studierende mit Kindern oder mit teilweiser Berufstätigkeit, wollen wir weiter
ausbauen.
Die Hochschulen müssen den Weg zu einem erfolgreichen Hochschulstudium eröffnen.
Dafür braucht es flexible Angebote zur Qualifizierung aller Menschen. Dies gilt
auch für Menschen ohne Abitur, für Menschen mit Behinderungen sowie für Menschen
mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und aus unterschiedlichen
Herkunftsländern gleichermaßen.
Die prekären Beschäftigungsverhältnisse an unseren Hochschulen wollen wir
beenden. Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht international konkurrenzfähige
Karrierepfade, zum Beispiel mit mehr Tenure-Track-Professuren und mehr
unbefristeten Stellen. Grundlagen hierzu wurden in der laufenden Wahlperiode
gelegt. Wir wollen das Konzept weiter ausbauen. In den forschungsstarken
Bereichen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Stellen für die
wissenschaftliche Weiterqualifikation und für unbefristeten Mittelbau geschaffen
werden.
Wir wollen das Hochschulmedizingesetz endlich modernisieren. Es braucht unter
anderem eine rechtliche Klarstellung, um die wirtschaftliche Betätigung der
Universitätsklinika zu ermöglichen und die Verankerung von Gleichstellung wie im
Hochschulgesetz.
Wegen der langen Ausbildungszeiten fordern wir, dass für Psychotherapeut*innen
die Ausbildung nach altem Recht noch bis zum Jahr 2032 angeboten wird. Genauso
setzen wir uns dafür ein, dass das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe die
Prüfungen nach altem Recht großzügig bis zum Jahr 2035 gewährt. Für den neuen
Direktstudiengang Psychotherapie in Magdeburg sollen die sich ergänzenden
Kapazitäten an beiden Hochschulen kooperativ genutzt werden.
Wir wollen mehr Berufungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördern und
künftig in den Zielvereinbarungen verankern. Dies gilt zum Beispiel für
Forschung zu Bio-Landwirtschaft, Radverkehr sowie Queer Studies und
Genderstudies.
Gute Lehre fördern
Wir wollen ein selbstbestimmtes Studium und dafür die derzeitig gängige Praxis
der Massenabfertigung überwinden. Auch die Verschulung und Bürokratisierung in
den Bachelor- und Masterstudiengängen, die durch den Bologna-Prozess entstanden
ist, sollen Vergangenheit werden. Zu einem umfassenden Bildungsverständnis
gehört Zeit für gesellschaftliches Engagement, die in den Studienordnungen
Eingang finden muss. Darum wollen wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass
Zeit für ehrenamtliches Engagement in den BAföG-Richtlinien ermöglicht wird. Die
Hochschulen müssen außerdem in ausreichender Zahl Studienplätze für das
Masterstudium zur Verfügung stellen und Studiengänge für die Lehrämter und
Erzieher*innen modernisieren.
Der Beruf der Lehrer*innen wird anspruchsvoller und vielfältiger. Der Umgang mit
zunehmend heterogenen und inklusiven Lerngruppen stellt eine Herausforderung an
die Ausstattung der Schulen, aber auch an die Ausbildung der Lehrer*innen dar.
Notwendig ist, die pädagogischen, didaktischen und psychologischen Anteile im
Studium und im Referendariat zu erhöhen. Diese sollen gleichgewichtig neben der
fachlichen Ausbildung stehen. Auch fächerübergreifender Unterricht muss ein
stärkeres Gewicht bekommen. Kompetenzentwicklung zu gelebter Demokratie,
verstärktem Umweltbewusstsein, gelingender Inklusion, interkulturellem
Miteinander und Deutsch als Zweitsprache skizzieren die Eckpunkte einer
zukunftsorientierten Ausbildung in Studium und Referendariat sowie der Fort- und
Weiterbildung von Lehrkräften. Besonders wichtig ist die Schulung des
produktiven Umgangs mit heterogenen Lerngruppen und kultureller Diversität. Dies
gilt insbesondere hinsichtlich berufsbildender Schulen, die das
Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zum Nachholen eines anerkannten Schulabschlusses
anbieten.
Die Lehramtsstudiengänge müssen sich zukünftig am Alter der Schüler*innen, somit
an den entwicklungspsychologischen und didaktischen Unterschieden, und nicht
mehr an den Schulformen orientieren. Daraus resultiert das Studium des Lehramts
an Grundschulen sowie der Sekundarstufen I und II. Die Lehramtsstudiengänge
sollen mit einer gemeinsamen Studieneingangsphase beginnen. Für alle
Beschäftigten muss es zertifizierte Fortbildungen geben, die es ihnen erlauben,
sich den wandelnden Anforderungen kompetent zu stellen. Europakompetenzen müssen
ins Lehramtsstudium geeigneter Fächer integriert werden. Sie sollen auch in
Weiterbildungsangeboten verstärkt angeboten werden. Die Erweiterung der
Lehrkräfteausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen um das Fach
Englisch wollen wir unterstützen.
Um gerade Jungen in Kindergarten und Grundschule die Identifikation mit
männlichen Vorbildern zu ermöglichen, unterstützen wir alle Maßnahmen, die das
Ziel haben, den Männeranteil im Erzieher- und Grundschullehrberuf deutlich
anzuheben.
Nachhaltig forschen
Wissenschaft und Forschung zu Nachhaltigkeit wollen wir in Sachsen-Anhalt als
eine zentrale Leitidee zukünftiger Hochschulentwicklung fest verankern. Hierzu
benötigen wir konkurrenzfähige Förderprogramme und thematische Schwerpunkte
unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen und ökologischen Lebensweise.
Sachsen-Anhalt soll seine Spitzenposition bei den Erneuerbaren Energien
behalten. Hierbei messen wir der Forschung zu Speichertechniken und
intelligenten Stromnetzen eine besondere Bedeutung zu. Das wird sich langfristig
für unser Land rechnen. Gleichzeitig sollen die Hochschulen selbst die netto
CO2-Neutralität bis 2030 erreichen. Dafür sollen sie 100 Prozent Erneuerbare
Energien für die Stromversorgung nutzen, bessere Gebäudedämmung und ein
Umweltmanagementsystem (EMAS) einsetzen.
Dem Tierschutz in der Forschung messen wir große Bedeutung zu. Die
Gewissensfreiheit der Studierenden muss gewahrt bleiben. Niemand sollte gegen
sein Gewissen gezwungen werden, Tiere zu sezieren. Darum wollen wir, die Pflicht
zum Sezieren von Tieren in der gesamten Ausbildung dort abschaffen, wo es nicht
unbedingt notwendig ist.
Das öffentliche Erkenntnisinteresse muss erheblich sein, um den Einsatz von
Labortieren in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Diese Versuchstiere müssen
nachweisbar artgerecht gehalten werden. Die Entwicklung von Alternativverfahren
müssen stärker gefördert sowie Ersatzmethoden schneller anerkannt werden.
Deshalb setzen wir uns für eine, bestenfalls bundesweite, Datenbank für alle
bisher bekannten Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen ein.
Gute Wissenschaft benötigt die Unabhängigkeit der Forschung an den Hochschulen,
deshalb wollen wir, dass Kooperationen mit Unternehmen transparent gestaltet
werden müssen.
Nachhaltigkeit auch in Betrieb, Lehre und Governance
Die Einführung von Nachhaltigkeitsbüros und Green-Offices hat sich auch in
Sachsen-Anhalt bewährt. An allen Hochschulen und an einigen Forschungsinstituten
gibt es Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit, gefördert/gefordert durch
Studierende, Mitarbeitende, Lehrende und teilweise durch die Hochschulleitungen.
Diese Bestrebungen sollen gebündelt und weiter personell und strukturell
unterstützt werden. Deshalb müssen an allen Hochschulen
Nachhaltigkeitsbeauftragte benannt und möglichst überall Nachhaltigkeitsbüros
mit personeller Struktur geschaffen werden. Im Ministerium für Wissenschaft,
Wirtschaft und Digitalisierung soll hierfür eine Koordinierungs- und
Beratungsstelle geschaffen werden. Sie soll die Hochschulen und
Forschungsinstitute sowie ihre Mitglieder und Leitungen zur Implementierung von
nachhaltiger Entwicklung in Betrieb, Governance, Lehre und Forschung beraten.
Diese Koordinierungs- und Beratungsstelle soll fester Bestandteil des
landesweiten Netzwerks für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sein.
MINT-Bildung stärken
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) sind entscheidende
Fächer und Kompetenzen für zukünftige Arbeitsmärkte. Schulen und Hochschulen mit
mehr MINT-Absolvent*innen sind ein entscheidender Standortvorteil für Sachsen-
Anhalt. Die schulische Didaktik hängt hier jedoch weit den Anforderungen der
Wissenschaft und Wirtschaft hinterher. Deswegen wollen wir im Rahmen des
Strukturwandels im ehemaligen Kohlerevier ein neu zu gründendes angewandtes
MINT-Schuldidaktik-Institut, in Anlehnung an außeruniversitäre
Forschungsinstitute, etablieren. An diesem sollen Lehrer*innen, Erzieher*innen
und Wissenschaftler*innen neue Formen der Vermittlung von MINT-Wissen in
Kooperation mit Unternehmen erforschen, an Schulen einsetzen und anschließend
evaluieren. Mithilfe erfolgreicher Vermittlungsformen kann so eine
Breitenqualifikation von Lehrkräften erfolgen.
Weiterhin sollen Studierende sowohl in Vorkursen als auch während des Studiums
im MINT-Bereich stärker praktisch aktiv werden können. Hierzu können Maker-Labs
und Kurse in nützlichen Grundfertigkeiten wie Schweißen, Löten, Reparieren oder
Programmieren zum Einsatz kommen. Diese können durch Repair-Cafés, Netz-Cafés
und freie Werkstätten auf dem Campus ergänzt werden. Derartige Einrichtungen und
studentische Eigeninitiative wollen wir auf Landesebene fördern und von den
Hochschulen in den Zielvereinbarungen einfordern. Darüber hinaus sollten die
Studierenden während ihres Studiums mehr Möglichkeiten haben, zum Betrieb der
Hochschule mit eigenen Projekten und Abschlussarbeiten beizutragen. So kann
beispielsweise eine campuseigene Photovoltaikanlage geplant, die Mensa
energetisch optimiert oder eine Campus-App programmiert werden. Dadurch wird der
Campus selbst zum Experimentierfeld.
Mehr Frauenpower für die Wissenschaft
Die Gesamtzahl der weiblichen und männlichen Studierenden ist durchschnittlich
ausgeglichen. Auch bis zur Promotion liegt diese Verteilung nahezu bei jeweils
50 Prozent. Auf den folgenden Karrierestufen und in Führungspositionen nimmt der
Anteil der Frauen jedoch weiterhin deutlich ab. Auch sind Frauen in den Fächern
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) stark
unterrepräsentiert. Die fest etablierte Koordinierungsstelle Genderforschung und
Chancengleichheit Sachsen-Anhalt (KGC) unterstützt aktiv die
Gleichstellungsarbeit der Hochschulen. Sie arbeitet mit Programmen zur
Unterstützung von Karrierewegen in der Wissenschaft und zur Förderung von Frauen
in den MINT-Fächern, unter anderem bei der Studienwerbung. Diese Programme sind
teilweise vom Bund nur zeitweise bewilligt. Daher sollen sie evaluiert und
gegebenenfalls aus Landesmitteln weitergeführt werden. Das Studium und die
Wissenschaft als Beruf müssen familienfreundlicher gestaltet werden.
Im neuen Hochschulgesetz werden die Hochschulen verpflichtet, bei Berufungen in
der Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen Schutzfristen nach dem
Mutterschutzgesetz, Kindererziehungszeiten sowie Zeiten der Pflege von
Angehörigen zu berücksichtigen. Die konsequente Umsetzung aller Fördermaßnahmen
und Bestimmungen muss durch konsequentes Gender-Controlling und Monitoring mit
Sanktionsmöglichkeiten überwacht werden.
Nach der Promotion soll der Frauenanteil jeder wissenschaftlichen Karrierestufe
mindestens so hoch sein, wie derjenige der direkt darunterliegenden
Qualifizierungsstufe, bis die Professuren geschlechtergerecht verteilt sind.
Deshalb wollen wir, dass Stellenbesetzungen nur noch gemäß diesem Kaskadenmodell
erfolgen. Zur Sicherung der Teilhabe von Frauen in Entscheidungsgremien der
Hochschule sind Frauen bei der Besetzung von Gremien und Organen der
Selbstverwaltung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung von Listen
und Kandidaturen für Wahlorgane und Wahlgremien sind unterrepräsentierte
Geschlechter zumindest ihrer Anteile an der jeweiligen Mitgliedergruppe
entsprechend durch eine Quotenregelung zu berücksichtigen.
Willkommenskultur für Studierende und Wissenschaftsnachwuchs
Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt müssen noch deutlich attraktiver für
internationale Nachwuchswissenschaftler*innen werden. Dafür muss die
Willkommenskultur an Hochschulen, sowohl für Studierende als auch für
Wissenschaftler*innen und deren Familien ausgebaut werden. Internationale
Wissenschaftler*innen schaffen zum Beispiel durch Drittmitteleinwerbung
hochqualifizierte Arbeitsplätze und liefern neue Impulse für
Technologiefirmengründungen. Im Wettbewerb um die klügsten Köpfe müssen
Nachteile, wie beispielsweise Anreisekosten zu Vorstellungsgesprächen,
ausgeglichen sowie Diskriminierung fördernde Strukturen und bürokratische Hürden
abgebaut werden.
Dabei gibt es einige Beispiele für effektive Methoden, um exzellente
Nachwuchsforscher*innen zu gewinnen. Das Land fördert die Nachwuchsprojekte des
European Research Council. Kostengünstige digitale Möglichkeiten bei der
Rekrutierung, zum Beispiel durch Postdoc-Netzwerke, sollten genutzt werden.
Berufungssymposien, wie in England praktiziert, sollten eingeführt werden. Die
Evaluierung von Leistungen bei Tenure-Track-Verfahren und darüber hinaus darf
sich nicht auf wenige und teilweise ungeeignete Parameter beschränken. Sie muss
Lehrleistungen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und sonstige Aktivitäten angemessen
berücksichtigen. Sachsen-Anhalt ruft bisher jährlich große Summen von EU-
Fördergeldern im Bereich Forschung nicht ab. Das wollen wir gezielt verbessern.
Mit dauerhafter personeller und finanzieller Unterstützung soll der Abruf
verstetigt werden. Die soziale Infrastruktur sollte weiterhin in einem Welcome-
Center gebündelt werden, welches auch Anliegen wie Wohnungsfragen, Sprachkurse
und den Familiennachzug vereinfacht.
Lebenslanges Lernen
Lernen endet nicht mit dem Abschluss der Berufsausbildung oder des Studiums. Wir
treten für lebenslanges Lernen ein. Das Bildungsfreistellungsgesetz muss
modernisiert und durch eine Kampagne bekannter gemacht werden. Bildungsurlaub
soll nicht nur für berufliche Weiterbildung, sondern zum Beispiel auch für
Fremdsprachen, politische Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie den Erwerb von
Medienkompetenz gewährt werden.
Die Angebote zu Weiterqualifikationen und Fortbildungen an den Hochschulen
müssen ausgebaut und stärker in den Lehrdeputaten als Dienstaufgaben in der
Lehre berücksichtigt werden, was mehr Personalmittel erforderlich macht. Zudem
soll es für Lehrkräfte verpflichtende Fortbildungen, sowie
Weiterqualifizierungen und Beratungen insbesondere in den Bereichen
Förderpädagogik, Medienbildung und Demokratiepädagogik geben. Dabei sind
verschiedene Unterrichtsformate, schulinterne Kooperationsformen für heterogene
Lerngruppen, die Entwicklung von fächerübergreifenden Aufgaben für
unterschiedliche Lernniveaus sowie gezielte Unterstützung im Umgang mit
interkulturellen Differenzen zu berücksichtigen.
Zu guten Bedingungen für lebenslanges Lernen gehören Programme von
Volkshochschulen und Senior*innenakademien ebenso wie bezahlbare und erreichbare
Kursangebote, auch in den ländlichen Räumen. Abendschulen sowie verstärkte
Angebote zur Alphabetisierung und Grundbildung unterstützen wir nachdrücklich.
Informationen allen zugänglich machen
Zum freien Zugang zu Informationen gehören auch verlässliche Informationsträger.
Daher setzen wir uns für ein Verbot von Werbung, Sponsoring und anderen
Versuchen der Einflussnahme (beispielsweise kostenlose „Unterrichtsmaterialien“
mit einseitiger Ausrichtung an bestimmte Interessen), an Kindertagesstätten und
Schulen in unserem Bundesland ein. Mit staatlichen Geldern erforschtes Wissen
gehört der Allgemeinheit und muss frei verfügbar sein. Wir unterstützen daher
nachdrücklich „Open Access“-Initiativen und Netzneutralität.
Das Bund-Länder-Kooperationsverbot in der Bildung abschaffen
Das Grundgesetz wurde im Rahmen der Föderalismusreform unsinnigerweise so
geändert, dass der Bund sich in der Bildungspolitik schwerer engagieren kann.
Der Bund muss angesichts knapper Kassen in den Ländern und Kommunen mehr
Verantwortung für die Bildungsfinanzierung übernehmen. Über den Bundesrat wollen
wir uns dafür einsetzen, diesen Passus im Grundgesetz wieder ganz zu streichen.
Wir sind für stärkere Kooperation in der Bildung, um ein ausgeglichenes
Bildungsangebot sicherzustellen. Damit wollen wir zum Beispiel Probleme beim
Umzug von Schulkindern über Landesgrenzen abbauen. Wir sind für ein bundesweit
vergleichbares Abitur. Die kleinen Fächer, die nur an wenigen Hochschulen
angeboten werden, die „Orchideenfächer“, müssen besser koordiniert und vom Bund
gefördert werden, weil sie einen überregionalen Bedarf abdecken.
Text
Von Zeile 4132 bis 4137:
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle Orientierungen und geschlechtliche IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen IdentitätGenderidentität. Jugendlichen muss ein Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
Von Zeile 4141 bis 4144:
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, geschlechtliche und gender- IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
VI Bildung
Mehr Gerechtigkeit und höhere Qualität: darauf kommt es an. Gemeinsam mit allen
Beteiligten wollen wir unsere Bildungslandschaft im Sinne des Lebenslangen
Lernens weiterentwickeln. Gleichzeitig wollen wir mit dezentralen
Schulstrukturen die ländlichen Räume stärken.
Kitas, Horte, Schulen, Universitäten und andere Bildungsorte sollen die Werte
unserer pluralistischen Gesellschaft stärker widerspiegeln. Dies sind für uns
Themen wie Demokratieverständnis, Zivilgesellschaft, Diversität,
Digitalisierung, europäische Einigung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Wir
wollen gute Bildung in jedem Alter und an jedem Bildungsort, denn so befähigen
wir alle, sich zu entfalten, an der Gesellschaft teilzuhaben und sie positiv
mitzugestalten.
Kitas sind der erste Baustein im Bildungssystem
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, deren Besuch die Bildungschancen
von Kindern erhöht. Wir haben mit dem neuen Kita-Gesetz (KiFöG) einiges
erreicht, insbesondere die Verbesserung des Personalschlüssels, eine weitere
Entlastung von Familien mit mehreren Kindern und eine spezielle Förderung von
Kitas mit besonderen Bedarfen. Es gibt dennoch weiterhin Defizite, etwa bei der
Berücksichtigung von Ausfallzeiten und Vorbereitungszeiten im Rahmen der
Personalbemessung. Im Bereich des Personals wollen wir insbesondere die
Sonderförderung landesweit ausbauen und die zur Verfügung gestellten Mittel
mindestens verdoppeln.
Um die Arbeit in den Einrichtungen zu unterstützen und die Qualitätsentwicklung
und -sicherung zu befördern, wollen wir die Fachberatung seitens des örtlichen
Trägers der Jugendhilfe künftig im KiföG als Rechtsanspruch der Einrichtungen
und Träger aufnehmen. Wir sehen die örtlichen Träger der Jugendhilfe hier in der
Pflicht, neben ihrer Aufsichtsfunktion explizit auch als Beratungsinstanz zu
agieren und diese Funktion zu stärken. Zusätzlich wollen wir dafür einen Pool
von Expert*innen aufbauen. Dieser soll Einrichtungen und Träger beraten, unter
Einbezug der einschlägigen Fachbereiche an den Hochschulen im Land. Auch die
Fachberatung durch freie Träger ist auszubauen.
Für einen guten Start in die Schule müssen sprachliche und motorische Defizite
möglichst früh erkannt und behoben werden. Wir wollen eine verbindliche,
qualifizierte Erhebung des Sprachstands bei allen Vierjährigen einführen, damit
gezielte Unterstützungsangebote unterbreitet werden können. Dabei muss die
Mehrsprachigkeit von Kindern berücksichtigt werden. Die frühpädagogische
Förderung beim Übergang von der Kita in die Schule, insbesondere im Bereich der
Sprachförderung, muss ohne Abbruch fortgeführt werden. Die Diagnostik in der
flexiblen Schuleingangsphase (Klasse 1 und 2 können in ein bis drei Jahren
absolviert werden) soll in ihrer Wirksamkeit überprüft und bei Bedarf erweitert
werden. Wir wollen, dass multiprofessionelle Teams in Grundschulen durch
Logopäd*innen, Ergotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen unterstützt werden
können.
Wir verstehen Kitas auch als Kinderstuben der Demokratie in denen Kinder bei
allen sie betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden und -handeln.
Demokratieverständnis, gelebte Vielfalt, Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit
sowie umweltgerechtes Handeln müssen noch stärker im Alltag der Kitas sowie in
der Ausbildung der Erzieher*innen berücksichtigt werden. Wir wollen die
Einrichtung von Küchen in Kitas, um die Ernährungskompetenz und gesunde
Versorgung zu stärken. Dabei setzen wir uns für regionale Wertschöpfungsketten
und Netzwerke der Unterstützung sowie der lokalen Vernetzung ein. Das Projekt
"Medienkoffer Geschlechtervielfalt" für Kita und Grundschulen, der so genannte
Kitakoffer des Kompetenzzentrums für geschlechtergerechte Kinder- und
Jugendhilfe wollen wir verstetigen und so ausbauen, dass deutlich mehr
Einrichtungendavon partizipieren können.
Qualität in Kindertagesstätte und Schule sichern
Unsere Kinder brauchen mehr Erzieher*innen, damit jedes Kind angemessen
gefördert werden kann. Die Ausbildungsanforderungen an die Erzieher*innen
wachsen mit deren Aufgaben. Eine praxisorientierte dreijährige berufliche
Ausbildung (piA) soll kurzfristig die schulische Erzieher*innenausbildung
ablösen. Den kontinuierlichen Wechsel von Theorie und Praxis während der PiA-
Ausbildung begrüßen wir ausdrücklich. Die Ausbildung ist angemessen zu vergüten.
Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Bestandteil der
Erzieher*innenausbildung werden. Eine Offensive für den Ausbau von pädagogischen
Studiengängen und die Weiterqualifizierung in der Frühpädagogik an den
Hochschulen ist dringend notwendig. Die Ausbildung mit integrierter Praxis, die
das Land mit Bundesmitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz fördert, muss unabhängig von
der Zukunft dieser Gelder dauerhaft angeboten und ausgebaut werden.
Wir wollen eine Bezahlung der Erzieher*innen, die der gestiegenen Qualifikation
entspricht, sowie die Zeiten der Vor- und Nachbereitung berücksichtigt.
Durch das Konzept der Ganztagsschulen erhält die pädagogische Arbeit an den
Schulen eine stärkere Bedeutung. Gerade im Grundschulbereich muss das
entsprechende Angebot ausgebaut werden, wobei die Horte stärker in das
Gesamtkonzept integriert werden müssen. Die Zuständigkeit für die Horte wollen
wir langfristig im Bildungsressort ansiedeln, um ein Ganztagsschulsystem in
Sachsen-Anhalt zu etablieren. Dieses Ressort hat im Sinne der ganzheitlichen
Unterstützung und Förderung von Kindern und Jugendlichen die Komponente der
Sozialarbeit in seine Arbeit zu integrieren.
Qualitätsstandards an Schulen, Horten und vorschulischen Bildungseinrichtungen
sollen deshalb sowohl die pädagogische Qualität und den Bildungserfolg als auch
die materielle und personelle Ausstattung definieren und vergleichbar machen.
Multiprofessionelle Teams, gut ausgebildetes Personal, verbesserte
Fortbildungsangebote und inklusive Bildungskonzepte sind unsere Eckpfeiler für
Qualitätsstandards. Eltern sollen anhand dieser Konzepte verschiedene
Bildungsangebote vergleichen und informiert entscheiden können.
Kurze Beine, kurze Wege, lokale Lösungen
Jede lokale Situation ist anders. Daher kann direkt vor Ort am besten geplant
werden, welche Schulformen oder Verbünde von Schulen es geben soll und wie der
Unterricht organisiert wird. Wir wollen kommunale Bildungslandschaften, in denen
alle Angebote und Ideen von Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Wirtschaft, Sport,
Kultur, Politik und Verwaltung zusammengeführt sind. Schulgebäude müssen
multifunktionaler ausgelegt werden. Auch Vereins- und Gemeindearbeit kann in
Schulen angeboten werden. Auf dieser Grundlage wollen wir Schulen zu zentralen
Orten der Gemeinden entwickeln, so dass Schüler*innen direkt in die Vereins- und
Gemeindearbeit einsteigen können. Derartige Konzepte müssen in den Kommunen
ausgearbeitet und umgesetzt und bei Schulneubauten bereits in den Planungen
berücksichtigt werden. Sie geben mehr jungen Menschen Chancen, beugen der
Abwanderung vor und befördern die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem zeigt
besonders die Corona-Pandemie, dass kleinere, dezentrale Einheiten neben
pädagogischen auch anderen wichtigen Vorteilen haben. Bürger*innen, Schulträger
und Gemeinden vor Ort benötigen von der Landesregierung erheblich mehr
Gestaltungsspielraum. Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche
Weg.
Längeres gemeinsames Lernen wird durch die Gemeinschaftsschule ermöglicht. Es
kann insbesondere auch durch Verbünde von Grundschulen mit anderen Schulen
realisiert werden, wobei alle Schulabschlüsse, vom Sekundarschulabschluss bis
zum Abitur, ermöglicht werden müssen. Ganztägiger Unterricht fördert gezielt
besondere Fähigkeiten, einschließlich musischer und sportlicher, gleicht
Schwächen aus und schließt Wissenslücken. Derartige Angebote wollen wir zum
Standard machen, sodass unsere Kinder von der Schule aus die ganze Welt erleben
können.
Auch die Wege zu den weiterführenden Schulen sind zu lang. Ein dichtes und
bedarfsgerechtes Netz von ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll entstehen und so
zu kurzen Schulwegen führen. Auch freie Schulen unterstützen wir bei der
Umwandlung in Gemeinschaftsschulen. Die Übergangsregelungen für
Ersatzschulträger sollen dazu entfallen. Zudem sind die im Ganztagsschulbetrieb
anfallenden zusätzlichen Personal- und Sachkosten für staatliche und auch für
freie Schulen durch das Land zu finanzieren.
Fördern statt Sitzenbleiben
Wir wollen in den Grundschulen eine flexible, kindgerechte, jahrgangsgemischte
Schuleingangsphase gestalten, die je nach Entwicklungsstand und
Lerngeschwindigkeit eines Kindes ein bis drei Jahre dauern kann. Mit gezieltem
Unterricht zum Schließen von Lücken soll das kostspielige und sinnlose
Sitzenbleiben abgelöst werden. Studien zeigen: Rückstellungen beim Schuleintritt
und Sitzenbleiben fördern die Lernentwicklung nicht, sondern legen den Kindern
weitere Steine in den Weg. Eine neue Lernkultur, die auf jedes Kind individuell
eingeht und das Lernen voneinander ermöglicht, soll die Leistungsstarken ebenso
wie die Leistungsschwachen fördern. Zu dieser Lernkultur gehört auch,
Leistungsbewertungen zu verändern. Noten sind nicht neutral und daher nicht zum
Leistungsvergleich geeignet. Daher setzen wir uns für neue Formen der
Leistungsbewertung ein. Auch soll der fächerübergreifende Unterricht mit fest
zugewiesenen Stunden im Stundenkontingent jeder Schulform verankert sein.
Fächerübergreifender Unterricht und damit das Aufbrechen der Fachgrenzen
befähigt Schülerinnen und Schüler zu mehr Selbstorganisation.
Der Umgang mit Kindern, die ohne Deutschkenntnisse an die Schulen kommen, muss
dringend professionalisiert werden. Die anfänglichen Sprachbarrieren wollen wir
mit individueller Förderung abbauen. Wir wollen, dass Arbeitsmaterialien in
deutscher Sprache und der Muttersprache sowie der anfängliche Einsatz von
Dolmetscher*innen finanziert werden.
Länger gemeinsam lernen
Um die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen und allen Kindern eine Bildungschance zu
geben, wollen wir das viel zu frühe Sortieren der Kinder nach der vierten Klasse
beenden, da dieses stark durch den sozialen Hintergrund bestimmt ist. Dazu
wollen wir das Angebot einer zehn- bis dreizehnjährigen gemeinsamen Lernzeit in
der Gemeinschaftsschule schaffen. Als Weg dorthin begreifen wir auch Verbünde
von Schulen. Dazu soll die Verordnung der Schulentwicklungsplanung so geändert
werden, dass an Gemeinschaftsschulen wirkliche gymnasiale Oberstufen entstehen
können. Wir wollen die Gemeinschaftsschule dauerhaft als attraktive zweite Säule
neben dem Gymnasium etablieren. Weiterhin fordern wir die Weiterentwicklung des
Gymnasiums zum ganztägigen Lernen, zu verbindlichem offenen Unterricht, zu
Inklusion und zur Arbeit mit multiprofessionellen Teams.
Der Zugang zu Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen. Deshalb
wollen wir Lernmittel ab der 1. Klasse sowie die Schüler*innenbeförderung bis
zum Ende der Schulzeit kostenfrei gewähren. Bildungsgerechtigkeit muss auch beim
Erwerb von Medienkompetenz hergestellt werden. Schwimmunterricht und
Fahrradtraining sind an allen Grundschulen zu realisieren. Für alle Kinder und
Jugendlichen wollen wir ein gesundes regionales Essen in Kitas, Horten und
Schulen anbieten, für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen soll dies
kostenlos sein.
Wir wollen einen für alle verpflichtenden Werteunterricht einführen.
Konfessionell gebundene und nichtreligiöse Kinder sollen gemeinsam über Werte,
Normen, Religionen und deren Ausprägung diskutieren. Dies sehen wir gerade in
einer zunehmend diversen Gesellschaft als nötig an. Zudem wird es immer
schwieriger, allen Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht
anzubieten, ohne dabei andere zu benachteiligen.
Schulautonomie entwickeln
Gute Schulen benötigen mehr eigene Gestaltungsspielräume. Jede Schule soll
unabhängig von ihrer Trägerschaft pro Schuljahr je Schüler*in einen festen
Finanzbeitrag erhalten. Damit soll die Schule selbstständig arbeiten können,
sofern sie sich im Gegenzug verpflichtet, allen Kindern einen unentgeltlichen
Zugang zu gewähren. Die Schulleitung soll mehr Verantwortung und Mitspracherecht
bei der Stellenbesetzung bekommen. Die Schulen bestimmen dann selbst über
Personen und pädagogische Konzepte und darüber, wie viel Geld in Lehrmittel oder
in Personal investiert wird. Gleichzeitig muss das pädagogische Personal von
Verwaltungsarbeit entlastet werden. Die Verantwortung der Schulleiter*innen
wächst. Sie müssen daher durch einen entsprechenden Aufbaustudiengang
unterstützt werden. Freie Schulen müssen allen Kindern unentgeltlich
offenstehen. Wir wollen unter dieser Bedingung die freien Schulen den
staatlichen Schulen finanziell gleichstellen und diese nicht mehr von
zusätzlichen EU- und Bundesmitteln ausschließen.
Schulen an sozialen Brennpunkten sollen zu Schwerpunktschulen entwickelt werden,
um ihre Herausforderungen besser zu meistern. Hier müssen Bedingungen geschaffen
werden, die eine ausgleichende Entwicklung ermöglichen. Dafür müssen ausreichend
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, z.B. eine überdurchschnittlich gute
Personal- und Sachmittelausstattung, für Sprachförderung, für das ganztägige
Lernen und für außerschulische Lernorte.
Inklusion ermöglichen
Wir erwarten die konsequente Umsetzung der zum 1. Januar 2009 in Kraft
getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie
führt zu einer schrittweisen Auflösung von Förderschulen. Die Förderangebote
sollen an allgemeinbildende Schulen verlagert werden. Inklusion im Unterricht
bereitet Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf besser auf ihr
Erwachsenenleben außerhalb des geschützten Lernortes Schule vor und verbessert
ihre Lebensqualität. Die Eltern von Kindern mit Förderbedarf wollen wir mit
besseren Informations- und Beratungsmöglichkeiten unterstützen. Gleichzeitig
sollen alle Kinder einen unbefangenen und rücksichtsvollen Umgang mit Menschen
mit Behinderung erlernen und erfahren. Bis zu dieser vollständigen Umgestaltung
wollen wir die Förderschulen unterstützen. Wir wollen sicherstellen, dass die
Lern- und Aufenthaltsbedingungen an auslaufenden Förderschulen angemessen sind
und jedes Kind optimale Förderung erfährt.
Bei der Einführung von Schulkonzepten mit Inklusion wollen wir die Schulen nicht
allein lassen. Unterricht mit Inklusion erfordert gute Vorbereitung. Die
Betreuung an den allgemeinbildenden Schulen muss mit mehr gut qualifiziertem und
sensibilisiertem Personal erfolgen. Die für die Förderschulen bisher
aufgewendeten Finanzmittel und Personalstellen wollen wir dafür umverteilen. Die
baulichen, sächlichen und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen für den
Schulbesuch mit Inklusion sind an vielen Orten noch zu schaffen. An den
Grundschulen muss es mehr inklusive Horte geben, die von Schüler*innen mit und
ohne Behinderung gemeinsam besucht werden können. Es ist zu prüfen, in welchen
Fällen spezialisierte Förderklassen an Regelschulen für besonders schwere
Behinderungen sinnvoll sind. An allen allgemeinbildenden und berufsbildenden
Schulen sollen solche Förderschulklassen angegliedert werden können.
Demokratie lernen, Gemeinsinn stärken
Schule ist der zentrale Ort in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Hier
entwickeln sie eine Vorstellung von Demokratie, lernen den fairen Umgang
miteinander, erfahren von Toleranz, Kompromissen und Regeln. Damit Schüler*innen
ein starkes demokratisches Bewusstsein entwickeln, müssen fünf Voraussetzungen
gegeben sein: Anerkennung der individuellen Persönlichkeit, Beteiligung an
Organisation von Schulveranstaltungen und Gestaltung von Unterricht, gelebte
Demokratie im Schulalltag sowie vielfältiger Sozialkundeunterricht. Letzterer
sollte bereits ab der 5. Klasse beginnen. Denn Sozialkundeunterricht soll die
persönlich-politische Meinungsbildung stärken. Dazu müssen Material- und
Schulungsangebote sowie Bildungspläne angepasst werden, in denen die Europäische
Union ein Querschnittsthema darstellen soll. In den Lehrplänen soll die deutsche
Kolonial- und Migrationsgeschichte sowie deren eurozentristische Perspektive
aufgearbeitet werden. Auch in der Landeszentrale für politische Bildung soll die
europäische Dimension eine größere Bedeutung erhalten.
Jungen Menschen muss freiwilliges gesellschaftliches Engagement außerhalb der
Schule ermöglicht werden. Wir prüfen Freistellungsmöglichkeiten und wollen
entsprechende Angebote fördern. Das Engagement in der Schülervertretungsarbeit
soll gefördert werden. Fehlzeiten, die in Zusammenhang mit der
Schülervertretungsarbeit entstehen, sollen nicht mehr auf dem Zeugnis angezeigt
werden.
Das Demokratieverständnis und den Gemeinsinn an Schulen wollen wir stärken,
indem wir mehr einfache und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten schaffen
wollen. Dazu gehört eine gleichberechtigte Teilnahme von Eltern, Schüler*innen,
Lehrer*innen sowie eine Mitwirkung der sonstigen Angestellten (Drittelparität-
Plus) in der Schulkonferenz. Weiterhin ist uns wichtig, das soziale Miteinander
zu stärken, Streitschlichtungsgruppen in den Schulen aufzubauen und die Anti-
Gewalt-Arbeit fortzuführen. Dazu gehört auch eine aktive Arbeit gegen Sexismus,
Trans- und Homophobie sowie Rassismus. Wir fordern zudem die Möglichkeit, auch
einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt im Abitur auf erhöhtem
Anforderungsniveau zu belegen.
Wir wollen die Schulen weit stärker dazu anregen und ausstatten, für alle
Schüler*innen ein Ort ohne Diskriminierung, Sexismus, Schikanieren und
Gewalterfahrung zu sein. Mobbing ist eine leidvolle Erfahrung für viele
Schüler*innen, die nicht mit dem Schulklingeln endet. Sie setzt sich digital
auch in der Freizeit fort. Dauerhafte psychische Erkrankungen, Schulverweigerung
bis hin zu Selbstmord können Folgen von Mobbing sein. An allen Schulen müssen
daher demokratiepädagogische Konzepte, Anti-Mobbing-Projekte sowie Programme zur
Gewalt- und Suchtprävention ermöglicht werden. Damit sollen Kinder und
Jugendliche soziale, ethische und demokratische Kompetenzen zur
Persönlichkeitsbildung sowie zur gewaltfreien Kommunikation und gendersensiblen
Sprache erwerben. Dabei müssen kulturelle Vielfalt, Geschlechtervielfalt sowie
sexuelle Orientierungen berücksichtigt und queere Peer-to-Peer-
Schulaufklärungsarbeit nach dem Vorbild der SCHLAU-Gruppen in NRW und
Niedersachsen ausgebaut werden. Sanitär- und Umkleideorte müssen sichere Orte
für trans*-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Schüler*innen sein.
Wir wollen einen landesweiten "Anti-Mobbing-Tag" ins Leben rufen, wie im Kapitel
„Kinder und Jugendliche“ beschrieben. Weiterhin sollen
Antidiskriminierungsrichtlinien für Schulen erarbeitet Wir unterstützen das
deutschlandweite Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".
Schulsozialarbeit ausbauen
Schulsozialarbeit und damit die Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe muss ein
fester Bestandteil von Schule werden. Wir wollen ein unbefristetes
Landesprogramm Schulsozialarbeit unter kommunaler Beteiligung und Steuerung. Die
Finanzierung des Landesprogrammes muss das Land Sachsen-Anhalt übernehmen.
Die Schulsozialarbeit muss an allen Schulen und Schulformen ausgebaut werden,
deshalb wollen wir den Erhalt der vierzehn regionalen Netzwerkstellen und der
landesweiten Koordinierungsstelle für Schulsozialarbeit. Dazu gehört auch die
regelmäßige Evaluation und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit. Um einen
besseren Informationsstand für soziale Probleme zu erreichen, wollen wir nach
Hamburger Vorbild einen Sozialindex für unsere Schulen erheben. Die
sozialpädagogische Kompetenz muss stärker in multiprofessionelle Teams in den
Schulen eingebunden werden. Ein Mitspracherecht der Schulsozialarbeiter*innen in
der Selbstverwaltung der Schulen, der Schulkonferenz, ist zu schaffen.
In Umwelt- und Lebensfragen (weiter)bilden
Unsere Umwelt bestimmt unsere Zukunft. Kinder und Jugendliche müssen für
wissenschaftliche und politische Fragen altersgerecht sensibilisiert werden. Zu
den Themen gehören Klima- und Umweltschutz, Naturschutz, Kulturlandschaften,
fairer Handel, Globalisierung, Nachhaltigkeit, Ernährung und
Verbraucher*innenschutz und Verkehrserziehung. Sachsen-Anhalt braucht ein
inhaltlich neues Lehrplan- und Bildungskonzept, das Zusammenhänge der
Lebenswissenschaften stärker in den Mittelpunkt stellt und erfahrbar macht.
Diese Umweltthemen im weitesten Sinne sind durch Unterricht zu
fächerübergreifenden Lernfeldern, insbesondere der Fächer Biologie, Chemie,
Sozialkunde und Ethik, stärker zu berücksichtigen. Die Ökoschulen,
Umweltbildungszentren und Ökologiestationen des Landes Sachsen-Anhalt leisten
einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung.
Wir wollen die die stringente Umsetzung der Empfehlungen und Zielvorgaben des
„nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Diese müssen in
politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Bildungsbereiche sowie in
möglichst allen Förderprogrammen des Landes verankert werden. Dazu wollen wir
geeignete Strukturen fördern und etablieren, etwa eine landesweite
Koordinierungsstelle zum Austausch der Akteur*innen und zur Qualitätssicherung.
Sachsen-Anhalt braucht dafür eine landesweite Internetplattform. Die Fridays-
for-Future-Bewegung, die Ergebnisse des Jugendklimagipfels sowie künftige
Entwicklungen müssen in den Schulen stärker thematisiert werden.
Homo- und Trans*-phobie sowie Geschlechterstereotypen von
Anfang an entgegentreten
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle
Orientierungen und geschlechtliche IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche
Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und
außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der
eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen IdentitätGenderidentität. Jugendlichen muss ein
Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
befürchten. Dazu wollen wir LSBTIQ*-Ansprechpersonen an den Schulen etablieren.
Sexuelle, geschlechtliche und gender- Vielfalt wollen wir zu einem festen
Bestandteil der Erzieher*innen- Ausbildung machen. Die Aus- und Fortbildungen
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend
so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle,
geschlechtliche und gender- IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu
vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
erkennen und diesen entgegenzuwirken. Wir werden einen Bildungsplan mit
Maßnahmen für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ* auf den Weg bringen.
Alle Lehrmittel müssen entsprechend geeignet sein und die reale Vielfalt
fächerübergreifend umfassend darstellen.
Digitale Lehrmittel und ihre Didaktik auf den Weg bringen
Der kompetente Einsatz und Ausbau von digitalen Techniken (E-Learning) muss
angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie forciert und flächendeckend
vorangebracht werden. Die notwendigen Voraussetzungen an Hardware und Software
müssen geschaffen werden. Daneben soll auch der didaktisch sinnvolle Einsatz
dieser Lehrmittel durch umfangreiche Fortbildung und Beratung sowie
entsprechende Schulungen in der Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Der
Zugang der Schüler*innen zum digitalen Lernen darf nicht mehr von den
Möglichkeiten, die die Eltern bieten können, abhängig sein. Wichtig ist auch,
eine funktionierende, datensichere Programm-Plattform auf Landesebene zu
erstellen. Diese sollte Instrumente zur interaktiven Unterrichtsgestaltung und
für Teleunterricht enthalten.
Für die Schulen wollen wir gezielte Beratung und Unterstützung bei der
Medienentwicklungsplanung und bei der Beantragung von Projektmitteln schaffen.
Die Mittel des Digital-Pakts müssen transparent und zügig vergeben werden. Im
Bildungsausschuss soll halbjährlich über den regionalspezifischen
Umsetzungsfortschritt von Investitionen im Bereich Digitalisierung berichtet
werden. Dabei sollen der durch die Kommunen zu leistende Support sowie die
Erfahrungen mit BYOD- („bring your own device“, also Nutzung von eigenen
Geräten) Endgeräten Berücksichtigung finden. Bei Beschaffungen soll, wo immer es
möglich ist, auf modularisierte Geräte, die länger haltbar sind, zurückgegriffen
werden.
Die Medienbildung wollen wir verpflichtend in Studium und Referendariat der
Lehrkräfte verankern. Dies gilt sowohl für die Einbeziehung der Fachdidaktiken,
der Fachseminare sowie der allgemeinen Bildungswissenschaften. Medienbildung
muss in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften als ein verbindlicher und
kontinuierlicher Prozess angesehen werden. Dafür müssen dauerhaft ausreichende
finanzielle und zeitliche Kapazitäten zur Verfügung stehen. Weiterhin wollen wir
den Ausbau der Medienscout-Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die dann
ihre Mitschüler*innen bei der qualifizierten Mediennutzung unterstützen,
fördern.
Europa ins Klassenzimmer bringen
Wir wollen gemeinsam mit den Trägern politischer Bildung die Bildungsarbeit in
Sachsen-Anhalt europäisieren. Europapolitische Bildungsprogramme sollen
verbindlicher Teil der Lehrpläne aller Schultypen sowie von Lehrveranstaltungen
an Volkshochschulen und Hochschulen werden. Um unsere Schüler*innen fit für die
Zukunft zu machen, müssen Europakompetenzen im Unterricht stärker vermittelt
werden. Dazu gehört der sequenzielle bilinguale Unterricht. Den
„Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sowie das Weltaktionsprogramm für
nachhaltige Entwicklung (WAP BNE) wollen wir in Schulen und
Bildungseinrichtungen umsetzen.
Wir ermutigen Schulen dazu, Europaschulen zu werden. Außerdem wollen wir EU-
Jugend- und Austauschprogramme weiter ausbauen. Jede*r Schüler*in muss
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die Möglichkeit haben, in seiner*ihrer
Schullaufbahn Europa im Rahmen eines Kultur- oder Bildungsprojekts außerhalb von
Deutschland zu erleben.
Dem Lehrkräftemangel entgegentreten
Der Mangel an Lehrer*innen ist unübersehbar. Der Unterrichtsausfall an allen
Schulformen nimmt dramatisch zu. Die Beseitigung des Mangels erfordert
erhebliche Anstrengungen. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten massiv
erweitern, um den Beruf attraktiver gestalten zu können. Wir haben in der
Landesregierung zuletzt Einiges in die Wege geleitet, aber wir müssen unsere
Anstrengungen noch erhöhen. Kürzung der Stundentafeln lehnen wir ab. Die Zahl
der Lehramtsstudienplätze im Land soll unter Berücksichtigung der Bedarfe je
nach Fächern und Schulformen weiter erhöht werden. Dies gilt insbesondere für
Studiengänge mit einem Masterabschluss, die sowohl in das Lehramt als auch in
andere Berufsfelder führen. Sie sind ein brauchbares Instrument, um auf
Änderungen des Bedarfs nachhaltig zu reagieren. Die Ausbildungskapazitäten in
den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch in allen Schulformen stehen
dabei im Mittelpunkt.
Es sollen mehr Pädagog*innen mit einem Förderschwerpunkt als zweitem Fach
ausgebildet und Lehrer*innen sowie pädagogische Fachkräfte der Schulen
entsprechend fort- oder weitergebildet werden. Es soll auch mehr
Schulpsycholog*innen geben, um die multiprofessionellen Teams an Schulen zu
unterstützen und den vielfältigen Herausforderungen des Schulalltags
professioneller begegnen zu können. Wir fordern eine Stärkung der allgemein-
pädagogischen und fachdidaktischen Inhalte der Lehramtsausbildung, um künftige
Lehrerinnen und Lehrer besser auf die praktische Vermittlung von Wissen und
dabei auftretende Herausforderungen vorzubereiten.
Ein wichtiges und notwendiges Mittel gegen den Mangel an Lehrer*innen sind
Seiten- und Quereinsteiger*innen. Dies sind Lehrkräfte, die kein Lehramt
studiert haben, aber einen für das Lehramt fachlich geeigneten Studienabschluss
nachweisen können. Quereinsteiger*innen sollen nach einer Vorbereitung in das
Referendariat aufgenommen werden. Seiteneinsteiger*innen sollen nach einem
kurzen Vorbereitungskurs früher an die Schulen kommen. Sie benötigen eine
pädagogische und fachdidaktische Weiterqualifikation und ein eventuell zweites
Unterrichtsfach. Für Seiteneinsteiger*innen muss eine berufsbegleitende
universitäre Weiterqualifizierungsmöglichkeit in Kooperation mit den
landeseigenen Universitäten verbindlich geregelt und zügig umgesetzt werden.
Seiteneinsteiger*innen sollen über eine berufsbegleitende universitäre
Weiterqualifizierung die fachliche, pädagogische und formale Gleichstellung mit
den grundständig ausgebildeten Lehrkräften erreichen können. Durch ein Senior-
Lehrkräfte-Programm wollen wir sie im Schulalltag besser unterstützen. Senior-
Lehrkräfte sollen auch für die Begleitung der verpflichtenden Schulpraktika von
Lehramtsstudierenden gewonnen werden. Die Beratung sowie die
Genehmigungsverfahren zum Seiteneinstieg müssen stetig verbessert und
beschleunigt werden. Besonders das Verfahren für freie Schulträger, muss
vereinfacht werden und gebührenfrei sein. Hier soll die jeweilige
Schulleitung/Geschäftsführung diese Entscheidung in eigener Kompetenz treffen
können, wobei dem Landesschulamt dann die stichprobenhafte Überprüfung zur
Eignung der eingesetzten Lehrkräfte obliegt. Für den wechselseitigen Austausch
und um voneinander zu lernen, soll es Veranstaltungsformate geben, in denen
anfängliche Schwierigkeiten und Lösungsstrategien im neuen Beruf thematisiert
und zur Weiterentwicklung im beruflichen Selbstverständnis genutzt werden
können. Diese Erfahrungen sollt insbesondere zur Weiterentwicklung von Schule
durch das Landesinstitut für Schulentwicklung organisiert und begleitet werden.
Wir wollen, dass Seiten- und Quereinsteiger*innen mit einem Masterabschluss in
die Stufe E13 der Entgelttabelle als Einstiegsgehalt eingruppiert werden.
Lehrer*innen mit ausländischen Abschlüssen wollen wir den Weg ins Lehramt in
Sachsen-Anhalt erleichtern.
Die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte müssen verbessert werden. Wir wollen
deshalb die Einführung von Arbeitszeitkonten auf den Weg bringen. Alle
geleisteten Überstunden an Schulen sollen mit mindestens dem regulären
Stundensatz einer Unterrichtsstunde bezahlt werden. Dabei sollen Lehrkräfte frei
entscheiden können, ob sie Mehrarbeit vergütet bekommen oder ob sie diese
langfristig in Freizeit umwandeln wollen. Angeordnete Mehrarbeit soll bei
maximal zwei Unterrichtsstunden gedeckelt werden. Wir wollen die geltenden
Regelungen zu Abminderungsstunden in der Qualifikationsphase beibehalten.
Ein Konzept zur Rücknahme der Maßnahmen zur angeblichen Effizienzsteigerung,
insbesondere in der flexiblen Schuleingangsphase an den Grundschulen, muss
entwickelt und vorgelegt werden, um langfristig einen guten Personalschlüssel
sicherzustellen. Lehrkräfte sollen an allen Schulformen das Gleiche verdienen.
Deshalb sollen auch Grundschullehrkräfte nach Entgelttabelle E13/A13 bezahlt
werden. Wir schlagen dafür einen mehrstufigen Plan vor, um die Gehälter
sukzessive anzugleichen. Wir wollen ein Modellprojekt ins Leben rufen, das es
befristet möglich macht, die nicht besetzten Stellen in ein Budget umzuwandeln,
das den Schulen zur Verfügung gestellt wird. Damit können individuelle Lösungen
vor Ort für die Entlastung von Lehrkräften oder ergänzende Angebote zum
Unterricht realisiert werden.
Jede staatlich und jede freie Schule soll so die Möglichkeit bekommen,
besonderes Engagement von Lehrkräften zu würdigen. Für die gezielte
Wertschätzung von Lehrkräften soll ein Budget im Landeshaushalt eingerichtet
werden. Würde man zwei Euro pro Schüler*in in Sachsen-Anhalt veranschlagen, käme
man auf knapp 400.000 Euro.
Berufliche Ausbildung für alle
Eine gute Zukunftschance für alle Jugendlichen ist ein Gebot der Gerechtigkeit
und unserer Solidarität. Sachsen-Anhalt leidet unter einem Fachkräftemangel,
verstärkt durch demografischen Wandel. Wichtig ist daher, allen jungen Menschen
berufliche Orientierung und Zugang zu vielfältigen praktischen Erfahrungen in
der Berufswelt zu ermöglichen. Um die verbindliche Berufsorientierung zu
verbessern, soll die Berufsorientierung durch vielfältige Zugänge wie Praktika
oder Berufsorientierungstage in allen Schulformen ab der fünften Klassenstufe
angeboten werden - in Gymnasien gleichberechtigt neben der Studienorientierung.
Zudem gilt es die MINT-Fächer im Fächerkanon zu stärken, insbesondere mehr
Schülerinnen für technische Berufe zu begeistern.
Für uns ist eine berufliche Ausbildung genauso wertvoll wie ein Studium. Wir
wollen daran mitwirken, den Ruf der Ausbildung aufzuwerten und den europäischen
Qualifikationsrahmen mit Leben zu füllen. Dies soll sich auch in der Vergütung
von allen Ausbildungen zeigen, indem sie unentgeltlich sind und besser entlohnt
werden. Besonderes Augenmerk soll hier auf Ausbildungsberufe wie Pflegekräfte,
medizinisches Personal, Erzieher*innen gelegt werden. Verantwortungsvolle Berufe
müssen auch entsprechend finanziell gewürdigt werden und für junge Menschen
attraktiv sein zu erlernen.
Besondere Herausforderungen sind der Mangel an Lehrkräften an berufsbildenden
Schulen sowie die viel zu hohe Zahl an Jugendlichen, die die Schule ohne
Abschluss beenden. Im Jahr 2018 waren dies laut einer Caritas-Studie in Sachsen-
Anhalt 11,4 Prozent aller Schüler*innen. Besonders betroffen sind Schüler*innen,
die ohne deutsche Sprachkenntnisse in die Schule kommen und oft auf Grund von
Sprachbarrieren den Hauptschulabschluss nicht schaffen. Eine zweite Chance gibt
es im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Hier werden an etwa 20 Standorten in
Sachsen-Anhalt berufsvorbereitende Kompetenzen und Allgemeinbildung vermittelt.
Durch die Teilnahme an einem Kolloquium am Ende des BVJ kann dann ein
Schulabschluss nachgeholt werden. Den durch die sehr heterogene
Schüler*innenschaft bedingten Herausforderungen müssen wir gezielt mit einer
umfassenden Willkommens- und Ankommenskultur begegnen. Dafür wollen wir
ausländische Abschlüsse schneller und kostengünstiger anerkennen und prüfen, wie
der Zugang zu Ausbildungen noch weiter erleichtert werden kann.
Beratungsstrukturen für migrantische Arbeitskräfte, wie beispielsweise das EU-
geförderte Landesprojekt BemA müssen fortgeführt werden.
Es darf niemand abgehängt oder aufgegeben werden. Wenn Unterstützung hilft, dann
wollen wir sie ermöglichen. Wir setzen uns deshalb auch für die Beibehaltung der
Einstiegsqualifizierung (Plus) und der assistierten Ausbildung der Agenturen für
Arbeit ein. Die Notwendigkeit eines Landesprogrammes zur
Ausbildungsplatzgarantie soll geprüft und wenn nötig umgesetzt werden, denn
Ausbildung ist ein Recht für alle, unabhängig von demografischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen.
Kleine und mittlere Betriebe und Unternehmen benötigen Unterstützung bei der
Ausbildung. In der Corona-Pandemie war es nicht allen Unternehmen möglich, ihre
Auszubildendenplätze zu erhalten. Gemeinsam mit den Unternehmen wollen wir Wege
suchen, ihre Ausbildungsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, um dadurch
jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Gemeinsame Kooperation in
Verbundausbildungen, bei der die Ausbildungsinhalte zusammen mit den Kammern in
Modulen organisiert werden, ist ein vielversprechender Ansatz. Wir wollen allen
jungen Menschen durch individuelle sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung und
Coaches zu einer erfolgreichen beruflichen Ausbildung verhelfen. Die
Unterstützungsangebote müssen unbürokratisch und für Jugendliche erreichbar
sein.
Wir wollen Auszubildendenwohnheime analog zu Studierendenwohnheime an Standorten
schulischer beruflicher Bildung stützen, um noch mehr Auszubildenden die
wohnortnahe Ausbildung zu ermöglichen. Die Möglichkeit, mittels des
Erasmusprogramms die Ausbildung teilweise in einem anderen EU-Staat zu
absolvieren, wollen wir bekannter machen. Im Bereich der fachschulischen
Ausbildung wollen wir eine generelle Schulgeldfreiheit realisieren. Im Bereich
der Gesundheitsberufe ist dies seit langem überfällig und schnellstmöglich
umzusetzen.
Die Humboldt’sche Universität im 21. Jahrhundert etablieren
Das fruchtbare Zusammenspiel von Forschung und Lehre, die Freiheit der
Wissenschaft von politischen Zwängen und Hochschulen als Orte des
gleichberechtigten, kritischen Diskurses unter Studierenden und Lehrenden sind
die Richtschnur unserer Hochschulpolitik. Im 21. Jahrhundert gehören hierzu auch
das Streben nach guten Arbeitsbedingungen, verlässlichen Karrierewegen,
Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit und die fortschreitende
Internationalisierung von Studiengängen.
Hochschulbildung muss neu gedacht werden, und zwar unter gleichberechtigter
Beteiligung von Studierenden, Professor*innen, wissenschaftlichem Mittelbau und
allen anderen Mitarbeiter*innen. Das Mandat dieser vier beteiligten
Statusgruppen ist gegenüber den Hochschulleitungen und dem Land zu stärken. Ein
ausgewogenes Modell zur Viertelparität der Statusgruppen in der akademischen
Selbstverwaltung war im Entwurf des neuen Hochschulgesetzes schon weit
entwickelt, konnte aber letztlich nicht durchgesetzt werden. Wir halten an der
Forderung weiter fest. Auch soll die Universitätsleitung durch ein von
Studierenden besetztes Prorektorat ergänzt werden. Weiterhin muss der kompetente
Umgang mit Genderfragen und Diversität, insbesondere bei Führungskräften,
stärker im Hochschulalltag praktiziert werden.
Drittmittel für Universitäten sind keine grundsätzlich abzulehnende
Finanzierungquelle. Aber die Wissenschaft nimmt derzeit massiven Schaden durch
eine zu große Abhängigkeit von Drittmittelprojekten. Diese sind in erheblichem
Umfang politisch oder anderweitig fremd gesteuert. Sie verursachen vor allem
einen erheblichen Zeitaufwand für Antragsteller*innen und
Projektbearbeiter*innen, der für deren wissenschaftliche Arbeit verloren geht.
Neben einer verbesserten Grundfinanzierung wollen wir in Sachsen-Anhalt ein
Modell zur befristeten Mittelzuweisung entwickeln. Bei diesem werden Gelder
jeweils aufgrund der bereits erbrachten und nicht der geplanten
wissenschaftlichen Leistungen bewilligt, da innovative Forschung nicht immer
planbar ist. Die Mittel sollen nicht an die Verwendung in einer bestimmten
Einrichtung gebunden sein. Den Wissenschaftler*innen wird die Möglichkeit
gegeben, sich selbstständig zu Forschungsgruppen oder Instituten zusammen zu
tun, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten.
Wenn die Anzahl von Publikationen und anderer einfacher Zahlenindikatoren bei
wichtigen Entscheidungen unreflektiert verwendet wird, schadet es der
Wissenschaft. Wir wollen stattdessen alle Maßnahmen unterstützen, die die
Qualität von wissenschaftlichen Leistungen bei Beurteilungen und Entscheidungen
in den Mittelpunkt stellen.
In Lehre und Forschung investieren
Leistungsfähige und international ausgerichtete Hochschulen sind zentrale
Pfeiler der Zukunftspolitik für Sachsen-Anhalt, in die wir investieren wollen.
Die Hochschulen sind hierzulande immer noch unterfinanziert, auch wenn wir die
Kürzungspolitik der Vergangenheit beendet haben. Um die Freiheit von Lehre und
Forschung zu gewährleisten, ist eine angemessene Grundfinanzierung der
Hochschulen zu sichern. Insgesamt ist eine solide Grundausstattung der
Hochschulen des Landes eine wichtige Voraussetzung für deren nationale und
internationale Konkurrenzfähigkeit. Die Stellenpläne der Universitäten sollen
abgeschafft werden.
Studiengebühren lehnen wir ab. Die Langzeitstudiengebühren wurden abgeschafft,
jetzt müssen auch die Zweitstudiengebühren bei beruflicher Umorientierung
entfallen. Die Möglichkeiten zum Teilzeitstudium für alle, zum Beispiel für
Studierende mit Kindern oder mit teilweiser Berufstätigkeit, wollen wir weiter
ausbauen.
Die Hochschulen müssen den Weg zu einem erfolgreichen Hochschulstudium eröffnen.
Dafür braucht es flexible Angebote zur Qualifizierung aller Menschen. Dies gilt
auch für Menschen ohne Abitur, für Menschen mit Behinderungen sowie für Menschen
mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und aus unterschiedlichen
Herkunftsländern gleichermaßen.
Die prekären Beschäftigungsverhältnisse an unseren Hochschulen wollen wir
beenden. Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht international konkurrenzfähige
Karrierepfade, zum Beispiel mit mehr Tenure-Track-Professuren und mehr
unbefristeten Stellen. Grundlagen hierzu wurden in der laufenden Wahlperiode
gelegt. Wir wollen das Konzept weiter ausbauen. In den forschungsstarken
Bereichen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Stellen für die
wissenschaftliche Weiterqualifikation und für unbefristeten Mittelbau geschaffen
werden.
Wir wollen das Hochschulmedizingesetz endlich modernisieren. Es braucht unter
anderem eine rechtliche Klarstellung, um die wirtschaftliche Betätigung der
Universitätsklinika zu ermöglichen und die Verankerung von Gleichstellung wie im
Hochschulgesetz.
Wegen der langen Ausbildungszeiten fordern wir, dass für Psychotherapeut*innen
die Ausbildung nach altem Recht noch bis zum Jahr 2032 angeboten wird. Genauso
setzen wir uns dafür ein, dass das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe die
Prüfungen nach altem Recht großzügig bis zum Jahr 2035 gewährt. Für den neuen
Direktstudiengang Psychotherapie in Magdeburg sollen die sich ergänzenden
Kapazitäten an beiden Hochschulen kooperativ genutzt werden.
Wir wollen mehr Berufungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördern und
künftig in den Zielvereinbarungen verankern. Dies gilt zum Beispiel für
Forschung zu Bio-Landwirtschaft, Radverkehr sowie Queer Studies und
Genderstudies.
Gute Lehre fördern
Wir wollen ein selbstbestimmtes Studium und dafür die derzeitig gängige Praxis
der Massenabfertigung überwinden. Auch die Verschulung und Bürokratisierung in
den Bachelor- und Masterstudiengängen, die durch den Bologna-Prozess entstanden
ist, sollen Vergangenheit werden. Zu einem umfassenden Bildungsverständnis
gehört Zeit für gesellschaftliches Engagement, die in den Studienordnungen
Eingang finden muss. Darum wollen wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass
Zeit für ehrenamtliches Engagement in den BAföG-Richtlinien ermöglicht wird. Die
Hochschulen müssen außerdem in ausreichender Zahl Studienplätze für das
Masterstudium zur Verfügung stellen und Studiengänge für die Lehrämter und
Erzieher*innen modernisieren.
Der Beruf der Lehrer*innen wird anspruchsvoller und vielfältiger. Der Umgang mit
zunehmend heterogenen und inklusiven Lerngruppen stellt eine Herausforderung an
die Ausstattung der Schulen, aber auch an die Ausbildung der Lehrer*innen dar.
Notwendig ist, die pädagogischen, didaktischen und psychologischen Anteile im
Studium und im Referendariat zu erhöhen. Diese sollen gleichgewichtig neben der
fachlichen Ausbildung stehen. Auch fächerübergreifender Unterricht muss ein
stärkeres Gewicht bekommen. Kompetenzentwicklung zu gelebter Demokratie,
verstärktem Umweltbewusstsein, gelingender Inklusion, interkulturellem
Miteinander und Deutsch als Zweitsprache skizzieren die Eckpunkte einer
zukunftsorientierten Ausbildung in Studium und Referendariat sowie der Fort- und
Weiterbildung von Lehrkräften. Besonders wichtig ist die Schulung des
produktiven Umgangs mit heterogenen Lerngruppen und kultureller Diversität. Dies
gilt insbesondere hinsichtlich berufsbildender Schulen, die das
Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zum Nachholen eines anerkannten Schulabschlusses
anbieten.
Die Lehramtsstudiengänge müssen sich zukünftig am Alter der Schüler*innen, somit
an den entwicklungspsychologischen und didaktischen Unterschieden, und nicht
mehr an den Schulformen orientieren. Daraus resultiert das Studium des Lehramts
an Grundschulen sowie der Sekundarstufen I und II. Die Lehramtsstudiengänge
sollen mit einer gemeinsamen Studieneingangsphase beginnen. Für alle
Beschäftigten muss es zertifizierte Fortbildungen geben, die es ihnen erlauben,
sich den wandelnden Anforderungen kompetent zu stellen. Europakompetenzen müssen
ins Lehramtsstudium geeigneter Fächer integriert werden. Sie sollen auch in
Weiterbildungsangeboten verstärkt angeboten werden. Die Erweiterung der
Lehrkräfteausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen um das Fach
Englisch wollen wir unterstützen.
Um gerade Jungen in Kindergarten und Grundschule die Identifikation mit
männlichen Vorbildern zu ermöglichen, unterstützen wir alle Maßnahmen, die das
Ziel haben, den Männeranteil im Erzieher- und Grundschullehrberuf deutlich
anzuheben.
Nachhaltig forschen
Wissenschaft und Forschung zu Nachhaltigkeit wollen wir in Sachsen-Anhalt als
eine zentrale Leitidee zukünftiger Hochschulentwicklung fest verankern. Hierzu
benötigen wir konkurrenzfähige Förderprogramme und thematische Schwerpunkte
unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen und ökologischen Lebensweise.
Sachsen-Anhalt soll seine Spitzenposition bei den Erneuerbaren Energien
behalten. Hierbei messen wir der Forschung zu Speichertechniken und
intelligenten Stromnetzen eine besondere Bedeutung zu. Das wird sich langfristig
für unser Land rechnen. Gleichzeitig sollen die Hochschulen selbst die netto
CO2-Neutralität bis 2030 erreichen. Dafür sollen sie 100 Prozent Erneuerbare
Energien für die Stromversorgung nutzen, bessere Gebäudedämmung und ein
Umweltmanagementsystem (EMAS) einsetzen.
Dem Tierschutz in der Forschung messen wir große Bedeutung zu. Die
Gewissensfreiheit der Studierenden muss gewahrt bleiben. Niemand sollte gegen
sein Gewissen gezwungen werden, Tiere zu sezieren. Darum wollen wir, die Pflicht
zum Sezieren von Tieren in der gesamten Ausbildung dort abschaffen, wo es nicht
unbedingt notwendig ist.
Das öffentliche Erkenntnisinteresse muss erheblich sein, um den Einsatz von
Labortieren in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Diese Versuchstiere müssen
nachweisbar artgerecht gehalten werden. Die Entwicklung von Alternativverfahren
müssen stärker gefördert sowie Ersatzmethoden schneller anerkannt werden.
Deshalb setzen wir uns für eine, bestenfalls bundesweite, Datenbank für alle
bisher bekannten Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen ein.
Gute Wissenschaft benötigt die Unabhängigkeit der Forschung an den Hochschulen,
deshalb wollen wir, dass Kooperationen mit Unternehmen transparent gestaltet
werden müssen.
Nachhaltigkeit auch in Betrieb, Lehre und Governance
Die Einführung von Nachhaltigkeitsbüros und Green-Offices hat sich auch in
Sachsen-Anhalt bewährt. An allen Hochschulen und an einigen Forschungsinstituten
gibt es Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit, gefördert/gefordert durch
Studierende, Mitarbeitende, Lehrende und teilweise durch die Hochschulleitungen.
Diese Bestrebungen sollen gebündelt und weiter personell und strukturell
unterstützt werden. Deshalb müssen an allen Hochschulen
Nachhaltigkeitsbeauftragte benannt und möglichst überall Nachhaltigkeitsbüros
mit personeller Struktur geschaffen werden. Im Ministerium für Wissenschaft,
Wirtschaft und Digitalisierung soll hierfür eine Koordinierungs- und
Beratungsstelle geschaffen werden. Sie soll die Hochschulen und
Forschungsinstitute sowie ihre Mitglieder und Leitungen zur Implementierung von
nachhaltiger Entwicklung in Betrieb, Governance, Lehre und Forschung beraten.
Diese Koordinierungs- und Beratungsstelle soll fester Bestandteil des
landesweiten Netzwerks für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sein.
MINT-Bildung stärken
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) sind entscheidende
Fächer und Kompetenzen für zukünftige Arbeitsmärkte. Schulen und Hochschulen mit
mehr MINT-Absolvent*innen sind ein entscheidender Standortvorteil für Sachsen-
Anhalt. Die schulische Didaktik hängt hier jedoch weit den Anforderungen der
Wissenschaft und Wirtschaft hinterher. Deswegen wollen wir im Rahmen des
Strukturwandels im ehemaligen Kohlerevier ein neu zu gründendes angewandtes
MINT-Schuldidaktik-Institut, in Anlehnung an außeruniversitäre
Forschungsinstitute, etablieren. An diesem sollen Lehrer*innen, Erzieher*innen
und Wissenschaftler*innen neue Formen der Vermittlung von MINT-Wissen in
Kooperation mit Unternehmen erforschen, an Schulen einsetzen und anschließend
evaluieren. Mithilfe erfolgreicher Vermittlungsformen kann so eine
Breitenqualifikation von Lehrkräften erfolgen.
Weiterhin sollen Studierende sowohl in Vorkursen als auch während des Studiums
im MINT-Bereich stärker praktisch aktiv werden können. Hierzu können Maker-Labs
und Kurse in nützlichen Grundfertigkeiten wie Schweißen, Löten, Reparieren oder
Programmieren zum Einsatz kommen. Diese können durch Repair-Cafés, Netz-Cafés
und freie Werkstätten auf dem Campus ergänzt werden. Derartige Einrichtungen und
studentische Eigeninitiative wollen wir auf Landesebene fördern und von den
Hochschulen in den Zielvereinbarungen einfordern. Darüber hinaus sollten die
Studierenden während ihres Studiums mehr Möglichkeiten haben, zum Betrieb der
Hochschule mit eigenen Projekten und Abschlussarbeiten beizutragen. So kann
beispielsweise eine campuseigene Photovoltaikanlage geplant, die Mensa
energetisch optimiert oder eine Campus-App programmiert werden. Dadurch wird der
Campus selbst zum Experimentierfeld.
Mehr Frauenpower für die Wissenschaft
Die Gesamtzahl der weiblichen und männlichen Studierenden ist durchschnittlich
ausgeglichen. Auch bis zur Promotion liegt diese Verteilung nahezu bei jeweils
50 Prozent. Auf den folgenden Karrierestufen und in Führungspositionen nimmt der
Anteil der Frauen jedoch weiterhin deutlich ab. Auch sind Frauen in den Fächern
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) stark
unterrepräsentiert. Die fest etablierte Koordinierungsstelle Genderforschung und
Chancengleichheit Sachsen-Anhalt (KGC) unterstützt aktiv die
Gleichstellungsarbeit der Hochschulen. Sie arbeitet mit Programmen zur
Unterstützung von Karrierewegen in der Wissenschaft und zur Förderung von Frauen
in den MINT-Fächern, unter anderem bei der Studienwerbung. Diese Programme sind
teilweise vom Bund nur zeitweise bewilligt. Daher sollen sie evaluiert und
gegebenenfalls aus Landesmitteln weitergeführt werden. Das Studium und die
Wissenschaft als Beruf müssen familienfreundlicher gestaltet werden.
Im neuen Hochschulgesetz werden die Hochschulen verpflichtet, bei Berufungen in
der Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen Schutzfristen nach dem
Mutterschutzgesetz, Kindererziehungszeiten sowie Zeiten der Pflege von
Angehörigen zu berücksichtigen. Die konsequente Umsetzung aller Fördermaßnahmen
und Bestimmungen muss durch konsequentes Gender-Controlling und Monitoring mit
Sanktionsmöglichkeiten überwacht werden.
Nach der Promotion soll der Frauenanteil jeder wissenschaftlichen Karrierestufe
mindestens so hoch sein, wie derjenige der direkt darunterliegenden
Qualifizierungsstufe, bis die Professuren geschlechtergerecht verteilt sind.
Deshalb wollen wir, dass Stellenbesetzungen nur noch gemäß diesem Kaskadenmodell
erfolgen. Zur Sicherung der Teilhabe von Frauen in Entscheidungsgremien der
Hochschule sind Frauen bei der Besetzung von Gremien und Organen der
Selbstverwaltung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung von Listen
und Kandidaturen für Wahlorgane und Wahlgremien sind unterrepräsentierte
Geschlechter zumindest ihrer Anteile an der jeweiligen Mitgliedergruppe
entsprechend durch eine Quotenregelung zu berücksichtigen.
Willkommenskultur für Studierende und Wissenschaftsnachwuchs
Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt müssen noch deutlich attraktiver für
internationale Nachwuchswissenschaftler*innen werden. Dafür muss die
Willkommenskultur an Hochschulen, sowohl für Studierende als auch für
Wissenschaftler*innen und deren Familien ausgebaut werden. Internationale
Wissenschaftler*innen schaffen zum Beispiel durch Drittmitteleinwerbung
hochqualifizierte Arbeitsplätze und liefern neue Impulse für
Technologiefirmengründungen. Im Wettbewerb um die klügsten Köpfe müssen
Nachteile, wie beispielsweise Anreisekosten zu Vorstellungsgesprächen,
ausgeglichen sowie Diskriminierung fördernde Strukturen und bürokratische Hürden
abgebaut werden.
Dabei gibt es einige Beispiele für effektive Methoden, um exzellente
Nachwuchsforscher*innen zu gewinnen. Das Land fördert die Nachwuchsprojekte des
European Research Council. Kostengünstige digitale Möglichkeiten bei der
Rekrutierung, zum Beispiel durch Postdoc-Netzwerke, sollten genutzt werden.
Berufungssymposien, wie in England praktiziert, sollten eingeführt werden. Die
Evaluierung von Leistungen bei Tenure-Track-Verfahren und darüber hinaus darf
sich nicht auf wenige und teilweise ungeeignete Parameter beschränken. Sie muss
Lehrleistungen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und sonstige Aktivitäten angemessen
berücksichtigen. Sachsen-Anhalt ruft bisher jährlich große Summen von EU-
Fördergeldern im Bereich Forschung nicht ab. Das wollen wir gezielt verbessern.
Mit dauerhafter personeller und finanzieller Unterstützung soll der Abruf
verstetigt werden. Die soziale Infrastruktur sollte weiterhin in einem Welcome-
Center gebündelt werden, welches auch Anliegen wie Wohnungsfragen, Sprachkurse
und den Familiennachzug vereinfacht.
Lebenslanges Lernen
Lernen endet nicht mit dem Abschluss der Berufsausbildung oder des Studiums. Wir
treten für lebenslanges Lernen ein. Das Bildungsfreistellungsgesetz muss
modernisiert und durch eine Kampagne bekannter gemacht werden. Bildungsurlaub
soll nicht nur für berufliche Weiterbildung, sondern zum Beispiel auch für
Fremdsprachen, politische Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie den Erwerb von
Medienkompetenz gewährt werden.
Die Angebote zu Weiterqualifikationen und Fortbildungen an den Hochschulen
müssen ausgebaut und stärker in den Lehrdeputaten als Dienstaufgaben in der
Lehre berücksichtigt werden, was mehr Personalmittel erforderlich macht. Zudem
soll es für Lehrkräfte verpflichtende Fortbildungen, sowie
Weiterqualifizierungen und Beratungen insbesondere in den Bereichen
Förderpädagogik, Medienbildung und Demokratiepädagogik geben. Dabei sind
verschiedene Unterrichtsformate, schulinterne Kooperationsformen für heterogene
Lerngruppen, die Entwicklung von fächerübergreifenden Aufgaben für
unterschiedliche Lernniveaus sowie gezielte Unterstützung im Umgang mit
interkulturellen Differenzen zu berücksichtigen.
Zu guten Bedingungen für lebenslanges Lernen gehören Programme von
Volkshochschulen und Senior*innenakademien ebenso wie bezahlbare und erreichbare
Kursangebote, auch in den ländlichen Räumen. Abendschulen sowie verstärkte
Angebote zur Alphabetisierung und Grundbildung unterstützen wir nachdrücklich.
Informationen allen zugänglich machen
Zum freien Zugang zu Informationen gehören auch verlässliche Informationsträger.
Daher setzen wir uns für ein Verbot von Werbung, Sponsoring und anderen
Versuchen der Einflussnahme (beispielsweise kostenlose „Unterrichtsmaterialien“
mit einseitiger Ausrichtung an bestimmte Interessen), an Kindertagesstätten und
Schulen in unserem Bundesland ein. Mit staatlichen Geldern erforschtes Wissen
gehört der Allgemeinheit und muss frei verfügbar sein. Wir unterstützen daher
nachdrücklich „Open Access“-Initiativen und Netzneutralität.
Das Bund-Länder-Kooperationsverbot in der Bildung abschaffen
Das Grundgesetz wurde im Rahmen der Föderalismusreform unsinnigerweise so
geändert, dass der Bund sich in der Bildungspolitik schwerer engagieren kann.
Der Bund muss angesichts knapper Kassen in den Ländern und Kommunen mehr
Verantwortung für die Bildungsfinanzierung übernehmen. Über den Bundesrat wollen
wir uns dafür einsetzen, diesen Passus im Grundgesetz wieder ganz zu streichen.
Wir sind für stärkere Kooperation in der Bildung, um ein ausgeglichenes
Bildungsangebot sicherzustellen. Damit wollen wir zum Beispiel Probleme beim
Umzug von Schulkindern über Landesgrenzen abbauen. Wir sind für ein bundesweit
vergleichbares Abitur. Die kleinen Fächer, die nur an wenigen Hochschulen
angeboten werden, die „Orchideenfächer“, müssen besser koordiniert und vom Bund
gefördert werden, weil sie einen überregionalen Bedarf abdecken.
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Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Gender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität. Jugendlichen muss ein Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
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so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, geschlechtliche und genderGender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
VI Bildung
Mehr Gerechtigkeit und höhere Qualität: darauf kommt es an. Gemeinsam mit allen
Beteiligten wollen wir unsere Bildungslandschaft im Sinne des Lebenslangen
Lernens weiterentwickeln. Gleichzeitig wollen wir mit dezentralen
Schulstrukturen die ländlichen Räume stärken.
Kitas, Horte, Schulen, Universitäten und andere Bildungsorte sollen die Werte
unserer pluralistischen Gesellschaft stärker widerspiegeln. Dies sind für uns
Themen wie Demokratieverständnis, Zivilgesellschaft, Diversität,
Digitalisierung, europäische Einigung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Wir
wollen gute Bildung in jedem Alter und an jedem Bildungsort, denn so befähigen
wir alle, sich zu entfalten, an der Gesellschaft teilzuhaben und sie positiv
mitzugestalten.
Kitas sind der erste Baustein im Bildungssystem
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, deren Besuch die Bildungschancen
von Kindern erhöht. Wir haben mit dem neuen Kita-Gesetz (KiFöG) einiges
erreicht, insbesondere die Verbesserung des Personalschlüssels, eine weitere
Entlastung von Familien mit mehreren Kindern und eine spezielle Förderung von
Kitas mit besonderen Bedarfen. Es gibt dennoch weiterhin Defizite, etwa bei der
Berücksichtigung von Ausfallzeiten und Vorbereitungszeiten im Rahmen der
Personalbemessung. Im Bereich des Personals wollen wir insbesondere die
Sonderförderung landesweit ausbauen und die zur Verfügung gestellten Mittel
mindestens verdoppeln.
Um die Arbeit in den Einrichtungen zu unterstützen und die Qualitätsentwicklung
und -sicherung zu befördern, wollen wir die Fachberatung seitens des örtlichen
Trägers der Jugendhilfe künftig im KiföG als Rechtsanspruch der Einrichtungen
und Träger aufnehmen. Wir sehen die örtlichen Träger der Jugendhilfe hier in der
Pflicht, neben ihrer Aufsichtsfunktion explizit auch als Beratungsinstanz zu
agieren und diese Funktion zu stärken. Zusätzlich wollen wir dafür einen Pool
von Expert*innen aufbauen. Dieser soll Einrichtungen und Träger beraten, unter
Einbezug der einschlägigen Fachbereiche an den Hochschulen im Land. Auch die
Fachberatung durch freie Träger ist auszubauen.
Für einen guten Start in die Schule müssen sprachliche und motorische Defizite
möglichst früh erkannt und behoben werden. Wir wollen eine verbindliche,
qualifizierte Erhebung des Sprachstands bei allen Vierjährigen einführen, damit
gezielte Unterstützungsangebote unterbreitet werden können. Dabei muss die
Mehrsprachigkeit von Kindern berücksichtigt werden. Die frühpädagogische
Förderung beim Übergang von der Kita in die Schule, insbesondere im Bereich der
Sprachförderung, muss ohne Abbruch fortgeführt werden. Die Diagnostik in der
flexiblen Schuleingangsphase (Klasse 1 und 2 können in ein bis drei Jahren
absolviert werden) soll in ihrer Wirksamkeit überprüft und bei Bedarf erweitert
werden. Wir wollen, dass multiprofessionelle Teams in Grundschulen durch
Logopäd*innen, Ergotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen unterstützt werden
können.
Wir verstehen Kitas auch als Kinderstuben der Demokratie in denen Kinder bei
allen sie betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden und -handeln.
Demokratieverständnis, gelebte Vielfalt, Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit
sowie umweltgerechtes Handeln müssen noch stärker im Alltag der Kitas sowie in
der Ausbildung der Erzieher*innen berücksichtigt werden. Wir wollen die
Einrichtung von Küchen in Kitas, um die Ernährungskompetenz und gesunde
Versorgung zu stärken. Dabei setzen wir uns für regionale Wertschöpfungsketten
und Netzwerke der Unterstützung sowie der lokalen Vernetzung ein. Das Projekt
"Medienkoffer Geschlechtervielfalt" für Kita und Grundschulen, der so genannte
Kitakoffer des Kompetenzzentrums für geschlechtergerechte Kinder- und
Jugendhilfe wollen wir verstetigen und so ausbauen, dass deutlich mehr
Einrichtungendavon partizipieren können.
Qualität in Kindertagesstätte und Schule sichern
Unsere Kinder brauchen mehr Erzieher*innen, damit jedes Kind angemessen
gefördert werden kann. Die Ausbildungsanforderungen an die Erzieher*innen
wachsen mit deren Aufgaben. Eine praxisorientierte dreijährige berufliche
Ausbildung (piA) soll kurzfristig die schulische Erzieher*innenausbildung
ablösen. Den kontinuierlichen Wechsel von Theorie und Praxis während der PiA-
Ausbildung begrüßen wir ausdrücklich. Die Ausbildung ist angemessen zu vergüten.
Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Bestandteil der
Erzieher*innenausbildung werden. Eine Offensive für den Ausbau von pädagogischen
Studiengängen und die Weiterqualifizierung in der Frühpädagogik an den
Hochschulen ist dringend notwendig. Die Ausbildung mit integrierter Praxis, die
das Land mit Bundesmitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz fördert, muss unabhängig von
der Zukunft dieser Gelder dauerhaft angeboten und ausgebaut werden.
Wir wollen eine Bezahlung der Erzieher*innen, die der gestiegenen Qualifikation
entspricht, sowie die Zeiten der Vor- und Nachbereitung berücksichtigt.
Durch das Konzept der Ganztagsschulen erhält die pädagogische Arbeit an den
Schulen eine stärkere Bedeutung. Gerade im Grundschulbereich muss das
entsprechende Angebot ausgebaut werden, wobei die Horte stärker in das
Gesamtkonzept integriert werden müssen. Die Zuständigkeit für die Horte wollen
wir langfristig im Bildungsressort ansiedeln, um ein Ganztagsschulsystem in
Sachsen-Anhalt zu etablieren. Dieses Ressort hat im Sinne der ganzheitlichen
Unterstützung und Förderung von Kindern und Jugendlichen die Komponente der
Sozialarbeit in seine Arbeit zu integrieren.
Qualitätsstandards an Schulen, Horten und vorschulischen Bildungseinrichtungen
sollen deshalb sowohl die pädagogische Qualität und den Bildungserfolg als auch
die materielle und personelle Ausstattung definieren und vergleichbar machen.
Multiprofessionelle Teams, gut ausgebildetes Personal, verbesserte
Fortbildungsangebote und inklusive Bildungskonzepte sind unsere Eckpfeiler für
Qualitätsstandards. Eltern sollen anhand dieser Konzepte verschiedene
Bildungsangebote vergleichen und informiert entscheiden können.
Kurze Beine, kurze Wege, lokale Lösungen
Jede lokale Situation ist anders. Daher kann direkt vor Ort am besten geplant
werden, welche Schulformen oder Verbünde von Schulen es geben soll und wie der
Unterricht organisiert wird. Wir wollen kommunale Bildungslandschaften, in denen
alle Angebote und Ideen von Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Wirtschaft, Sport,
Kultur, Politik und Verwaltung zusammengeführt sind. Schulgebäude müssen
multifunktionaler ausgelegt werden. Auch Vereins- und Gemeindearbeit kann in
Schulen angeboten werden. Auf dieser Grundlage wollen wir Schulen zu zentralen
Orten der Gemeinden entwickeln, so dass Schüler*innen direkt in die Vereins- und
Gemeindearbeit einsteigen können. Derartige Konzepte müssen in den Kommunen
ausgearbeitet und umgesetzt und bei Schulneubauten bereits in den Planungen
berücksichtigt werden. Sie geben mehr jungen Menschen Chancen, beugen der
Abwanderung vor und befördern die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem zeigt
besonders die Corona-Pandemie, dass kleinere, dezentrale Einheiten neben
pädagogischen auch anderen wichtigen Vorteilen haben. Bürger*innen, Schulträger
und Gemeinden vor Ort benötigen von der Landesregierung erheblich mehr
Gestaltungsspielraum. Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche
Weg.
Längeres gemeinsames Lernen wird durch die Gemeinschaftsschule ermöglicht. Es
kann insbesondere auch durch Verbünde von Grundschulen mit anderen Schulen
realisiert werden, wobei alle Schulabschlüsse, vom Sekundarschulabschluss bis
zum Abitur, ermöglicht werden müssen. Ganztägiger Unterricht fördert gezielt
besondere Fähigkeiten, einschließlich musischer und sportlicher, gleicht
Schwächen aus und schließt Wissenslücken. Derartige Angebote wollen wir zum
Standard machen, sodass unsere Kinder von der Schule aus die ganze Welt erleben
können.
Auch die Wege zu den weiterführenden Schulen sind zu lang. Ein dichtes und
bedarfsgerechtes Netz von ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll entstehen und so
zu kurzen Schulwegen führen. Auch freie Schulen unterstützen wir bei der
Umwandlung in Gemeinschaftsschulen. Die Übergangsregelungen für
Ersatzschulträger sollen dazu entfallen. Zudem sind die im Ganztagsschulbetrieb
anfallenden zusätzlichen Personal- und Sachkosten für staatliche und auch für
freie Schulen durch das Land zu finanzieren.
Fördern statt Sitzenbleiben
Wir wollen in den Grundschulen eine flexible, kindgerechte, jahrgangsgemischte
Schuleingangsphase gestalten, die je nach Entwicklungsstand und
Lerngeschwindigkeit eines Kindes ein bis drei Jahre dauern kann. Mit gezieltem
Unterricht zum Schließen von Lücken soll das kostspielige und sinnlose
Sitzenbleiben abgelöst werden. Studien zeigen: Rückstellungen beim Schuleintritt
und Sitzenbleiben fördern die Lernentwicklung nicht, sondern legen den Kindern
weitere Steine in den Weg. Eine neue Lernkultur, die auf jedes Kind individuell
eingeht und das Lernen voneinander ermöglicht, soll die Leistungsstarken ebenso
wie die Leistungsschwachen fördern. Zu dieser Lernkultur gehört auch,
Leistungsbewertungen zu verändern. Noten sind nicht neutral und daher nicht zum
Leistungsvergleich geeignet. Daher setzen wir uns für neue Formen der
Leistungsbewertung ein. Auch soll der fächerübergreifende Unterricht mit fest
zugewiesenen Stunden im Stundenkontingent jeder Schulform verankert sein.
Fächerübergreifender Unterricht und damit das Aufbrechen der Fachgrenzen
befähigt Schülerinnen und Schüler zu mehr Selbstorganisation.
Der Umgang mit Kindern, die ohne Deutschkenntnisse an die Schulen kommen, muss
dringend professionalisiert werden. Die anfänglichen Sprachbarrieren wollen wir
mit individueller Förderung abbauen. Wir wollen, dass Arbeitsmaterialien in
deutscher Sprache und der Muttersprache sowie der anfängliche Einsatz von
Dolmetscher*innen finanziert werden.
Länger gemeinsam lernen
Um die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen und allen Kindern eine Bildungschance zu
geben, wollen wir das viel zu frühe Sortieren der Kinder nach der vierten Klasse
beenden, da dieses stark durch den sozialen Hintergrund bestimmt ist. Dazu
wollen wir das Angebot einer zehn- bis dreizehnjährigen gemeinsamen Lernzeit in
der Gemeinschaftsschule schaffen. Als Weg dorthin begreifen wir auch Verbünde
von Schulen. Dazu soll die Verordnung der Schulentwicklungsplanung so geändert
werden, dass an Gemeinschaftsschulen wirkliche gymnasiale Oberstufen entstehen
können. Wir wollen die Gemeinschaftsschule dauerhaft als attraktive zweite Säule
neben dem Gymnasium etablieren. Weiterhin fordern wir die Weiterentwicklung des
Gymnasiums zum ganztägigen Lernen, zu verbindlichem offenen Unterricht, zu
Inklusion und zur Arbeit mit multiprofessionellen Teams.
Der Zugang zu Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen. Deshalb
wollen wir Lernmittel ab der 1. Klasse sowie die Schüler*innenbeförderung bis
zum Ende der Schulzeit kostenfrei gewähren. Bildungsgerechtigkeit muss auch beim
Erwerb von Medienkompetenz hergestellt werden. Schwimmunterricht und
Fahrradtraining sind an allen Grundschulen zu realisieren. Für alle Kinder und
Jugendlichen wollen wir ein gesundes regionales Essen in Kitas, Horten und
Schulen anbieten, für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen soll dies
kostenlos sein.
Wir wollen einen für alle verpflichtenden Werteunterricht einführen.
Konfessionell gebundene und nichtreligiöse Kinder sollen gemeinsam über Werte,
Normen, Religionen und deren Ausprägung diskutieren. Dies sehen wir gerade in
einer zunehmend diversen Gesellschaft als nötig an. Zudem wird es immer
schwieriger, allen Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht
anzubieten, ohne dabei andere zu benachteiligen.
Schulautonomie entwickeln
Gute Schulen benötigen mehr eigene Gestaltungsspielräume. Jede Schule soll
unabhängig von ihrer Trägerschaft pro Schuljahr je Schüler*in einen festen
Finanzbeitrag erhalten. Damit soll die Schule selbstständig arbeiten können,
sofern sie sich im Gegenzug verpflichtet, allen Kindern einen unentgeltlichen
Zugang zu gewähren. Die Schulleitung soll mehr Verantwortung und Mitspracherecht
bei der Stellenbesetzung bekommen. Die Schulen bestimmen dann selbst über
Personen und pädagogische Konzepte und darüber, wie viel Geld in Lehrmittel oder
in Personal investiert wird. Gleichzeitig muss das pädagogische Personal von
Verwaltungsarbeit entlastet werden. Die Verantwortung der Schulleiter*innen
wächst. Sie müssen daher durch einen entsprechenden Aufbaustudiengang
unterstützt werden. Freie Schulen müssen allen Kindern unentgeltlich
offenstehen. Wir wollen unter dieser Bedingung die freien Schulen den
staatlichen Schulen finanziell gleichstellen und diese nicht mehr von
zusätzlichen EU- und Bundesmitteln ausschließen.
Schulen an sozialen Brennpunkten sollen zu Schwerpunktschulen entwickelt werden,
um ihre Herausforderungen besser zu meistern. Hier müssen Bedingungen geschaffen
werden, die eine ausgleichende Entwicklung ermöglichen. Dafür müssen ausreichend
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, z.B. eine überdurchschnittlich gute
Personal- und Sachmittelausstattung, für Sprachförderung, für das ganztägige
Lernen und für außerschulische Lernorte.
Inklusion ermöglichen
Wir erwarten die konsequente Umsetzung der zum 1. Januar 2009 in Kraft
getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie
führt zu einer schrittweisen Auflösung von Förderschulen. Die Förderangebote
sollen an allgemeinbildende Schulen verlagert werden. Inklusion im Unterricht
bereitet Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf besser auf ihr
Erwachsenenleben außerhalb des geschützten Lernortes Schule vor und verbessert
ihre Lebensqualität. Die Eltern von Kindern mit Förderbedarf wollen wir mit
besseren Informations- und Beratungsmöglichkeiten unterstützen. Gleichzeitig
sollen alle Kinder einen unbefangenen und rücksichtsvollen Umgang mit Menschen
mit Behinderung erlernen und erfahren. Bis zu dieser vollständigen Umgestaltung
wollen wir die Förderschulen unterstützen. Wir wollen sicherstellen, dass die
Lern- und Aufenthaltsbedingungen an auslaufenden Förderschulen angemessen sind
und jedes Kind optimale Förderung erfährt.
Bei der Einführung von Schulkonzepten mit Inklusion wollen wir die Schulen nicht
allein lassen. Unterricht mit Inklusion erfordert gute Vorbereitung. Die
Betreuung an den allgemeinbildenden Schulen muss mit mehr gut qualifiziertem und
sensibilisiertem Personal erfolgen. Die für die Förderschulen bisher
aufgewendeten Finanzmittel und Personalstellen wollen wir dafür umverteilen. Die
baulichen, sächlichen und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen für den
Schulbesuch mit Inklusion sind an vielen Orten noch zu schaffen. An den
Grundschulen muss es mehr inklusive Horte geben, die von Schüler*innen mit und
ohne Behinderung gemeinsam besucht werden können. Es ist zu prüfen, in welchen
Fällen spezialisierte Förderklassen an Regelschulen für besonders schwere
Behinderungen sinnvoll sind. An allen allgemeinbildenden und berufsbildenden
Schulen sollen solche Förderschulklassen angegliedert werden können.
Demokratie lernen, Gemeinsinn stärken
Schule ist der zentrale Ort in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Hier
entwickeln sie eine Vorstellung von Demokratie, lernen den fairen Umgang
miteinander, erfahren von Toleranz, Kompromissen und Regeln. Damit Schüler*innen
ein starkes demokratisches Bewusstsein entwickeln, müssen fünf Voraussetzungen
gegeben sein: Anerkennung der individuellen Persönlichkeit, Beteiligung an
Organisation von Schulveranstaltungen und Gestaltung von Unterricht, gelebte
Demokratie im Schulalltag sowie vielfältiger Sozialkundeunterricht. Letzterer
sollte bereits ab der 5. Klasse beginnen. Denn Sozialkundeunterricht soll die
persönlich-politische Meinungsbildung stärken. Dazu müssen Material- und
Schulungsangebote sowie Bildungspläne angepasst werden, in denen die Europäische
Union ein Querschnittsthema darstellen soll. In den Lehrplänen soll die deutsche
Kolonial- und Migrationsgeschichte sowie deren eurozentristische Perspektive
aufgearbeitet werden. Auch in der Landeszentrale für politische Bildung soll die
europäische Dimension eine größere Bedeutung erhalten.
Jungen Menschen muss freiwilliges gesellschaftliches Engagement außerhalb der
Schule ermöglicht werden. Wir prüfen Freistellungsmöglichkeiten und wollen
entsprechende Angebote fördern. Das Engagement in der Schülervertretungsarbeit
soll gefördert werden. Fehlzeiten, die in Zusammenhang mit der
Schülervertretungsarbeit entstehen, sollen nicht mehr auf dem Zeugnis angezeigt
werden.
Das Demokratieverständnis und den Gemeinsinn an Schulen wollen wir stärken,
indem wir mehr einfache und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten schaffen
wollen. Dazu gehört eine gleichberechtigte Teilnahme von Eltern, Schüler*innen,
Lehrer*innen sowie eine Mitwirkung der sonstigen Angestellten (Drittelparität-
Plus) in der Schulkonferenz. Weiterhin ist uns wichtig, das soziale Miteinander
zu stärken, Streitschlichtungsgruppen in den Schulen aufzubauen und die Anti-
Gewalt-Arbeit fortzuführen. Dazu gehört auch eine aktive Arbeit gegen Sexismus,
Trans- und Homophobie sowie Rassismus. Wir fordern zudem die Möglichkeit, auch
einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt im Abitur auf erhöhtem
Anforderungsniveau zu belegen.
Wir wollen die Schulen weit stärker dazu anregen und ausstatten, für alle
Schüler*innen ein Ort ohne Diskriminierung, Sexismus, Schikanieren und
Gewalterfahrung zu sein. Mobbing ist eine leidvolle Erfahrung für viele
Schüler*innen, die nicht mit dem Schulklingeln endet. Sie setzt sich digital
auch in der Freizeit fort. Dauerhafte psychische Erkrankungen, Schulverweigerung
bis hin zu Selbstmord können Folgen von Mobbing sein. An allen Schulen müssen
daher demokratiepädagogische Konzepte, Anti-Mobbing-Projekte sowie Programme zur
Gewalt- und Suchtprävention ermöglicht werden. Damit sollen Kinder und
Jugendliche soziale, ethische und demokratische Kompetenzen zur
Persönlichkeitsbildung sowie zur gewaltfreien Kommunikation und gendersensiblen
Sprache erwerben. Dabei müssen kulturelle Vielfalt, Geschlechtervielfalt sowie
sexuelle Orientierungen berücksichtigt und queere Peer-to-Peer-
Schulaufklärungsarbeit nach dem Vorbild der SCHLAU-Gruppen in NRW und
Niedersachsen ausgebaut werden. Sanitär- und Umkleideorte müssen sichere Orte
für trans*-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Schüler*innen sein.
Wir wollen einen landesweiten "Anti-Mobbing-Tag" ins Leben rufen, wie im Kapitel
„Kinder und Jugendliche“ beschrieben. Weiterhin sollen
Antidiskriminierungsrichtlinien für Schulen erarbeitet Wir unterstützen das
deutschlandweite Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".
Schulsozialarbeit ausbauen
Schulsozialarbeit und damit die Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe muss ein
fester Bestandteil von Schule werden. Wir wollen ein unbefristetes
Landesprogramm Schulsozialarbeit unter kommunaler Beteiligung und Steuerung. Die
Finanzierung des Landesprogrammes muss das Land Sachsen-Anhalt übernehmen.
Die Schulsozialarbeit muss an allen Schulen und Schulformen ausgebaut werden,
deshalb wollen wir den Erhalt der vierzehn regionalen Netzwerkstellen und der
landesweiten Koordinierungsstelle für Schulsozialarbeit. Dazu gehört auch die
regelmäßige Evaluation und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit. Um einen
besseren Informationsstand für soziale Probleme zu erreichen, wollen wir nach
Hamburger Vorbild einen Sozialindex für unsere Schulen erheben. Die
sozialpädagogische Kompetenz muss stärker in multiprofessionelle Teams in den
Schulen eingebunden werden. Ein Mitspracherecht der Schulsozialarbeiter*innen in
der Selbstverwaltung der Schulen, der Schulkonferenz, ist zu schaffen.
In Umwelt- und Lebensfragen (weiter)bilden
Unsere Umwelt bestimmt unsere Zukunft. Kinder und Jugendliche müssen für
wissenschaftliche und politische Fragen altersgerecht sensibilisiert werden. Zu
den Themen gehören Klima- und Umweltschutz, Naturschutz, Kulturlandschaften,
fairer Handel, Globalisierung, Nachhaltigkeit, Ernährung und
Verbraucher*innenschutz und Verkehrserziehung. Sachsen-Anhalt braucht ein
inhaltlich neues Lehrplan- und Bildungskonzept, das Zusammenhänge der
Lebenswissenschaften stärker in den Mittelpunkt stellt und erfahrbar macht.
Diese Umweltthemen im weitesten Sinne sind durch Unterricht zu
fächerübergreifenden Lernfeldern, insbesondere der Fächer Biologie, Chemie,
Sozialkunde und Ethik, stärker zu berücksichtigen. Die Ökoschulen,
Umweltbildungszentren und Ökologiestationen des Landes Sachsen-Anhalt leisten
einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung.
Wir wollen die die stringente Umsetzung der Empfehlungen und Zielvorgaben des
„nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Diese müssen in
politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Bildungsbereiche sowie in
möglichst allen Förderprogrammen des Landes verankert werden. Dazu wollen wir
geeignete Strukturen fördern und etablieren, etwa eine landesweite
Koordinierungsstelle zum Austausch der Akteur*innen und zur Qualitätssicherung.
Sachsen-Anhalt braucht dafür eine landesweite Internetplattform. Die Fridays-
for-Future-Bewegung, die Ergebnisse des Jugendklimagipfels sowie künftige
Entwicklungen müssen in den Schulen stärker thematisiert werden.
Homo- und Trans*-phobie sowie Geschlechterstereotypen von
Anfang an entgegentreten
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle , Gender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche
Orientierungen
Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und
außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der
eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität. Jugendlichen muss ein
Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
befürchten. Dazu wollen wir LSBTIQ*-Ansprechpersonen an den Schulen etablieren.
Sexuelle, geschlechtliche und gender- Vielfalt wollen wir zu einem festen
Bestandteil der Erzieher*innen- Ausbildung machen. Die Aus- und Fortbildungen
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend
so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, geschlechtliche und genderGender- und geschlechtliche Identitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu
vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
erkennen und diesen entgegenzuwirken. Wir werden einen Bildungsplan mit
Maßnahmen für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ* auf den Weg bringen.
Alle Lehrmittel müssen entsprechend geeignet sein und die reale Vielfalt
fächerübergreifend umfassend darstellen.
Digitale Lehrmittel und ihre Didaktik auf den Weg bringen
Der kompetente Einsatz und Ausbau von digitalen Techniken (E-Learning) muss
angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie forciert und flächendeckend
vorangebracht werden. Die notwendigen Voraussetzungen an Hardware und Software
müssen geschaffen werden. Daneben soll auch der didaktisch sinnvolle Einsatz
dieser Lehrmittel durch umfangreiche Fortbildung und Beratung sowie
entsprechende Schulungen in der Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Der
Zugang der Schüler*innen zum digitalen Lernen darf nicht mehr von den
Möglichkeiten, die die Eltern bieten können, abhängig sein. Wichtig ist auch,
eine funktionierende, datensichere Programm-Plattform auf Landesebene zu
erstellen. Diese sollte Instrumente zur interaktiven Unterrichtsgestaltung und
für Teleunterricht enthalten.
Für die Schulen wollen wir gezielte Beratung und Unterstützung bei der
Medienentwicklungsplanung und bei der Beantragung von Projektmitteln schaffen.
Die Mittel des Digital-Pakts müssen transparent und zügig vergeben werden. Im
Bildungsausschuss soll halbjährlich über den regionalspezifischen
Umsetzungsfortschritt von Investitionen im Bereich Digitalisierung berichtet
werden. Dabei sollen der durch die Kommunen zu leistende Support sowie die
Erfahrungen mit BYOD- („bring your own device“, also Nutzung von eigenen
Geräten) Endgeräten Berücksichtigung finden. Bei Beschaffungen soll, wo immer es
möglich ist, auf modularisierte Geräte, die länger haltbar sind, zurückgegriffen
werden.
Die Medienbildung wollen wir verpflichtend in Studium und Referendariat der
Lehrkräfte verankern. Dies gilt sowohl für die Einbeziehung der Fachdidaktiken,
der Fachseminare sowie der allgemeinen Bildungswissenschaften. Medienbildung
muss in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften als ein verbindlicher und
kontinuierlicher Prozess angesehen werden. Dafür müssen dauerhaft ausreichende
finanzielle und zeitliche Kapazitäten zur Verfügung stehen. Weiterhin wollen wir
den Ausbau der Medienscout-Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die dann
ihre Mitschüler*innen bei der qualifizierten Mediennutzung unterstützen,
fördern.
Europa ins Klassenzimmer bringen
Wir wollen gemeinsam mit den Trägern politischer Bildung die Bildungsarbeit in
Sachsen-Anhalt europäisieren. Europapolitische Bildungsprogramme sollen
verbindlicher Teil der Lehrpläne aller Schultypen sowie von Lehrveranstaltungen
an Volkshochschulen und Hochschulen werden. Um unsere Schüler*innen fit für die
Zukunft zu machen, müssen Europakompetenzen im Unterricht stärker vermittelt
werden. Dazu gehört der sequenzielle bilinguale Unterricht. Den
„Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sowie das Weltaktionsprogramm für
nachhaltige Entwicklung (WAP BNE) wollen wir in Schulen und
Bildungseinrichtungen umsetzen.
Wir ermutigen Schulen dazu, Europaschulen zu werden. Außerdem wollen wir EU-
Jugend- und Austauschprogramme weiter ausbauen. Jede*r Schüler*in muss
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die Möglichkeit haben, in seiner*ihrer
Schullaufbahn Europa im Rahmen eines Kultur- oder Bildungsprojekts außerhalb von
Deutschland zu erleben.
Dem Lehrkräftemangel entgegentreten
Der Mangel an Lehrer*innen ist unübersehbar. Der Unterrichtsausfall an allen
Schulformen nimmt dramatisch zu. Die Beseitigung des Mangels erfordert
erhebliche Anstrengungen. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten massiv
erweitern, um den Beruf attraktiver gestalten zu können. Wir haben in der
Landesregierung zuletzt Einiges in die Wege geleitet, aber wir müssen unsere
Anstrengungen noch erhöhen. Kürzung der Stundentafeln lehnen wir ab. Die Zahl
der Lehramtsstudienplätze im Land soll unter Berücksichtigung der Bedarfe je
nach Fächern und Schulformen weiter erhöht werden. Dies gilt insbesondere für
Studiengänge mit einem Masterabschluss, die sowohl in das Lehramt als auch in
andere Berufsfelder führen. Sie sind ein brauchbares Instrument, um auf
Änderungen des Bedarfs nachhaltig zu reagieren. Die Ausbildungskapazitäten in
den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch in allen Schulformen stehen
dabei im Mittelpunkt.
Es sollen mehr Pädagog*innen mit einem Förderschwerpunkt als zweitem Fach
ausgebildet und Lehrer*innen sowie pädagogische Fachkräfte der Schulen
entsprechend fort- oder weitergebildet werden. Es soll auch mehr
Schulpsycholog*innen geben, um die multiprofessionellen Teams an Schulen zu
unterstützen und den vielfältigen Herausforderungen des Schulalltags
professioneller begegnen zu können. Wir fordern eine Stärkung der allgemein-
pädagogischen und fachdidaktischen Inhalte der Lehramtsausbildung, um künftige
Lehrerinnen und Lehrer besser auf die praktische Vermittlung von Wissen und
dabei auftretende Herausforderungen vorzubereiten.
Ein wichtiges und notwendiges Mittel gegen den Mangel an Lehrer*innen sind
Seiten- und Quereinsteiger*innen. Dies sind Lehrkräfte, die kein Lehramt
studiert haben, aber einen für das Lehramt fachlich geeigneten Studienabschluss
nachweisen können. Quereinsteiger*innen sollen nach einer Vorbereitung in das
Referendariat aufgenommen werden. Seiteneinsteiger*innen sollen nach einem
kurzen Vorbereitungskurs früher an die Schulen kommen. Sie benötigen eine
pädagogische und fachdidaktische Weiterqualifikation und ein eventuell zweites
Unterrichtsfach. Für Seiteneinsteiger*innen muss eine berufsbegleitende
universitäre Weiterqualifizierungsmöglichkeit in Kooperation mit den
landeseigenen Universitäten verbindlich geregelt und zügig umgesetzt werden.
Seiteneinsteiger*innen sollen über eine berufsbegleitende universitäre
Weiterqualifizierung die fachliche, pädagogische und formale Gleichstellung mit
den grundständig ausgebildeten Lehrkräften erreichen können. Durch ein Senior-
Lehrkräfte-Programm wollen wir sie im Schulalltag besser unterstützen. Senior-
Lehrkräfte sollen auch für die Begleitung der verpflichtenden Schulpraktika von
Lehramtsstudierenden gewonnen werden. Die Beratung sowie die
Genehmigungsverfahren zum Seiteneinstieg müssen stetig verbessert und
beschleunigt werden. Besonders das Verfahren für freie Schulträger, muss
vereinfacht werden und gebührenfrei sein. Hier soll die jeweilige
Schulleitung/Geschäftsführung diese Entscheidung in eigener Kompetenz treffen
können, wobei dem Landesschulamt dann die stichprobenhafte Überprüfung zur
Eignung der eingesetzten Lehrkräfte obliegt. Für den wechselseitigen Austausch
und um voneinander zu lernen, soll es Veranstaltungsformate geben, in denen
anfängliche Schwierigkeiten und Lösungsstrategien im neuen Beruf thematisiert
und zur Weiterentwicklung im beruflichen Selbstverständnis genutzt werden
können. Diese Erfahrungen sollt insbesondere zur Weiterentwicklung von Schule
durch das Landesinstitut für Schulentwicklung organisiert und begleitet werden.
Wir wollen, dass Seiten- und Quereinsteiger*innen mit einem Masterabschluss in
die Stufe E13 der Entgelttabelle als Einstiegsgehalt eingruppiert werden.
Lehrer*innen mit ausländischen Abschlüssen wollen wir den Weg ins Lehramt in
Sachsen-Anhalt erleichtern.
Die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte müssen verbessert werden. Wir wollen
deshalb die Einführung von Arbeitszeitkonten auf den Weg bringen. Alle
geleisteten Überstunden an Schulen sollen mit mindestens dem regulären
Stundensatz einer Unterrichtsstunde bezahlt werden. Dabei sollen Lehrkräfte frei
entscheiden können, ob sie Mehrarbeit vergütet bekommen oder ob sie diese
langfristig in Freizeit umwandeln wollen. Angeordnete Mehrarbeit soll bei
maximal zwei Unterrichtsstunden gedeckelt werden. Wir wollen die geltenden
Regelungen zu Abminderungsstunden in der Qualifikationsphase beibehalten.
Ein Konzept zur Rücknahme der Maßnahmen zur angeblichen Effizienzsteigerung,
insbesondere in der flexiblen Schuleingangsphase an den Grundschulen, muss
entwickelt und vorgelegt werden, um langfristig einen guten Personalschlüssel
sicherzustellen. Lehrkräfte sollen an allen Schulformen das Gleiche verdienen.
Deshalb sollen auch Grundschullehrkräfte nach Entgelttabelle E13/A13 bezahlt
werden. Wir schlagen dafür einen mehrstufigen Plan vor, um die Gehälter
sukzessive anzugleichen. Wir wollen ein Modellprojekt ins Leben rufen, das es
befristet möglich macht, die nicht besetzten Stellen in ein Budget umzuwandeln,
das den Schulen zur Verfügung gestellt wird. Damit können individuelle Lösungen
vor Ort für die Entlastung von Lehrkräften oder ergänzende Angebote zum
Unterricht realisiert werden.
Jede staatlich und jede freie Schule soll so die Möglichkeit bekommen,
besonderes Engagement von Lehrkräften zu würdigen. Für die gezielte
Wertschätzung von Lehrkräften soll ein Budget im Landeshaushalt eingerichtet
werden. Würde man zwei Euro pro Schüler*in in Sachsen-Anhalt veranschlagen, käme
man auf knapp 400.000 Euro.
Berufliche Ausbildung für alle
Eine gute Zukunftschance für alle Jugendlichen ist ein Gebot der Gerechtigkeit
und unserer Solidarität. Sachsen-Anhalt leidet unter einem Fachkräftemangel,
verstärkt durch demografischen Wandel. Wichtig ist daher, allen jungen Menschen
berufliche Orientierung und Zugang zu vielfältigen praktischen Erfahrungen in
der Berufswelt zu ermöglichen. Um die verbindliche Berufsorientierung zu
verbessern, soll die Berufsorientierung durch vielfältige Zugänge wie Praktika
oder Berufsorientierungstage in allen Schulformen ab der fünften Klassenstufe
angeboten werden - in Gymnasien gleichberechtigt neben der Studienorientierung.
Zudem gilt es die MINT-Fächer im Fächerkanon zu stärken, insbesondere mehr
Schülerinnen für technische Berufe zu begeistern.
Für uns ist eine berufliche Ausbildung genauso wertvoll wie ein Studium. Wir
wollen daran mitwirken, den Ruf der Ausbildung aufzuwerten und den europäischen
Qualifikationsrahmen mit Leben zu füllen. Dies soll sich auch in der Vergütung
von allen Ausbildungen zeigen, indem sie unentgeltlich sind und besser entlohnt
werden. Besonderes Augenmerk soll hier auf Ausbildungsberufe wie Pflegekräfte,
medizinisches Personal, Erzieher*innen gelegt werden. Verantwortungsvolle Berufe
müssen auch entsprechend finanziell gewürdigt werden und für junge Menschen
attraktiv sein zu erlernen.
Besondere Herausforderungen sind der Mangel an Lehrkräften an berufsbildenden
Schulen sowie die viel zu hohe Zahl an Jugendlichen, die die Schule ohne
Abschluss beenden. Im Jahr 2018 waren dies laut einer Caritas-Studie in Sachsen-
Anhalt 11,4 Prozent aller Schüler*innen. Besonders betroffen sind Schüler*innen,
die ohne deutsche Sprachkenntnisse in die Schule kommen und oft auf Grund von
Sprachbarrieren den Hauptschulabschluss nicht schaffen. Eine zweite Chance gibt
es im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Hier werden an etwa 20 Standorten in
Sachsen-Anhalt berufsvorbereitende Kompetenzen und Allgemeinbildung vermittelt.
Durch die Teilnahme an einem Kolloquium am Ende des BVJ kann dann ein
Schulabschluss nachgeholt werden. Den durch die sehr heterogene
Schüler*innenschaft bedingten Herausforderungen müssen wir gezielt mit einer
umfassenden Willkommens- und Ankommenskultur begegnen. Dafür wollen wir
ausländische Abschlüsse schneller und kostengünstiger anerkennen und prüfen, wie
der Zugang zu Ausbildungen noch weiter erleichtert werden kann.
Beratungsstrukturen für migrantische Arbeitskräfte, wie beispielsweise das EU-
geförderte Landesprojekt BemA müssen fortgeführt werden.
Es darf niemand abgehängt oder aufgegeben werden. Wenn Unterstützung hilft, dann
wollen wir sie ermöglichen. Wir setzen uns deshalb auch für die Beibehaltung der
Einstiegsqualifizierung (Plus) und der assistierten Ausbildung der Agenturen für
Arbeit ein. Die Notwendigkeit eines Landesprogrammes zur
Ausbildungsplatzgarantie soll geprüft und wenn nötig umgesetzt werden, denn
Ausbildung ist ein Recht für alle, unabhängig von demografischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen.
Kleine und mittlere Betriebe und Unternehmen benötigen Unterstützung bei der
Ausbildung. In der Corona-Pandemie war es nicht allen Unternehmen möglich, ihre
Auszubildendenplätze zu erhalten. Gemeinsam mit den Unternehmen wollen wir Wege
suchen, ihre Ausbildungsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, um dadurch
jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Gemeinsame Kooperation in
Verbundausbildungen, bei der die Ausbildungsinhalte zusammen mit den Kammern in
Modulen organisiert werden, ist ein vielversprechender Ansatz. Wir wollen allen
jungen Menschen durch individuelle sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung und
Coaches zu einer erfolgreichen beruflichen Ausbildung verhelfen. Die
Unterstützungsangebote müssen unbürokratisch und für Jugendliche erreichbar
sein.
Wir wollen Auszubildendenwohnheime analog zu Studierendenwohnheime an Standorten
schulischer beruflicher Bildung stützen, um noch mehr Auszubildenden die
wohnortnahe Ausbildung zu ermöglichen. Die Möglichkeit, mittels des
Erasmusprogramms die Ausbildung teilweise in einem anderen EU-Staat zu
absolvieren, wollen wir bekannter machen. Im Bereich der fachschulischen
Ausbildung wollen wir eine generelle Schulgeldfreiheit realisieren. Im Bereich
der Gesundheitsberufe ist dies seit langem überfällig und schnellstmöglich
umzusetzen.
Die Humboldt’sche Universität im 21. Jahrhundert etablieren
Das fruchtbare Zusammenspiel von Forschung und Lehre, die Freiheit der
Wissenschaft von politischen Zwängen und Hochschulen als Orte des
gleichberechtigten, kritischen Diskurses unter Studierenden und Lehrenden sind
die Richtschnur unserer Hochschulpolitik. Im 21. Jahrhundert gehören hierzu auch
das Streben nach guten Arbeitsbedingungen, verlässlichen Karrierewegen,
Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit und die fortschreitende
Internationalisierung von Studiengängen.
Hochschulbildung muss neu gedacht werden, und zwar unter gleichberechtigter
Beteiligung von Studierenden, Professor*innen, wissenschaftlichem Mittelbau und
allen anderen Mitarbeiter*innen. Das Mandat dieser vier beteiligten
Statusgruppen ist gegenüber den Hochschulleitungen und dem Land zu stärken. Ein
ausgewogenes Modell zur Viertelparität der Statusgruppen in der akademischen
Selbstverwaltung war im Entwurf des neuen Hochschulgesetzes schon weit
entwickelt, konnte aber letztlich nicht durchgesetzt werden. Wir halten an der
Forderung weiter fest. Auch soll die Universitätsleitung durch ein von
Studierenden besetztes Prorektorat ergänzt werden. Weiterhin muss der kompetente
Umgang mit Genderfragen und Diversität, insbesondere bei Führungskräften,
stärker im Hochschulalltag praktiziert werden.
Drittmittel für Universitäten sind keine grundsätzlich abzulehnende
Finanzierungquelle. Aber die Wissenschaft nimmt derzeit massiven Schaden durch
eine zu große Abhängigkeit von Drittmittelprojekten. Diese sind in erheblichem
Umfang politisch oder anderweitig fremd gesteuert. Sie verursachen vor allem
einen erheblichen Zeitaufwand für Antragsteller*innen und
Projektbearbeiter*innen, der für deren wissenschaftliche Arbeit verloren geht.
Neben einer verbesserten Grundfinanzierung wollen wir in Sachsen-Anhalt ein
Modell zur befristeten Mittelzuweisung entwickeln. Bei diesem werden Gelder
jeweils aufgrund der bereits erbrachten und nicht der geplanten
wissenschaftlichen Leistungen bewilligt, da innovative Forschung nicht immer
planbar ist. Die Mittel sollen nicht an die Verwendung in einer bestimmten
Einrichtung gebunden sein. Den Wissenschaftler*innen wird die Möglichkeit
gegeben, sich selbstständig zu Forschungsgruppen oder Instituten zusammen zu
tun, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten.
Wenn die Anzahl von Publikationen und anderer einfacher Zahlenindikatoren bei
wichtigen Entscheidungen unreflektiert verwendet wird, schadet es der
Wissenschaft. Wir wollen stattdessen alle Maßnahmen unterstützen, die die
Qualität von wissenschaftlichen Leistungen bei Beurteilungen und Entscheidungen
in den Mittelpunkt stellen.
In Lehre und Forschung investieren
Leistungsfähige und international ausgerichtete Hochschulen sind zentrale
Pfeiler der Zukunftspolitik für Sachsen-Anhalt, in die wir investieren wollen.
Die Hochschulen sind hierzulande immer noch unterfinanziert, auch wenn wir die
Kürzungspolitik der Vergangenheit beendet haben. Um die Freiheit von Lehre und
Forschung zu gewährleisten, ist eine angemessene Grundfinanzierung der
Hochschulen zu sichern. Insgesamt ist eine solide Grundausstattung der
Hochschulen des Landes eine wichtige Voraussetzung für deren nationale und
internationale Konkurrenzfähigkeit. Die Stellenpläne der Universitäten sollen
abgeschafft werden.
Studiengebühren lehnen wir ab. Die Langzeitstudiengebühren wurden abgeschafft,
jetzt müssen auch die Zweitstudiengebühren bei beruflicher Umorientierung
entfallen. Die Möglichkeiten zum Teilzeitstudium für alle, zum Beispiel für
Studierende mit Kindern oder mit teilweiser Berufstätigkeit, wollen wir weiter
ausbauen.
Die Hochschulen müssen den Weg zu einem erfolgreichen Hochschulstudium eröffnen.
Dafür braucht es flexible Angebote zur Qualifizierung aller Menschen. Dies gilt
auch für Menschen ohne Abitur, für Menschen mit Behinderungen sowie für Menschen
mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und aus unterschiedlichen
Herkunftsländern gleichermaßen.
Die prekären Beschäftigungsverhältnisse an unseren Hochschulen wollen wir
beenden. Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht international konkurrenzfähige
Karrierepfade, zum Beispiel mit mehr Tenure-Track-Professuren und mehr
unbefristeten Stellen. Grundlagen hierzu wurden in der laufenden Wahlperiode
gelegt. Wir wollen das Konzept weiter ausbauen. In den forschungsstarken
Bereichen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Stellen für die
wissenschaftliche Weiterqualifikation und für unbefristeten Mittelbau geschaffen
werden.
Wir wollen das Hochschulmedizingesetz endlich modernisieren. Es braucht unter
anderem eine rechtliche Klarstellung, um die wirtschaftliche Betätigung der
Universitätsklinika zu ermöglichen und die Verankerung von Gleichstellung wie im
Hochschulgesetz.
Wegen der langen Ausbildungszeiten fordern wir, dass für Psychotherapeut*innen
die Ausbildung nach altem Recht noch bis zum Jahr 2032 angeboten wird. Genauso
setzen wir uns dafür ein, dass das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe die
Prüfungen nach altem Recht großzügig bis zum Jahr 2035 gewährt. Für den neuen
Direktstudiengang Psychotherapie in Magdeburg sollen die sich ergänzenden
Kapazitäten an beiden Hochschulen kooperativ genutzt werden.
Wir wollen mehr Berufungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördern und
künftig in den Zielvereinbarungen verankern. Dies gilt zum Beispiel für
Forschung zu Bio-Landwirtschaft, Radverkehr sowie Queer Studies und
Genderstudies.
Gute Lehre fördern
Wir wollen ein selbstbestimmtes Studium und dafür die derzeitig gängige Praxis
der Massenabfertigung überwinden. Auch die Verschulung und Bürokratisierung in
den Bachelor- und Masterstudiengängen, die durch den Bologna-Prozess entstanden
ist, sollen Vergangenheit werden. Zu einem umfassenden Bildungsverständnis
gehört Zeit für gesellschaftliches Engagement, die in den Studienordnungen
Eingang finden muss. Darum wollen wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass
Zeit für ehrenamtliches Engagement in den BAföG-Richtlinien ermöglicht wird. Die
Hochschulen müssen außerdem in ausreichender Zahl Studienplätze für das
Masterstudium zur Verfügung stellen und Studiengänge für die Lehrämter und
Erzieher*innen modernisieren.
Der Beruf der Lehrer*innen wird anspruchsvoller und vielfältiger. Der Umgang mit
zunehmend heterogenen und inklusiven Lerngruppen stellt eine Herausforderung an
die Ausstattung der Schulen, aber auch an die Ausbildung der Lehrer*innen dar.
Notwendig ist, die pädagogischen, didaktischen und psychologischen Anteile im
Studium und im Referendariat zu erhöhen. Diese sollen gleichgewichtig neben der
fachlichen Ausbildung stehen. Auch fächerübergreifender Unterricht muss ein
stärkeres Gewicht bekommen. Kompetenzentwicklung zu gelebter Demokratie,
verstärktem Umweltbewusstsein, gelingender Inklusion, interkulturellem
Miteinander und Deutsch als Zweitsprache skizzieren die Eckpunkte einer
zukunftsorientierten Ausbildung in Studium und Referendariat sowie der Fort- und
Weiterbildung von Lehrkräften. Besonders wichtig ist die Schulung des
produktiven Umgangs mit heterogenen Lerngruppen und kultureller Diversität. Dies
gilt insbesondere hinsichtlich berufsbildender Schulen, die das
Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zum Nachholen eines anerkannten Schulabschlusses
anbieten.
Die Lehramtsstudiengänge müssen sich zukünftig am Alter der Schüler*innen, somit
an den entwicklungspsychologischen und didaktischen Unterschieden, und nicht
mehr an den Schulformen orientieren. Daraus resultiert das Studium des Lehramts
an Grundschulen sowie der Sekundarstufen I und II. Die Lehramtsstudiengänge
sollen mit einer gemeinsamen Studieneingangsphase beginnen. Für alle
Beschäftigten muss es zertifizierte Fortbildungen geben, die es ihnen erlauben,
sich den wandelnden Anforderungen kompetent zu stellen. Europakompetenzen müssen
ins Lehramtsstudium geeigneter Fächer integriert werden. Sie sollen auch in
Weiterbildungsangeboten verstärkt angeboten werden. Die Erweiterung der
Lehrkräfteausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen um das Fach
Englisch wollen wir unterstützen.
Um gerade Jungen in Kindergarten und Grundschule die Identifikation mit
männlichen Vorbildern zu ermöglichen, unterstützen wir alle Maßnahmen, die das
Ziel haben, den Männeranteil im Erzieher- und Grundschullehrberuf deutlich
anzuheben.
Nachhaltig forschen
Wissenschaft und Forschung zu Nachhaltigkeit wollen wir in Sachsen-Anhalt als
eine zentrale Leitidee zukünftiger Hochschulentwicklung fest verankern. Hierzu
benötigen wir konkurrenzfähige Förderprogramme und thematische Schwerpunkte
unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen und ökologischen Lebensweise.
Sachsen-Anhalt soll seine Spitzenposition bei den Erneuerbaren Energien
behalten. Hierbei messen wir der Forschung zu Speichertechniken und
intelligenten Stromnetzen eine besondere Bedeutung zu. Das wird sich langfristig
für unser Land rechnen. Gleichzeitig sollen die Hochschulen selbst die netto
CO2-Neutralität bis 2030 erreichen. Dafür sollen sie 100 Prozent Erneuerbare
Energien für die Stromversorgung nutzen, bessere Gebäudedämmung und ein
Umweltmanagementsystem (EMAS) einsetzen.
Dem Tierschutz in der Forschung messen wir große Bedeutung zu. Die
Gewissensfreiheit der Studierenden muss gewahrt bleiben. Niemand sollte gegen
sein Gewissen gezwungen werden, Tiere zu sezieren. Darum wollen wir, die Pflicht
zum Sezieren von Tieren in der gesamten Ausbildung dort abschaffen, wo es nicht
unbedingt notwendig ist.
Das öffentliche Erkenntnisinteresse muss erheblich sein, um den Einsatz von
Labortieren in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Diese Versuchstiere müssen
nachweisbar artgerecht gehalten werden. Die Entwicklung von Alternativverfahren
müssen stärker gefördert sowie Ersatzmethoden schneller anerkannt werden.
Deshalb setzen wir uns für eine, bestenfalls bundesweite, Datenbank für alle
bisher bekannten Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen ein.
Gute Wissenschaft benötigt die Unabhängigkeit der Forschung an den Hochschulen,
deshalb wollen wir, dass Kooperationen mit Unternehmen transparent gestaltet
werden müssen.
Nachhaltigkeit auch in Betrieb, Lehre und Governance
Die Einführung von Nachhaltigkeitsbüros und Green-Offices hat sich auch in
Sachsen-Anhalt bewährt. An allen Hochschulen und an einigen Forschungsinstituten
gibt es Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit, gefördert/gefordert durch
Studierende, Mitarbeitende, Lehrende und teilweise durch die Hochschulleitungen.
Diese Bestrebungen sollen gebündelt und weiter personell und strukturell
unterstützt werden. Deshalb müssen an allen Hochschulen
Nachhaltigkeitsbeauftragte benannt und möglichst überall Nachhaltigkeitsbüros
mit personeller Struktur geschaffen werden. Im Ministerium für Wissenschaft,
Wirtschaft und Digitalisierung soll hierfür eine Koordinierungs- und
Beratungsstelle geschaffen werden. Sie soll die Hochschulen und
Forschungsinstitute sowie ihre Mitglieder und Leitungen zur Implementierung von
nachhaltiger Entwicklung in Betrieb, Governance, Lehre und Forschung beraten.
Diese Koordinierungs- und Beratungsstelle soll fester Bestandteil des
landesweiten Netzwerks für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sein.
MINT-Bildung stärken
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) sind entscheidende
Fächer und Kompetenzen für zukünftige Arbeitsmärkte. Schulen und Hochschulen mit
mehr MINT-Absolvent*innen sind ein entscheidender Standortvorteil für Sachsen-
Anhalt. Die schulische Didaktik hängt hier jedoch weit den Anforderungen der
Wissenschaft und Wirtschaft hinterher. Deswegen wollen wir im Rahmen des
Strukturwandels im ehemaligen Kohlerevier ein neu zu gründendes angewandtes
MINT-Schuldidaktik-Institut, in Anlehnung an außeruniversitäre
Forschungsinstitute, etablieren. An diesem sollen Lehrer*innen, Erzieher*innen
und Wissenschaftler*innen neue Formen der Vermittlung von MINT-Wissen in
Kooperation mit Unternehmen erforschen, an Schulen einsetzen und anschließend
evaluieren. Mithilfe erfolgreicher Vermittlungsformen kann so eine
Breitenqualifikation von Lehrkräften erfolgen.
Weiterhin sollen Studierende sowohl in Vorkursen als auch während des Studiums
im MINT-Bereich stärker praktisch aktiv werden können. Hierzu können Maker-Labs
und Kurse in nützlichen Grundfertigkeiten wie Schweißen, Löten, Reparieren oder
Programmieren zum Einsatz kommen. Diese können durch Repair-Cafés, Netz-Cafés
und freie Werkstätten auf dem Campus ergänzt werden. Derartige Einrichtungen und
studentische Eigeninitiative wollen wir auf Landesebene fördern und von den
Hochschulen in den Zielvereinbarungen einfordern. Darüber hinaus sollten die
Studierenden während ihres Studiums mehr Möglichkeiten haben, zum Betrieb der
Hochschule mit eigenen Projekten und Abschlussarbeiten beizutragen. So kann
beispielsweise eine campuseigene Photovoltaikanlage geplant, die Mensa
energetisch optimiert oder eine Campus-App programmiert werden. Dadurch wird der
Campus selbst zum Experimentierfeld.
Mehr Frauenpower für die Wissenschaft
Die Gesamtzahl der weiblichen und männlichen Studierenden ist durchschnittlich
ausgeglichen. Auch bis zur Promotion liegt diese Verteilung nahezu bei jeweils
50 Prozent. Auf den folgenden Karrierestufen und in Führungspositionen nimmt der
Anteil der Frauen jedoch weiterhin deutlich ab. Auch sind Frauen in den Fächern
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) stark
unterrepräsentiert. Die fest etablierte Koordinierungsstelle Genderforschung und
Chancengleichheit Sachsen-Anhalt (KGC) unterstützt aktiv die
Gleichstellungsarbeit der Hochschulen. Sie arbeitet mit Programmen zur
Unterstützung von Karrierewegen in der Wissenschaft und zur Förderung von Frauen
in den MINT-Fächern, unter anderem bei der Studienwerbung. Diese Programme sind
teilweise vom Bund nur zeitweise bewilligt. Daher sollen sie evaluiert und
gegebenenfalls aus Landesmitteln weitergeführt werden. Das Studium und die
Wissenschaft als Beruf müssen familienfreundlicher gestaltet werden.
Im neuen Hochschulgesetz werden die Hochschulen verpflichtet, bei Berufungen in
der Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen Schutzfristen nach dem
Mutterschutzgesetz, Kindererziehungszeiten sowie Zeiten der Pflege von
Angehörigen zu berücksichtigen. Die konsequente Umsetzung aller Fördermaßnahmen
und Bestimmungen muss durch konsequentes Gender-Controlling und Monitoring mit
Sanktionsmöglichkeiten überwacht werden.
Nach der Promotion soll der Frauenanteil jeder wissenschaftlichen Karrierestufe
mindestens so hoch sein, wie derjenige der direkt darunterliegenden
Qualifizierungsstufe, bis die Professuren geschlechtergerecht verteilt sind.
Deshalb wollen wir, dass Stellenbesetzungen nur noch gemäß diesem Kaskadenmodell
erfolgen. Zur Sicherung der Teilhabe von Frauen in Entscheidungsgremien der
Hochschule sind Frauen bei der Besetzung von Gremien und Organen der
Selbstverwaltung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung von Listen
und Kandidaturen für Wahlorgane und Wahlgremien sind unterrepräsentierte
Geschlechter zumindest ihrer Anteile an der jeweiligen Mitgliedergruppe
entsprechend durch eine Quotenregelung zu berücksichtigen.
Willkommenskultur für Studierende und Wissenschaftsnachwuchs
Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt müssen noch deutlich attraktiver für
internationale Nachwuchswissenschaftler*innen werden. Dafür muss die
Willkommenskultur an Hochschulen, sowohl für Studierende als auch für
Wissenschaftler*innen und deren Familien ausgebaut werden. Internationale
Wissenschaftler*innen schaffen zum Beispiel durch Drittmitteleinwerbung
hochqualifizierte Arbeitsplätze und liefern neue Impulse für
Technologiefirmengründungen. Im Wettbewerb um die klügsten Köpfe müssen
Nachteile, wie beispielsweise Anreisekosten zu Vorstellungsgesprächen,
ausgeglichen sowie Diskriminierung fördernde Strukturen und bürokratische Hürden
abgebaut werden.
Dabei gibt es einige Beispiele für effektive Methoden, um exzellente
Nachwuchsforscher*innen zu gewinnen. Das Land fördert die Nachwuchsprojekte des
European Research Council. Kostengünstige digitale Möglichkeiten bei der
Rekrutierung, zum Beispiel durch Postdoc-Netzwerke, sollten genutzt werden.
Berufungssymposien, wie in England praktiziert, sollten eingeführt werden. Die
Evaluierung von Leistungen bei Tenure-Track-Verfahren und darüber hinaus darf
sich nicht auf wenige und teilweise ungeeignete Parameter beschränken. Sie muss
Lehrleistungen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und sonstige Aktivitäten angemessen
berücksichtigen. Sachsen-Anhalt ruft bisher jährlich große Summen von EU-
Fördergeldern im Bereich Forschung nicht ab. Das wollen wir gezielt verbessern.
Mit dauerhafter personeller und finanzieller Unterstützung soll der Abruf
verstetigt werden. Die soziale Infrastruktur sollte weiterhin in einem Welcome-
Center gebündelt werden, welches auch Anliegen wie Wohnungsfragen, Sprachkurse
und den Familiennachzug vereinfacht.
Lebenslanges Lernen
Lernen endet nicht mit dem Abschluss der Berufsausbildung oder des Studiums. Wir
treten für lebenslanges Lernen ein. Das Bildungsfreistellungsgesetz muss
modernisiert und durch eine Kampagne bekannter gemacht werden. Bildungsurlaub
soll nicht nur für berufliche Weiterbildung, sondern zum Beispiel auch für
Fremdsprachen, politische Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie den Erwerb von
Medienkompetenz gewährt werden.
Die Angebote zu Weiterqualifikationen und Fortbildungen an den Hochschulen
müssen ausgebaut und stärker in den Lehrdeputaten als Dienstaufgaben in der
Lehre berücksichtigt werden, was mehr Personalmittel erforderlich macht. Zudem
soll es für Lehrkräfte verpflichtende Fortbildungen, sowie
Weiterqualifizierungen und Beratungen insbesondere in den Bereichen
Förderpädagogik, Medienbildung und Demokratiepädagogik geben. Dabei sind
verschiedene Unterrichtsformate, schulinterne Kooperationsformen für heterogene
Lerngruppen, die Entwicklung von fächerübergreifenden Aufgaben für
unterschiedliche Lernniveaus sowie gezielte Unterstützung im Umgang mit
interkulturellen Differenzen zu berücksichtigen.
Zu guten Bedingungen für lebenslanges Lernen gehören Programme von
Volkshochschulen und Senior*innenakademien ebenso wie bezahlbare und erreichbare
Kursangebote, auch in den ländlichen Räumen. Abendschulen sowie verstärkte
Angebote zur Alphabetisierung und Grundbildung unterstützen wir nachdrücklich.
Informationen allen zugänglich machen
Zum freien Zugang zu Informationen gehören auch verlässliche Informationsträger.
Daher setzen wir uns für ein Verbot von Werbung, Sponsoring und anderen
Versuchen der Einflussnahme (beispielsweise kostenlose „Unterrichtsmaterialien“
mit einseitiger Ausrichtung an bestimmte Interessen), an Kindertagesstätten und
Schulen in unserem Bundesland ein. Mit staatlichen Geldern erforschtes Wissen
gehört der Allgemeinheit und muss frei verfügbar sein. Wir unterstützen daher
nachdrücklich „Open Access“-Initiativen und Netzneutralität.
Das Bund-Länder-Kooperationsverbot in der Bildung abschaffen
Das Grundgesetz wurde im Rahmen der Föderalismusreform unsinnigerweise so
geändert, dass der Bund sich in der Bildungspolitik schwerer engagieren kann.
Der Bund muss angesichts knapper Kassen in den Ländern und Kommunen mehr
Verantwortung für die Bildungsfinanzierung übernehmen. Über den Bundesrat wollen
wir uns dafür einsetzen, diesen Passus im Grundgesetz wieder ganz zu streichen.
Wir sind für stärkere Kooperation in der Bildung, um ein ausgeglichenes
Bildungsangebot sicherzustellen. Damit wollen wir zum Beispiel Probleme beim
Umzug von Schulkindern über Landesgrenzen abbauen. Wir sind für ein bundesweit
vergleichbares Abitur. Die kleinen Fächer, die nur an wenigen Hochschulen
angeboten werden, die „Orchideenfächer“, müssen besser koordiniert und vom Bund
gefördert werden, weil sie einen überregionalen Bedarf abdecken.
Text
Von Zeile 4132 bis 4137:
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle Orientierungen und geschlechtliche IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen IdentitätGenderidentität. Jugendlichen muss ein Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
Von Zeile 4141 bis 4144:
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, geschlechtliche und gender- IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
VI Bildung
Mehr Gerechtigkeit und höhere Qualität: darauf kommt es an. Gemeinsam mit allen
Beteiligten wollen wir unsere Bildungslandschaft im Sinne des Lebenslangen
Lernens weiterentwickeln. Gleichzeitig wollen wir mit dezentralen
Schulstrukturen die ländlichen Räume stärken.
Kitas, Horte, Schulen, Universitäten und andere Bildungsorte sollen die Werte
unserer pluralistischen Gesellschaft stärker widerspiegeln. Dies sind für uns
Themen wie Demokratieverständnis, Zivilgesellschaft, Diversität,
Digitalisierung, europäische Einigung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Wir
wollen gute Bildung in jedem Alter und an jedem Bildungsort, denn so befähigen
wir alle, sich zu entfalten, an der Gesellschaft teilzuhaben und sie positiv
mitzugestalten.
Kitas sind der erste Baustein im Bildungssystem
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, deren Besuch die Bildungschancen
von Kindern erhöht. Wir haben mit dem neuen Kita-Gesetz (KiFöG) einiges
erreicht, insbesondere die Verbesserung des Personalschlüssels, eine weitere
Entlastung von Familien mit mehreren Kindern und eine spezielle Förderung von
Kitas mit besonderen Bedarfen. Es gibt dennoch weiterhin Defizite, etwa bei der
Berücksichtigung von Ausfallzeiten und Vorbereitungszeiten im Rahmen der
Personalbemessung. Im Bereich des Personals wollen wir insbesondere die
Sonderförderung landesweit ausbauen und die zur Verfügung gestellten Mittel
mindestens verdoppeln.
Um die Arbeit in den Einrichtungen zu unterstützen und die Qualitätsentwicklung
und -sicherung zu befördern, wollen wir die Fachberatung seitens des örtlichen
Trägers der Jugendhilfe künftig im KiföG als Rechtsanspruch der Einrichtungen
und Träger aufnehmen. Wir sehen die örtlichen Träger der Jugendhilfe hier in der
Pflicht, neben ihrer Aufsichtsfunktion explizit auch als Beratungsinstanz zu
agieren und diese Funktion zu stärken. Zusätzlich wollen wir dafür einen Pool
von Expert*innen aufbauen. Dieser soll Einrichtungen und Träger beraten, unter
Einbezug der einschlägigen Fachbereiche an den Hochschulen im Land. Auch die
Fachberatung durch freie Träger ist auszubauen.
Für einen guten Start in die Schule müssen sprachliche und motorische Defizite
möglichst früh erkannt und behoben werden. Wir wollen eine verbindliche,
qualifizierte Erhebung des Sprachstands bei allen Vierjährigen einführen, damit
gezielte Unterstützungsangebote unterbreitet werden können. Dabei muss die
Mehrsprachigkeit von Kindern berücksichtigt werden. Die frühpädagogische
Förderung beim Übergang von der Kita in die Schule, insbesondere im Bereich der
Sprachförderung, muss ohne Abbruch fortgeführt werden. Die Diagnostik in der
flexiblen Schuleingangsphase (Klasse 1 und 2 können in ein bis drei Jahren
absolviert werden) soll in ihrer Wirksamkeit überprüft und bei Bedarf erweitert
werden. Wir wollen, dass multiprofessionelle Teams in Grundschulen durch
Logopäd*innen, Ergotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen unterstützt werden
können.
Wir verstehen Kitas auch als Kinderstuben der Demokratie in denen Kinder bei
allen sie betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden und -handeln.
Demokratieverständnis, gelebte Vielfalt, Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit
sowie umweltgerechtes Handeln müssen noch stärker im Alltag der Kitas sowie in
der Ausbildung der Erzieher*innen berücksichtigt werden. Wir wollen die
Einrichtung von Küchen in Kitas, um die Ernährungskompetenz und gesunde
Versorgung zu stärken. Dabei setzen wir uns für regionale Wertschöpfungsketten
und Netzwerke der Unterstützung sowie der lokalen Vernetzung ein. Das Projekt
"Medienkoffer Geschlechtervielfalt" für Kita und Grundschulen, der so genannte
Kitakoffer des Kompetenzzentrums für geschlechtergerechte Kinder- und
Jugendhilfe wollen wir verstetigen und so ausbauen, dass deutlich mehr
Einrichtungendavon partizipieren können.
Qualität in Kindertagesstätte und Schule sichern
Unsere Kinder brauchen mehr Erzieher*innen, damit jedes Kind angemessen
gefördert werden kann. Die Ausbildungsanforderungen an die Erzieher*innen
wachsen mit deren Aufgaben. Eine praxisorientierte dreijährige berufliche
Ausbildung (piA) soll kurzfristig die schulische Erzieher*innenausbildung
ablösen. Den kontinuierlichen Wechsel von Theorie und Praxis während der PiA-
Ausbildung begrüßen wir ausdrücklich. Die Ausbildung ist angemessen zu vergüten.
Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Bestandteil der
Erzieher*innenausbildung werden. Eine Offensive für den Ausbau von pädagogischen
Studiengängen und die Weiterqualifizierung in der Frühpädagogik an den
Hochschulen ist dringend notwendig. Die Ausbildung mit integrierter Praxis, die
das Land mit Bundesmitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz fördert, muss unabhängig von
der Zukunft dieser Gelder dauerhaft angeboten und ausgebaut werden.
Wir wollen eine Bezahlung der Erzieher*innen, die der gestiegenen Qualifikation
entspricht, sowie die Zeiten der Vor- und Nachbereitung berücksichtigt.
Durch das Konzept der Ganztagsschulen erhält die pädagogische Arbeit an den
Schulen eine stärkere Bedeutung. Gerade im Grundschulbereich muss das
entsprechende Angebot ausgebaut werden, wobei die Horte stärker in das
Gesamtkonzept integriert werden müssen. Die Zuständigkeit für die Horte wollen
wir langfristig im Bildungsressort ansiedeln, um ein Ganztagsschulsystem in
Sachsen-Anhalt zu etablieren. Dieses Ressort hat im Sinne der ganzheitlichen
Unterstützung und Förderung von Kindern und Jugendlichen die Komponente der
Sozialarbeit in seine Arbeit zu integrieren.
Qualitätsstandards an Schulen, Horten und vorschulischen Bildungseinrichtungen
sollen deshalb sowohl die pädagogische Qualität und den Bildungserfolg als auch
die materielle und personelle Ausstattung definieren und vergleichbar machen.
Multiprofessionelle Teams, gut ausgebildetes Personal, verbesserte
Fortbildungsangebote und inklusive Bildungskonzepte sind unsere Eckpfeiler für
Qualitätsstandards. Eltern sollen anhand dieser Konzepte verschiedene
Bildungsangebote vergleichen und informiert entscheiden können.
Kurze Beine, kurze Wege, lokale Lösungen
Jede lokale Situation ist anders. Daher kann direkt vor Ort am besten geplant
werden, welche Schulformen oder Verbünde von Schulen es geben soll und wie der
Unterricht organisiert wird. Wir wollen kommunale Bildungslandschaften, in denen
alle Angebote und Ideen von Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Wirtschaft, Sport,
Kultur, Politik und Verwaltung zusammengeführt sind. Schulgebäude müssen
multifunktionaler ausgelegt werden. Auch Vereins- und Gemeindearbeit kann in
Schulen angeboten werden. Auf dieser Grundlage wollen wir Schulen zu zentralen
Orten der Gemeinden entwickeln, so dass Schüler*innen direkt in die Vereins- und
Gemeindearbeit einsteigen können. Derartige Konzepte müssen in den Kommunen
ausgearbeitet und umgesetzt und bei Schulneubauten bereits in den Planungen
berücksichtigt werden. Sie geben mehr jungen Menschen Chancen, beugen der
Abwanderung vor und befördern die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem zeigt
besonders die Corona-Pandemie, dass kleinere, dezentrale Einheiten neben
pädagogischen auch anderen wichtigen Vorteilen haben. Bürger*innen, Schulträger
und Gemeinden vor Ort benötigen von der Landesregierung erheblich mehr
Gestaltungsspielraum. Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche
Weg.
Längeres gemeinsames Lernen wird durch die Gemeinschaftsschule ermöglicht. Es
kann insbesondere auch durch Verbünde von Grundschulen mit anderen Schulen
realisiert werden, wobei alle Schulabschlüsse, vom Sekundarschulabschluss bis
zum Abitur, ermöglicht werden müssen. Ganztägiger Unterricht fördert gezielt
besondere Fähigkeiten, einschließlich musischer und sportlicher, gleicht
Schwächen aus und schließt Wissenslücken. Derartige Angebote wollen wir zum
Standard machen, sodass unsere Kinder von der Schule aus die ganze Welt erleben
können.
Auch die Wege zu den weiterführenden Schulen sind zu lang. Ein dichtes und
bedarfsgerechtes Netz von ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll entstehen und so
zu kurzen Schulwegen führen. Auch freie Schulen unterstützen wir bei der
Umwandlung in Gemeinschaftsschulen. Die Übergangsregelungen für
Ersatzschulträger sollen dazu entfallen. Zudem sind die im Ganztagsschulbetrieb
anfallenden zusätzlichen Personal- und Sachkosten für staatliche und auch für
freie Schulen durch das Land zu finanzieren.
Fördern statt Sitzenbleiben
Wir wollen in den Grundschulen eine flexible, kindgerechte, jahrgangsgemischte
Schuleingangsphase gestalten, die je nach Entwicklungsstand und
Lerngeschwindigkeit eines Kindes ein bis drei Jahre dauern kann. Mit gezieltem
Unterricht zum Schließen von Lücken soll das kostspielige und sinnlose
Sitzenbleiben abgelöst werden. Studien zeigen: Rückstellungen beim Schuleintritt
und Sitzenbleiben fördern die Lernentwicklung nicht, sondern legen den Kindern
weitere Steine in den Weg. Eine neue Lernkultur, die auf jedes Kind individuell
eingeht und das Lernen voneinander ermöglicht, soll die Leistungsstarken ebenso
wie die Leistungsschwachen fördern. Zu dieser Lernkultur gehört auch,
Leistungsbewertungen zu verändern. Noten sind nicht neutral und daher nicht zum
Leistungsvergleich geeignet. Daher setzen wir uns für neue Formen der
Leistungsbewertung ein. Auch soll der fächerübergreifende Unterricht mit fest
zugewiesenen Stunden im Stundenkontingent jeder Schulform verankert sein.
Fächerübergreifender Unterricht und damit das Aufbrechen der Fachgrenzen
befähigt Schülerinnen und Schüler zu mehr Selbstorganisation.
Der Umgang mit Kindern, die ohne Deutschkenntnisse an die Schulen kommen, muss
dringend professionalisiert werden. Die anfänglichen Sprachbarrieren wollen wir
mit individueller Förderung abbauen. Wir wollen, dass Arbeitsmaterialien in
deutscher Sprache und der Muttersprache sowie der anfängliche Einsatz von
Dolmetscher*innen finanziert werden.
Länger gemeinsam lernen
Um die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen und allen Kindern eine Bildungschance zu
geben, wollen wir das viel zu frühe Sortieren der Kinder nach der vierten Klasse
beenden, da dieses stark durch den sozialen Hintergrund bestimmt ist. Dazu
wollen wir das Angebot einer zehn- bis dreizehnjährigen gemeinsamen Lernzeit in
der Gemeinschaftsschule schaffen. Als Weg dorthin begreifen wir auch Verbünde
von Schulen. Dazu soll die Verordnung der Schulentwicklungsplanung so geändert
werden, dass an Gemeinschaftsschulen wirkliche gymnasiale Oberstufen entstehen
können. Wir wollen die Gemeinschaftsschule dauerhaft als attraktive zweite Säule
neben dem Gymnasium etablieren. Weiterhin fordern wir die Weiterentwicklung des
Gymnasiums zum ganztägigen Lernen, zu verbindlichem offenen Unterricht, zu
Inklusion und zur Arbeit mit multiprofessionellen Teams.
Der Zugang zu Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen. Deshalb
wollen wir Lernmittel ab der 1. Klasse sowie die Schüler*innenbeförderung bis
zum Ende der Schulzeit kostenfrei gewähren. Bildungsgerechtigkeit muss auch beim
Erwerb von Medienkompetenz hergestellt werden. Schwimmunterricht und
Fahrradtraining sind an allen Grundschulen zu realisieren. Für alle Kinder und
Jugendlichen wollen wir ein gesundes regionales Essen in Kitas, Horten und
Schulen anbieten, für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen soll dies
kostenlos sein.
Wir wollen einen für alle verpflichtenden Werteunterricht einführen.
Konfessionell gebundene und nichtreligiöse Kinder sollen gemeinsam über Werte,
Normen, Religionen und deren Ausprägung diskutieren. Dies sehen wir gerade in
einer zunehmend diversen Gesellschaft als nötig an. Zudem wird es immer
schwieriger, allen Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht
anzubieten, ohne dabei andere zu benachteiligen.
Schulautonomie entwickeln
Gute Schulen benötigen mehr eigene Gestaltungsspielräume. Jede Schule soll
unabhängig von ihrer Trägerschaft pro Schuljahr je Schüler*in einen festen
Finanzbeitrag erhalten. Damit soll die Schule selbstständig arbeiten können,
sofern sie sich im Gegenzug verpflichtet, allen Kindern einen unentgeltlichen
Zugang zu gewähren. Die Schulleitung soll mehr Verantwortung und Mitspracherecht
bei der Stellenbesetzung bekommen. Die Schulen bestimmen dann selbst über
Personen und pädagogische Konzepte und darüber, wie viel Geld in Lehrmittel oder
in Personal investiert wird. Gleichzeitig muss das pädagogische Personal von
Verwaltungsarbeit entlastet werden. Die Verantwortung der Schulleiter*innen
wächst. Sie müssen daher durch einen entsprechenden Aufbaustudiengang
unterstützt werden. Freie Schulen müssen allen Kindern unentgeltlich
offenstehen. Wir wollen unter dieser Bedingung die freien Schulen den
staatlichen Schulen finanziell gleichstellen und diese nicht mehr von
zusätzlichen EU- und Bundesmitteln ausschließen.
Schulen an sozialen Brennpunkten sollen zu Schwerpunktschulen entwickelt werden,
um ihre Herausforderungen besser zu meistern. Hier müssen Bedingungen geschaffen
werden, die eine ausgleichende Entwicklung ermöglichen. Dafür müssen ausreichend
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, z.B. eine überdurchschnittlich gute
Personal- und Sachmittelausstattung, für Sprachförderung, für das ganztägige
Lernen und für außerschulische Lernorte.
Inklusion ermöglichen
Wir erwarten die konsequente Umsetzung der zum 1. Januar 2009 in Kraft
getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie
führt zu einer schrittweisen Auflösung von Förderschulen. Die Förderangebote
sollen an allgemeinbildende Schulen verlagert werden. Inklusion im Unterricht
bereitet Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf besser auf ihr
Erwachsenenleben außerhalb des geschützten Lernortes Schule vor und verbessert
ihre Lebensqualität. Die Eltern von Kindern mit Förderbedarf wollen wir mit
besseren Informations- und Beratungsmöglichkeiten unterstützen. Gleichzeitig
sollen alle Kinder einen unbefangenen und rücksichtsvollen Umgang mit Menschen
mit Behinderung erlernen und erfahren. Bis zu dieser vollständigen Umgestaltung
wollen wir die Förderschulen unterstützen. Wir wollen sicherstellen, dass die
Lern- und Aufenthaltsbedingungen an auslaufenden Förderschulen angemessen sind
und jedes Kind optimale Förderung erfährt.
Bei der Einführung von Schulkonzepten mit Inklusion wollen wir die Schulen nicht
allein lassen. Unterricht mit Inklusion erfordert gute Vorbereitung. Die
Betreuung an den allgemeinbildenden Schulen muss mit mehr gut qualifiziertem und
sensibilisiertem Personal erfolgen. Die für die Förderschulen bisher
aufgewendeten Finanzmittel und Personalstellen wollen wir dafür umverteilen. Die
baulichen, sächlichen und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen für den
Schulbesuch mit Inklusion sind an vielen Orten noch zu schaffen. An den
Grundschulen muss es mehr inklusive Horte geben, die von Schüler*innen mit und
ohne Behinderung gemeinsam besucht werden können. Es ist zu prüfen, in welchen
Fällen spezialisierte Förderklassen an Regelschulen für besonders schwere
Behinderungen sinnvoll sind. An allen allgemeinbildenden und berufsbildenden
Schulen sollen solche Förderschulklassen angegliedert werden können.
Demokratie lernen, Gemeinsinn stärken
Schule ist der zentrale Ort in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Hier
entwickeln sie eine Vorstellung von Demokratie, lernen den fairen Umgang
miteinander, erfahren von Toleranz, Kompromissen und Regeln. Damit Schüler*innen
ein starkes demokratisches Bewusstsein entwickeln, müssen fünf Voraussetzungen
gegeben sein: Anerkennung der individuellen Persönlichkeit, Beteiligung an
Organisation von Schulveranstaltungen und Gestaltung von Unterricht, gelebte
Demokratie im Schulalltag sowie vielfältiger Sozialkundeunterricht. Letzterer
sollte bereits ab der 5. Klasse beginnen. Denn Sozialkundeunterricht soll die
persönlich-politische Meinungsbildung stärken. Dazu müssen Material- und
Schulungsangebote sowie Bildungspläne angepasst werden, in denen die Europäische
Union ein Querschnittsthema darstellen soll. In den Lehrplänen soll die deutsche
Kolonial- und Migrationsgeschichte sowie deren eurozentristische Perspektive
aufgearbeitet werden. Auch in der Landeszentrale für politische Bildung soll die
europäische Dimension eine größere Bedeutung erhalten.
Jungen Menschen muss freiwilliges gesellschaftliches Engagement außerhalb der
Schule ermöglicht werden. Wir prüfen Freistellungsmöglichkeiten und wollen
entsprechende Angebote fördern. Das Engagement in der Schülervertretungsarbeit
soll gefördert werden. Fehlzeiten, die in Zusammenhang mit der
Schülervertretungsarbeit entstehen, sollen nicht mehr auf dem Zeugnis angezeigt
werden.
Das Demokratieverständnis und den Gemeinsinn an Schulen wollen wir stärken,
indem wir mehr einfache und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten schaffen
wollen. Dazu gehört eine gleichberechtigte Teilnahme von Eltern, Schüler*innen,
Lehrer*innen sowie eine Mitwirkung der sonstigen Angestellten (Drittelparität-
Plus) in der Schulkonferenz. Weiterhin ist uns wichtig, das soziale Miteinander
zu stärken, Streitschlichtungsgruppen in den Schulen aufzubauen und die Anti-
Gewalt-Arbeit fortzuführen. Dazu gehört auch eine aktive Arbeit gegen Sexismus,
Trans- und Homophobie sowie Rassismus. Wir fordern zudem die Möglichkeit, auch
einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt im Abitur auf erhöhtem
Anforderungsniveau zu belegen.
Wir wollen die Schulen weit stärker dazu anregen und ausstatten, für alle
Schüler*innen ein Ort ohne Diskriminierung, Sexismus, Schikanieren und
Gewalterfahrung zu sein. Mobbing ist eine leidvolle Erfahrung für viele
Schüler*innen, die nicht mit dem Schulklingeln endet. Sie setzt sich digital
auch in der Freizeit fort. Dauerhafte psychische Erkrankungen, Schulverweigerung
bis hin zu Selbstmord können Folgen von Mobbing sein. An allen Schulen müssen
daher demokratiepädagogische Konzepte, Anti-Mobbing-Projekte sowie Programme zur
Gewalt- und Suchtprävention ermöglicht werden. Damit sollen Kinder und
Jugendliche soziale, ethische und demokratische Kompetenzen zur
Persönlichkeitsbildung sowie zur gewaltfreien Kommunikation und gendersensiblen
Sprache erwerben. Dabei müssen kulturelle Vielfalt, Geschlechtervielfalt sowie
sexuelle Orientierungen berücksichtigt und queere Peer-to-Peer-
Schulaufklärungsarbeit nach dem Vorbild der SCHLAU-Gruppen in NRW und
Niedersachsen ausgebaut werden. Sanitär- und Umkleideorte müssen sichere Orte
für trans*-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Schüler*innen sein.
Wir wollen einen landesweiten "Anti-Mobbing-Tag" ins Leben rufen, wie im Kapitel
„Kinder und Jugendliche“ beschrieben. Weiterhin sollen
Antidiskriminierungsrichtlinien für Schulen erarbeitet Wir unterstützen das
deutschlandweite Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".
Schulsozialarbeit ausbauen
Schulsozialarbeit und damit die Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe muss ein
fester Bestandteil von Schule werden. Wir wollen ein unbefristetes
Landesprogramm Schulsozialarbeit unter kommunaler Beteiligung und Steuerung. Die
Finanzierung des Landesprogrammes muss das Land Sachsen-Anhalt übernehmen.
Die Schulsozialarbeit muss an allen Schulen und Schulformen ausgebaut werden,
deshalb wollen wir den Erhalt der vierzehn regionalen Netzwerkstellen und der
landesweiten Koordinierungsstelle für Schulsozialarbeit. Dazu gehört auch die
regelmäßige Evaluation und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit. Um einen
besseren Informationsstand für soziale Probleme zu erreichen, wollen wir nach
Hamburger Vorbild einen Sozialindex für unsere Schulen erheben. Die
sozialpädagogische Kompetenz muss stärker in multiprofessionelle Teams in den
Schulen eingebunden werden. Ein Mitspracherecht der Schulsozialarbeiter*innen in
der Selbstverwaltung der Schulen, der Schulkonferenz, ist zu schaffen.
In Umwelt- und Lebensfragen (weiter)bilden
Unsere Umwelt bestimmt unsere Zukunft. Kinder und Jugendliche müssen für
wissenschaftliche und politische Fragen altersgerecht sensibilisiert werden. Zu
den Themen gehören Klima- und Umweltschutz, Naturschutz, Kulturlandschaften,
fairer Handel, Globalisierung, Nachhaltigkeit, Ernährung und
Verbraucher*innenschutz und Verkehrserziehung. Sachsen-Anhalt braucht ein
inhaltlich neues Lehrplan- und Bildungskonzept, das Zusammenhänge der
Lebenswissenschaften stärker in den Mittelpunkt stellt und erfahrbar macht.
Diese Umweltthemen im weitesten Sinne sind durch Unterricht zu
fächerübergreifenden Lernfeldern, insbesondere der Fächer Biologie, Chemie,
Sozialkunde und Ethik, stärker zu berücksichtigen. Die Ökoschulen,
Umweltbildungszentren und Ökologiestationen des Landes Sachsen-Anhalt leisten
einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung.
Wir wollen die die stringente Umsetzung der Empfehlungen und Zielvorgaben des
„nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Diese müssen in
politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Bildungsbereiche sowie in
möglichst allen Förderprogrammen des Landes verankert werden. Dazu wollen wir
geeignete Strukturen fördern und etablieren, etwa eine landesweite
Koordinierungsstelle zum Austausch der Akteur*innen und zur Qualitätssicherung.
Sachsen-Anhalt braucht dafür eine landesweite Internetplattform. Die Fridays-
for-Future-Bewegung, die Ergebnisse des Jugendklimagipfels sowie künftige
Entwicklungen müssen in den Schulen stärker thematisiert werden.
Homo- und Trans*-phobie sowie Geschlechterstereotypen von
Anfang an entgegentreten
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle
Orientierungen und geschlechtliche IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche
Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und
außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der
eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen IdentitätGenderidentität. Jugendlichen muss ein
Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
befürchten. Dazu wollen wir LSBTIQ*-Ansprechpersonen an den Schulen etablieren.
Sexuelle, geschlechtliche und gender- Vielfalt wollen wir zu einem festen
Bestandteil der Erzieher*innen- Ausbildung machen. Die Aus- und Fortbildungen
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend
so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle,
geschlechtliche und gender- IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu
vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
erkennen und diesen entgegenzuwirken. Wir werden einen Bildungsplan mit
Maßnahmen für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ* auf den Weg bringen.
Alle Lehrmittel müssen entsprechend geeignet sein und die reale Vielfalt
fächerübergreifend umfassend darstellen.
Digitale Lehrmittel und ihre Didaktik auf den Weg bringen
Der kompetente Einsatz und Ausbau von digitalen Techniken (E-Learning) muss
angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie forciert und flächendeckend
vorangebracht werden. Die notwendigen Voraussetzungen an Hardware und Software
müssen geschaffen werden. Daneben soll auch der didaktisch sinnvolle Einsatz
dieser Lehrmittel durch umfangreiche Fortbildung und Beratung sowie
entsprechende Schulungen in der Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Der
Zugang der Schüler*innen zum digitalen Lernen darf nicht mehr von den
Möglichkeiten, die die Eltern bieten können, abhängig sein. Wichtig ist auch,
eine funktionierende, datensichere Programm-Plattform auf Landesebene zu
erstellen. Diese sollte Instrumente zur interaktiven Unterrichtsgestaltung und
für Teleunterricht enthalten.
Für die Schulen wollen wir gezielte Beratung und Unterstützung bei der
Medienentwicklungsplanung und bei der Beantragung von Projektmitteln schaffen.
Die Mittel des Digital-Pakts müssen transparent und zügig vergeben werden. Im
Bildungsausschuss soll halbjährlich über den regionalspezifischen
Umsetzungsfortschritt von Investitionen im Bereich Digitalisierung berichtet
werden. Dabei sollen der durch die Kommunen zu leistende Support sowie die
Erfahrungen mit BYOD- („bring your own device“, also Nutzung von eigenen
Geräten) Endgeräten Berücksichtigung finden. Bei Beschaffungen soll, wo immer es
möglich ist, auf modularisierte Geräte, die länger haltbar sind, zurückgegriffen
werden.
Die Medienbildung wollen wir verpflichtend in Studium und Referendariat der
Lehrkräfte verankern. Dies gilt sowohl für die Einbeziehung der Fachdidaktiken,
der Fachseminare sowie der allgemeinen Bildungswissenschaften. Medienbildung
muss in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften als ein verbindlicher und
kontinuierlicher Prozess angesehen werden. Dafür müssen dauerhaft ausreichende
finanzielle und zeitliche Kapazitäten zur Verfügung stehen. Weiterhin wollen wir
den Ausbau der Medienscout-Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die dann
ihre Mitschüler*innen bei der qualifizierten Mediennutzung unterstützen,
fördern.
Europa ins Klassenzimmer bringen
Wir wollen gemeinsam mit den Trägern politischer Bildung die Bildungsarbeit in
Sachsen-Anhalt europäisieren. Europapolitische Bildungsprogramme sollen
verbindlicher Teil der Lehrpläne aller Schultypen sowie von Lehrveranstaltungen
an Volkshochschulen und Hochschulen werden. Um unsere Schüler*innen fit für die
Zukunft zu machen, müssen Europakompetenzen im Unterricht stärker vermittelt
werden. Dazu gehört der sequenzielle bilinguale Unterricht. Den
„Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sowie das Weltaktionsprogramm für
nachhaltige Entwicklung (WAP BNE) wollen wir in Schulen und
Bildungseinrichtungen umsetzen.
Wir ermutigen Schulen dazu, Europaschulen zu werden. Außerdem wollen wir EU-
Jugend- und Austauschprogramme weiter ausbauen. Jede*r Schüler*in muss
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die Möglichkeit haben, in seiner*ihrer
Schullaufbahn Europa im Rahmen eines Kultur- oder Bildungsprojekts außerhalb von
Deutschland zu erleben.
Dem Lehrkräftemangel entgegentreten
Der Mangel an Lehrer*innen ist unübersehbar. Der Unterrichtsausfall an allen
Schulformen nimmt dramatisch zu. Die Beseitigung des Mangels erfordert
erhebliche Anstrengungen. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten massiv
erweitern, um den Beruf attraktiver gestalten zu können. Wir haben in der
Landesregierung zuletzt Einiges in die Wege geleitet, aber wir müssen unsere
Anstrengungen noch erhöhen. Kürzung der Stundentafeln lehnen wir ab. Die Zahl
der Lehramtsstudienplätze im Land soll unter Berücksichtigung der Bedarfe je
nach Fächern und Schulformen weiter erhöht werden. Dies gilt insbesondere für
Studiengänge mit einem Masterabschluss, die sowohl in das Lehramt als auch in
andere Berufsfelder führen. Sie sind ein brauchbares Instrument, um auf
Änderungen des Bedarfs nachhaltig zu reagieren. Die Ausbildungskapazitäten in
den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch in allen Schulformen stehen
dabei im Mittelpunkt.
Es sollen mehr Pädagog*innen mit einem Förderschwerpunkt als zweitem Fach
ausgebildet und Lehrer*innen sowie pädagogische Fachkräfte der Schulen
entsprechend fort- oder weitergebildet werden. Es soll auch mehr
Schulpsycholog*innen geben, um die multiprofessionellen Teams an Schulen zu
unterstützen und den vielfältigen Herausforderungen des Schulalltags
professioneller begegnen zu können. Wir fordern eine Stärkung der allgemein-
pädagogischen und fachdidaktischen Inhalte der Lehramtsausbildung, um künftige
Lehrerinnen und Lehrer besser auf die praktische Vermittlung von Wissen und
dabei auftretende Herausforderungen vorzubereiten.
Ein wichtiges und notwendiges Mittel gegen den Mangel an Lehrer*innen sind
Seiten- und Quereinsteiger*innen. Dies sind Lehrkräfte, die kein Lehramt
studiert haben, aber einen für das Lehramt fachlich geeigneten Studienabschluss
nachweisen können. Quereinsteiger*innen sollen nach einer Vorbereitung in das
Referendariat aufgenommen werden. Seiteneinsteiger*innen sollen nach einem
kurzen Vorbereitungskurs früher an die Schulen kommen. Sie benötigen eine
pädagogische und fachdidaktische Weiterqualifikation und ein eventuell zweites
Unterrichtsfach. Für Seiteneinsteiger*innen muss eine berufsbegleitende
universitäre Weiterqualifizierungsmöglichkeit in Kooperation mit den
landeseigenen Universitäten verbindlich geregelt und zügig umgesetzt werden.
Seiteneinsteiger*innen sollen über eine berufsbegleitende universitäre
Weiterqualifizierung die fachliche, pädagogische und formale Gleichstellung mit
den grundständig ausgebildeten Lehrkräften erreichen können. Durch ein Senior-
Lehrkräfte-Programm wollen wir sie im Schulalltag besser unterstützen. Senior-
Lehrkräfte sollen auch für die Begleitung der verpflichtenden Schulpraktika von
Lehramtsstudierenden gewonnen werden. Die Beratung sowie die
Genehmigungsverfahren zum Seiteneinstieg müssen stetig verbessert und
beschleunigt werden. Besonders das Verfahren für freie Schulträger, muss
vereinfacht werden und gebührenfrei sein. Hier soll die jeweilige
Schulleitung/Geschäftsführung diese Entscheidung in eigener Kompetenz treffen
können, wobei dem Landesschulamt dann die stichprobenhafte Überprüfung zur
Eignung der eingesetzten Lehrkräfte obliegt. Für den wechselseitigen Austausch
und um voneinander zu lernen, soll es Veranstaltungsformate geben, in denen
anfängliche Schwierigkeiten und Lösungsstrategien im neuen Beruf thematisiert
und zur Weiterentwicklung im beruflichen Selbstverständnis genutzt werden
können. Diese Erfahrungen sollt insbesondere zur Weiterentwicklung von Schule
durch das Landesinstitut für Schulentwicklung organisiert und begleitet werden.
Wir wollen, dass Seiten- und Quereinsteiger*innen mit einem Masterabschluss in
die Stufe E13 der Entgelttabelle als Einstiegsgehalt eingruppiert werden.
Lehrer*innen mit ausländischen Abschlüssen wollen wir den Weg ins Lehramt in
Sachsen-Anhalt erleichtern.
Die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte müssen verbessert werden. Wir wollen
deshalb die Einführung von Arbeitszeitkonten auf den Weg bringen. Alle
geleisteten Überstunden an Schulen sollen mit mindestens dem regulären
Stundensatz einer Unterrichtsstunde bezahlt werden. Dabei sollen Lehrkräfte frei
entscheiden können, ob sie Mehrarbeit vergütet bekommen oder ob sie diese
langfristig in Freizeit umwandeln wollen. Angeordnete Mehrarbeit soll bei
maximal zwei Unterrichtsstunden gedeckelt werden. Wir wollen die geltenden
Regelungen zu Abminderungsstunden in der Qualifikationsphase beibehalten.
Ein Konzept zur Rücknahme der Maßnahmen zur angeblichen Effizienzsteigerung,
insbesondere in der flexiblen Schuleingangsphase an den Grundschulen, muss
entwickelt und vorgelegt werden, um langfristig einen guten Personalschlüssel
sicherzustellen. Lehrkräfte sollen an allen Schulformen das Gleiche verdienen.
Deshalb sollen auch Grundschullehrkräfte nach Entgelttabelle E13/A13 bezahlt
werden. Wir schlagen dafür einen mehrstufigen Plan vor, um die Gehälter
sukzessive anzugleichen. Wir wollen ein Modellprojekt ins Leben rufen, das es
befristet möglich macht, die nicht besetzten Stellen in ein Budget umzuwandeln,
das den Schulen zur Verfügung gestellt wird. Damit können individuelle Lösungen
vor Ort für die Entlastung von Lehrkräften oder ergänzende Angebote zum
Unterricht realisiert werden.
Jede staatlich und jede freie Schule soll so die Möglichkeit bekommen,
besonderes Engagement von Lehrkräften zu würdigen. Für die gezielte
Wertschätzung von Lehrkräften soll ein Budget im Landeshaushalt eingerichtet
werden. Würde man zwei Euro pro Schüler*in in Sachsen-Anhalt veranschlagen, käme
man auf knapp 400.000 Euro.
Berufliche Ausbildung für alle
Eine gute Zukunftschance für alle Jugendlichen ist ein Gebot der Gerechtigkeit
und unserer Solidarität. Sachsen-Anhalt leidet unter einem Fachkräftemangel,
verstärkt durch demografischen Wandel. Wichtig ist daher, allen jungen Menschen
berufliche Orientierung und Zugang zu vielfältigen praktischen Erfahrungen in
der Berufswelt zu ermöglichen. Um die verbindliche Berufsorientierung zu
verbessern, soll die Berufsorientierung durch vielfältige Zugänge wie Praktika
oder Berufsorientierungstage in allen Schulformen ab der fünften Klassenstufe
angeboten werden - in Gymnasien gleichberechtigt neben der Studienorientierung.
Zudem gilt es die MINT-Fächer im Fächerkanon zu stärken, insbesondere mehr
Schülerinnen für technische Berufe zu begeistern.
Für uns ist eine berufliche Ausbildung genauso wertvoll wie ein Studium. Wir
wollen daran mitwirken, den Ruf der Ausbildung aufzuwerten und den europäischen
Qualifikationsrahmen mit Leben zu füllen. Dies soll sich auch in der Vergütung
von allen Ausbildungen zeigen, indem sie unentgeltlich sind und besser entlohnt
werden. Besonderes Augenmerk soll hier auf Ausbildungsberufe wie Pflegekräfte,
medizinisches Personal, Erzieher*innen gelegt werden. Verantwortungsvolle Berufe
müssen auch entsprechend finanziell gewürdigt werden und für junge Menschen
attraktiv sein zu erlernen.
Besondere Herausforderungen sind der Mangel an Lehrkräften an berufsbildenden
Schulen sowie die viel zu hohe Zahl an Jugendlichen, die die Schule ohne
Abschluss beenden. Im Jahr 2018 waren dies laut einer Caritas-Studie in Sachsen-
Anhalt 11,4 Prozent aller Schüler*innen. Besonders betroffen sind Schüler*innen,
die ohne deutsche Sprachkenntnisse in die Schule kommen und oft auf Grund von
Sprachbarrieren den Hauptschulabschluss nicht schaffen. Eine zweite Chance gibt
es im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Hier werden an etwa 20 Standorten in
Sachsen-Anhalt berufsvorbereitende Kompetenzen und Allgemeinbildung vermittelt.
Durch die Teilnahme an einem Kolloquium am Ende des BVJ kann dann ein
Schulabschluss nachgeholt werden. Den durch die sehr heterogene
Schüler*innenschaft bedingten Herausforderungen müssen wir gezielt mit einer
umfassenden Willkommens- und Ankommenskultur begegnen. Dafür wollen wir
ausländische Abschlüsse schneller und kostengünstiger anerkennen und prüfen, wie
der Zugang zu Ausbildungen noch weiter erleichtert werden kann.
Beratungsstrukturen für migrantische Arbeitskräfte, wie beispielsweise das EU-
geförderte Landesprojekt BemA müssen fortgeführt werden.
Es darf niemand abgehängt oder aufgegeben werden. Wenn Unterstützung hilft, dann
wollen wir sie ermöglichen. Wir setzen uns deshalb auch für die Beibehaltung der
Einstiegsqualifizierung (Plus) und der assistierten Ausbildung der Agenturen für
Arbeit ein. Die Notwendigkeit eines Landesprogrammes zur
Ausbildungsplatzgarantie soll geprüft und wenn nötig umgesetzt werden, denn
Ausbildung ist ein Recht für alle, unabhängig von demografischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen.
Kleine und mittlere Betriebe und Unternehmen benötigen Unterstützung bei der
Ausbildung. In der Corona-Pandemie war es nicht allen Unternehmen möglich, ihre
Auszubildendenplätze zu erhalten. Gemeinsam mit den Unternehmen wollen wir Wege
suchen, ihre Ausbildungsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, um dadurch
jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Gemeinsame Kooperation in
Verbundausbildungen, bei der die Ausbildungsinhalte zusammen mit den Kammern in
Modulen organisiert werden, ist ein vielversprechender Ansatz. Wir wollen allen
jungen Menschen durch individuelle sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung und
Coaches zu einer erfolgreichen beruflichen Ausbildung verhelfen. Die
Unterstützungsangebote müssen unbürokratisch und für Jugendliche erreichbar
sein.
Wir wollen Auszubildendenwohnheime analog zu Studierendenwohnheime an Standorten
schulischer beruflicher Bildung stützen, um noch mehr Auszubildenden die
wohnortnahe Ausbildung zu ermöglichen. Die Möglichkeit, mittels des
Erasmusprogramms die Ausbildung teilweise in einem anderen EU-Staat zu
absolvieren, wollen wir bekannter machen. Im Bereich der fachschulischen
Ausbildung wollen wir eine generelle Schulgeldfreiheit realisieren. Im Bereich
der Gesundheitsberufe ist dies seit langem überfällig und schnellstmöglich
umzusetzen.
Die Humboldt’sche Universität im 21. Jahrhundert etablieren
Das fruchtbare Zusammenspiel von Forschung und Lehre, die Freiheit der
Wissenschaft von politischen Zwängen und Hochschulen als Orte des
gleichberechtigten, kritischen Diskurses unter Studierenden und Lehrenden sind
die Richtschnur unserer Hochschulpolitik. Im 21. Jahrhundert gehören hierzu auch
das Streben nach guten Arbeitsbedingungen, verlässlichen Karrierewegen,
Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit und die fortschreitende
Internationalisierung von Studiengängen.
Hochschulbildung muss neu gedacht werden, und zwar unter gleichberechtigter
Beteiligung von Studierenden, Professor*innen, wissenschaftlichem Mittelbau und
allen anderen Mitarbeiter*innen. Das Mandat dieser vier beteiligten
Statusgruppen ist gegenüber den Hochschulleitungen und dem Land zu stärken. Ein
ausgewogenes Modell zur Viertelparität der Statusgruppen in der akademischen
Selbstverwaltung war im Entwurf des neuen Hochschulgesetzes schon weit
entwickelt, konnte aber letztlich nicht durchgesetzt werden. Wir halten an der
Forderung weiter fest. Auch soll die Universitätsleitung durch ein von
Studierenden besetztes Prorektorat ergänzt werden. Weiterhin muss der kompetente
Umgang mit Genderfragen und Diversität, insbesondere bei Führungskräften,
stärker im Hochschulalltag praktiziert werden.
Drittmittel für Universitäten sind keine grundsätzlich abzulehnende
Finanzierungquelle. Aber die Wissenschaft nimmt derzeit massiven Schaden durch
eine zu große Abhängigkeit von Drittmittelprojekten. Diese sind in erheblichem
Umfang politisch oder anderweitig fremd gesteuert. Sie verursachen vor allem
einen erheblichen Zeitaufwand für Antragsteller*innen und
Projektbearbeiter*innen, der für deren wissenschaftliche Arbeit verloren geht.
Neben einer verbesserten Grundfinanzierung wollen wir in Sachsen-Anhalt ein
Modell zur befristeten Mittelzuweisung entwickeln. Bei diesem werden Gelder
jeweils aufgrund der bereits erbrachten und nicht der geplanten
wissenschaftlichen Leistungen bewilligt, da innovative Forschung nicht immer
planbar ist. Die Mittel sollen nicht an die Verwendung in einer bestimmten
Einrichtung gebunden sein. Den Wissenschaftler*innen wird die Möglichkeit
gegeben, sich selbstständig zu Forschungsgruppen oder Instituten zusammen zu
tun, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten.
Wenn die Anzahl von Publikationen und anderer einfacher Zahlenindikatoren bei
wichtigen Entscheidungen unreflektiert verwendet wird, schadet es der
Wissenschaft. Wir wollen stattdessen alle Maßnahmen unterstützen, die die
Qualität von wissenschaftlichen Leistungen bei Beurteilungen und Entscheidungen
in den Mittelpunkt stellen.
In Lehre und Forschung investieren
Leistungsfähige und international ausgerichtete Hochschulen sind zentrale
Pfeiler der Zukunftspolitik für Sachsen-Anhalt, in die wir investieren wollen.
Die Hochschulen sind hierzulande immer noch unterfinanziert, auch wenn wir die
Kürzungspolitik der Vergangenheit beendet haben. Um die Freiheit von Lehre und
Forschung zu gewährleisten, ist eine angemessene Grundfinanzierung der
Hochschulen zu sichern. Insgesamt ist eine solide Grundausstattung der
Hochschulen des Landes eine wichtige Voraussetzung für deren nationale und
internationale Konkurrenzfähigkeit. Die Stellenpläne der Universitäten sollen
abgeschafft werden.
Studiengebühren lehnen wir ab. Die Langzeitstudiengebühren wurden abgeschafft,
jetzt müssen auch die Zweitstudiengebühren bei beruflicher Umorientierung
entfallen. Die Möglichkeiten zum Teilzeitstudium für alle, zum Beispiel für
Studierende mit Kindern oder mit teilweiser Berufstätigkeit, wollen wir weiter
ausbauen.
Die Hochschulen müssen den Weg zu einem erfolgreichen Hochschulstudium eröffnen.
Dafür braucht es flexible Angebote zur Qualifizierung aller Menschen. Dies gilt
auch für Menschen ohne Abitur, für Menschen mit Behinderungen sowie für Menschen
mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und aus unterschiedlichen
Herkunftsländern gleichermaßen.
Die prekären Beschäftigungsverhältnisse an unseren Hochschulen wollen wir
beenden. Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht international konkurrenzfähige
Karrierepfade, zum Beispiel mit mehr Tenure-Track-Professuren und mehr
unbefristeten Stellen. Grundlagen hierzu wurden in der laufenden Wahlperiode
gelegt. Wir wollen das Konzept weiter ausbauen. In den forschungsstarken
Bereichen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Stellen für die
wissenschaftliche Weiterqualifikation und für unbefristeten Mittelbau geschaffen
werden.
Wir wollen das Hochschulmedizingesetz endlich modernisieren. Es braucht unter
anderem eine rechtliche Klarstellung, um die wirtschaftliche Betätigung der
Universitätsklinika zu ermöglichen und die Verankerung von Gleichstellung wie im
Hochschulgesetz.
Wegen der langen Ausbildungszeiten fordern wir, dass für Psychotherapeut*innen
die Ausbildung nach altem Recht noch bis zum Jahr 2032 angeboten wird. Genauso
setzen wir uns dafür ein, dass das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe die
Prüfungen nach altem Recht großzügig bis zum Jahr 2035 gewährt. Für den neuen
Direktstudiengang Psychotherapie in Magdeburg sollen die sich ergänzenden
Kapazitäten an beiden Hochschulen kooperativ genutzt werden.
Wir wollen mehr Berufungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördern und
künftig in den Zielvereinbarungen verankern. Dies gilt zum Beispiel für
Forschung zu Bio-Landwirtschaft, Radverkehr sowie Queer Studies und
Genderstudies.
Gute Lehre fördern
Wir wollen ein selbstbestimmtes Studium und dafür die derzeitig gängige Praxis
der Massenabfertigung überwinden. Auch die Verschulung und Bürokratisierung in
den Bachelor- und Masterstudiengängen, die durch den Bologna-Prozess entstanden
ist, sollen Vergangenheit werden. Zu einem umfassenden Bildungsverständnis
gehört Zeit für gesellschaftliches Engagement, die in den Studienordnungen
Eingang finden muss. Darum wollen wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass
Zeit für ehrenamtliches Engagement in den BAföG-Richtlinien ermöglicht wird. Die
Hochschulen müssen außerdem in ausreichender Zahl Studienplätze für das
Masterstudium zur Verfügung stellen und Studiengänge für die Lehrämter und
Erzieher*innen modernisieren.
Der Beruf der Lehrer*innen wird anspruchsvoller und vielfältiger. Der Umgang mit
zunehmend heterogenen und inklusiven Lerngruppen stellt eine Herausforderung an
die Ausstattung der Schulen, aber auch an die Ausbildung der Lehrer*innen dar.
Notwendig ist, die pädagogischen, didaktischen und psychologischen Anteile im
Studium und im Referendariat zu erhöhen. Diese sollen gleichgewichtig neben der
fachlichen Ausbildung stehen. Auch fächerübergreifender Unterricht muss ein
stärkeres Gewicht bekommen. Kompetenzentwicklung zu gelebter Demokratie,
verstärktem Umweltbewusstsein, gelingender Inklusion, interkulturellem
Miteinander und Deutsch als Zweitsprache skizzieren die Eckpunkte einer
zukunftsorientierten Ausbildung in Studium und Referendariat sowie der Fort- und
Weiterbildung von Lehrkräften. Besonders wichtig ist die Schulung des
produktiven Umgangs mit heterogenen Lerngruppen und kultureller Diversität. Dies
gilt insbesondere hinsichtlich berufsbildender Schulen, die das
Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zum Nachholen eines anerkannten Schulabschlusses
anbieten.
Die Lehramtsstudiengänge müssen sich zukünftig am Alter der Schüler*innen, somit
an den entwicklungspsychologischen und didaktischen Unterschieden, und nicht
mehr an den Schulformen orientieren. Daraus resultiert das Studium des Lehramts
an Grundschulen sowie der Sekundarstufen I und II. Die Lehramtsstudiengänge
sollen mit einer gemeinsamen Studieneingangsphase beginnen. Für alle
Beschäftigten muss es zertifizierte Fortbildungen geben, die es ihnen erlauben,
sich den wandelnden Anforderungen kompetent zu stellen. Europakompetenzen müssen
ins Lehramtsstudium geeigneter Fächer integriert werden. Sie sollen auch in
Weiterbildungsangeboten verstärkt angeboten werden. Die Erweiterung der
Lehrkräfteausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen um das Fach
Englisch wollen wir unterstützen.
Um gerade Jungen in Kindergarten und Grundschule die Identifikation mit
männlichen Vorbildern zu ermöglichen, unterstützen wir alle Maßnahmen, die das
Ziel haben, den Männeranteil im Erzieher- und Grundschullehrberuf deutlich
anzuheben.
Nachhaltig forschen
Wissenschaft und Forschung zu Nachhaltigkeit wollen wir in Sachsen-Anhalt als
eine zentrale Leitidee zukünftiger Hochschulentwicklung fest verankern. Hierzu
benötigen wir konkurrenzfähige Förderprogramme und thematische Schwerpunkte
unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen und ökologischen Lebensweise.
Sachsen-Anhalt soll seine Spitzenposition bei den Erneuerbaren Energien
behalten. Hierbei messen wir der Forschung zu Speichertechniken und
intelligenten Stromnetzen eine besondere Bedeutung zu. Das wird sich langfristig
für unser Land rechnen. Gleichzeitig sollen die Hochschulen selbst die netto
CO2-Neutralität bis 2030 erreichen. Dafür sollen sie 100 Prozent Erneuerbare
Energien für die Stromversorgung nutzen, bessere Gebäudedämmung und ein
Umweltmanagementsystem (EMAS) einsetzen.
Dem Tierschutz in der Forschung messen wir große Bedeutung zu. Die
Gewissensfreiheit der Studierenden muss gewahrt bleiben. Niemand sollte gegen
sein Gewissen gezwungen werden, Tiere zu sezieren. Darum wollen wir, die Pflicht
zum Sezieren von Tieren in der gesamten Ausbildung dort abschaffen, wo es nicht
unbedingt notwendig ist.
Das öffentliche Erkenntnisinteresse muss erheblich sein, um den Einsatz von
Labortieren in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Diese Versuchstiere müssen
nachweisbar artgerecht gehalten werden. Die Entwicklung von Alternativverfahren
müssen stärker gefördert sowie Ersatzmethoden schneller anerkannt werden.
Deshalb setzen wir uns für eine, bestenfalls bundesweite, Datenbank für alle
bisher bekannten Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen ein.
Gute Wissenschaft benötigt die Unabhängigkeit der Forschung an den Hochschulen,
deshalb wollen wir, dass Kooperationen mit Unternehmen transparent gestaltet
werden müssen.
Nachhaltigkeit auch in Betrieb, Lehre und Governance
Die Einführung von Nachhaltigkeitsbüros und Green-Offices hat sich auch in
Sachsen-Anhalt bewährt. An allen Hochschulen und an einigen Forschungsinstituten
gibt es Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit, gefördert/gefordert durch
Studierende, Mitarbeitende, Lehrende und teilweise durch die Hochschulleitungen.
Diese Bestrebungen sollen gebündelt und weiter personell und strukturell
unterstützt werden. Deshalb müssen an allen Hochschulen
Nachhaltigkeitsbeauftragte benannt und möglichst überall Nachhaltigkeitsbüros
mit personeller Struktur geschaffen werden. Im Ministerium für Wissenschaft,
Wirtschaft und Digitalisierung soll hierfür eine Koordinierungs- und
Beratungsstelle geschaffen werden. Sie soll die Hochschulen und
Forschungsinstitute sowie ihre Mitglieder und Leitungen zur Implementierung von
nachhaltiger Entwicklung in Betrieb, Governance, Lehre und Forschung beraten.
Diese Koordinierungs- und Beratungsstelle soll fester Bestandteil des
landesweiten Netzwerks für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sein.
MINT-Bildung stärken
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) sind entscheidende
Fächer und Kompetenzen für zukünftige Arbeitsmärkte. Schulen und Hochschulen mit
mehr MINT-Absolvent*innen sind ein entscheidender Standortvorteil für Sachsen-
Anhalt. Die schulische Didaktik hängt hier jedoch weit den Anforderungen der
Wissenschaft und Wirtschaft hinterher. Deswegen wollen wir im Rahmen des
Strukturwandels im ehemaligen Kohlerevier ein neu zu gründendes angewandtes
MINT-Schuldidaktik-Institut, in Anlehnung an außeruniversitäre
Forschungsinstitute, etablieren. An diesem sollen Lehrer*innen, Erzieher*innen
und Wissenschaftler*innen neue Formen der Vermittlung von MINT-Wissen in
Kooperation mit Unternehmen erforschen, an Schulen einsetzen und anschließend
evaluieren. Mithilfe erfolgreicher Vermittlungsformen kann so eine
Breitenqualifikation von Lehrkräften erfolgen.
Weiterhin sollen Studierende sowohl in Vorkursen als auch während des Studiums
im MINT-Bereich stärker praktisch aktiv werden können. Hierzu können Maker-Labs
und Kurse in nützlichen Grundfertigkeiten wie Schweißen, Löten, Reparieren oder
Programmieren zum Einsatz kommen. Diese können durch Repair-Cafés, Netz-Cafés
und freie Werkstätten auf dem Campus ergänzt werden. Derartige Einrichtungen und
studentische Eigeninitiative wollen wir auf Landesebene fördern und von den
Hochschulen in den Zielvereinbarungen einfordern. Darüber hinaus sollten die
Studierenden während ihres Studiums mehr Möglichkeiten haben, zum Betrieb der
Hochschule mit eigenen Projekten und Abschlussarbeiten beizutragen. So kann
beispielsweise eine campuseigene Photovoltaikanlage geplant, die Mensa
energetisch optimiert oder eine Campus-App programmiert werden. Dadurch wird der
Campus selbst zum Experimentierfeld.
Mehr Frauenpower für die Wissenschaft
Die Gesamtzahl der weiblichen und männlichen Studierenden ist durchschnittlich
ausgeglichen. Auch bis zur Promotion liegt diese Verteilung nahezu bei jeweils
50 Prozent. Auf den folgenden Karrierestufen und in Führungspositionen nimmt der
Anteil der Frauen jedoch weiterhin deutlich ab. Auch sind Frauen in den Fächern
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) stark
unterrepräsentiert. Die fest etablierte Koordinierungsstelle Genderforschung und
Chancengleichheit Sachsen-Anhalt (KGC) unterstützt aktiv die
Gleichstellungsarbeit der Hochschulen. Sie arbeitet mit Programmen zur
Unterstützung von Karrierewegen in der Wissenschaft und zur Förderung von Frauen
in den MINT-Fächern, unter anderem bei der Studienwerbung. Diese Programme sind
teilweise vom Bund nur zeitweise bewilligt. Daher sollen sie evaluiert und
gegebenenfalls aus Landesmitteln weitergeführt werden. Das Studium und die
Wissenschaft als Beruf müssen familienfreundlicher gestaltet werden.
Im neuen Hochschulgesetz werden die Hochschulen verpflichtet, bei Berufungen in
der Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen Schutzfristen nach dem
Mutterschutzgesetz, Kindererziehungszeiten sowie Zeiten der Pflege von
Angehörigen zu berücksichtigen. Die konsequente Umsetzung aller Fördermaßnahmen
und Bestimmungen muss durch konsequentes Gender-Controlling und Monitoring mit
Sanktionsmöglichkeiten überwacht werden.
Nach der Promotion soll der Frauenanteil jeder wissenschaftlichen Karrierestufe
mindestens so hoch sein, wie derjenige der direkt darunterliegenden
Qualifizierungsstufe, bis die Professuren geschlechtergerecht verteilt sind.
Deshalb wollen wir, dass Stellenbesetzungen nur noch gemäß diesem Kaskadenmodell
erfolgen. Zur Sicherung der Teilhabe von Frauen in Entscheidungsgremien der
Hochschule sind Frauen bei der Besetzung von Gremien und Organen der
Selbstverwaltung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung von Listen
und Kandidaturen für Wahlorgane und Wahlgremien sind unterrepräsentierte
Geschlechter zumindest ihrer Anteile an der jeweiligen Mitgliedergruppe
entsprechend durch eine Quotenregelung zu berücksichtigen.
Willkommenskultur für Studierende und Wissenschaftsnachwuchs
Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt müssen noch deutlich attraktiver für
internationale Nachwuchswissenschaftler*innen werden. Dafür muss die
Willkommenskultur an Hochschulen, sowohl für Studierende als auch für
Wissenschaftler*innen und deren Familien ausgebaut werden. Internationale
Wissenschaftler*innen schaffen zum Beispiel durch Drittmitteleinwerbung
hochqualifizierte Arbeitsplätze und liefern neue Impulse für
Technologiefirmengründungen. Im Wettbewerb um die klügsten Köpfe müssen
Nachteile, wie beispielsweise Anreisekosten zu Vorstellungsgesprächen,
ausgeglichen sowie Diskriminierung fördernde Strukturen und bürokratische Hürden
abgebaut werden.
Dabei gibt es einige Beispiele für effektive Methoden, um exzellente
Nachwuchsforscher*innen zu gewinnen. Das Land fördert die Nachwuchsprojekte des
European Research Council. Kostengünstige digitale Möglichkeiten bei der
Rekrutierung, zum Beispiel durch Postdoc-Netzwerke, sollten genutzt werden.
Berufungssymposien, wie in England praktiziert, sollten eingeführt werden. Die
Evaluierung von Leistungen bei Tenure-Track-Verfahren und darüber hinaus darf
sich nicht auf wenige und teilweise ungeeignete Parameter beschränken. Sie muss
Lehrleistungen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und sonstige Aktivitäten angemessen
berücksichtigen. Sachsen-Anhalt ruft bisher jährlich große Summen von EU-
Fördergeldern im Bereich Forschung nicht ab. Das wollen wir gezielt verbessern.
Mit dauerhafter personeller und finanzieller Unterstützung soll der Abruf
verstetigt werden. Die soziale Infrastruktur sollte weiterhin in einem Welcome-
Center gebündelt werden, welches auch Anliegen wie Wohnungsfragen, Sprachkurse
und den Familiennachzug vereinfacht.
Lebenslanges Lernen
Lernen endet nicht mit dem Abschluss der Berufsausbildung oder des Studiums. Wir
treten für lebenslanges Lernen ein. Das Bildungsfreistellungsgesetz muss
modernisiert und durch eine Kampagne bekannter gemacht werden. Bildungsurlaub
soll nicht nur für berufliche Weiterbildung, sondern zum Beispiel auch für
Fremdsprachen, politische Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie den Erwerb von
Medienkompetenz gewährt werden.
Die Angebote zu Weiterqualifikationen und Fortbildungen an den Hochschulen
müssen ausgebaut und stärker in den Lehrdeputaten als Dienstaufgaben in der
Lehre berücksichtigt werden, was mehr Personalmittel erforderlich macht. Zudem
soll es für Lehrkräfte verpflichtende Fortbildungen, sowie
Weiterqualifizierungen und Beratungen insbesondere in den Bereichen
Förderpädagogik, Medienbildung und Demokratiepädagogik geben. Dabei sind
verschiedene Unterrichtsformate, schulinterne Kooperationsformen für heterogene
Lerngruppen, die Entwicklung von fächerübergreifenden Aufgaben für
unterschiedliche Lernniveaus sowie gezielte Unterstützung im Umgang mit
interkulturellen Differenzen zu berücksichtigen.
Zu guten Bedingungen für lebenslanges Lernen gehören Programme von
Volkshochschulen und Senior*innenakademien ebenso wie bezahlbare und erreichbare
Kursangebote, auch in den ländlichen Räumen. Abendschulen sowie verstärkte
Angebote zur Alphabetisierung und Grundbildung unterstützen wir nachdrücklich.
Informationen allen zugänglich machen
Zum freien Zugang zu Informationen gehören auch verlässliche Informationsträger.
Daher setzen wir uns für ein Verbot von Werbung, Sponsoring und anderen
Versuchen der Einflussnahme (beispielsweise kostenlose „Unterrichtsmaterialien“
mit einseitiger Ausrichtung an bestimmte Interessen), an Kindertagesstätten und
Schulen in unserem Bundesland ein. Mit staatlichen Geldern erforschtes Wissen
gehört der Allgemeinheit und muss frei verfügbar sein. Wir unterstützen daher
nachdrücklich „Open Access“-Initiativen und Netzneutralität.
Das Bund-Länder-Kooperationsverbot in der Bildung abschaffen
Das Grundgesetz wurde im Rahmen der Föderalismusreform unsinnigerweise so
geändert, dass der Bund sich in der Bildungspolitik schwerer engagieren kann.
Der Bund muss angesichts knapper Kassen in den Ländern und Kommunen mehr
Verantwortung für die Bildungsfinanzierung übernehmen. Über den Bundesrat wollen
wir uns dafür einsetzen, diesen Passus im Grundgesetz wieder ganz zu streichen.
Wir sind für stärkere Kooperation in der Bildung, um ein ausgeglichenes
Bildungsangebot sicherzustellen. Damit wollen wir zum Beispiel Probleme beim
Umzug von Schulkindern über Landesgrenzen abbauen. Wir sind für ein bundesweit
vergleichbares Abitur. Die kleinen Fächer, die nur an wenigen Hochschulen
angeboten werden, die „Orchideenfächer“, müssen besser koordiniert und vom Bund
gefördert werden, weil sie einen überregionalen Bedarf abdecken.
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Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle Orientierungen und geschlechtliche IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen IdentitätGenderidentität. Jugendlichen muss ein Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
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sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, geschlechtliche und gender- IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
VI Bildung
Mehr Gerechtigkeit und höhere Qualität: darauf kommt es an. Gemeinsam mit allen
Beteiligten wollen wir unsere Bildungslandschaft im Sinne des Lebenslangen
Lernens weiterentwickeln. Gleichzeitig wollen wir mit dezentralen
Schulstrukturen die ländlichen Räume stärken.
Kitas, Horte, Schulen, Universitäten und andere Bildungsorte sollen die Werte
unserer pluralistischen Gesellschaft stärker widerspiegeln. Dies sind für uns
Themen wie Demokratieverständnis, Zivilgesellschaft, Diversität,
Digitalisierung, europäische Einigung, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Wir
wollen gute Bildung in jedem Alter und an jedem Bildungsort, denn so befähigen
wir alle, sich zu entfalten, an der Gesellschaft teilzuhaben und sie positiv
mitzugestalten.
Kitas sind der erste Baustein im Bildungssystem
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, deren Besuch die Bildungschancen
von Kindern erhöht. Wir haben mit dem neuen Kita-Gesetz (KiFöG) einiges
erreicht, insbesondere die Verbesserung des Personalschlüssels, eine weitere
Entlastung von Familien mit mehreren Kindern und eine spezielle Förderung von
Kitas mit besonderen Bedarfen. Es gibt dennoch weiterhin Defizite, etwa bei der
Berücksichtigung von Ausfallzeiten und Vorbereitungszeiten im Rahmen der
Personalbemessung. Im Bereich des Personals wollen wir insbesondere die
Sonderförderung landesweit ausbauen und die zur Verfügung gestellten Mittel
mindestens verdoppeln.
Um die Arbeit in den Einrichtungen zu unterstützen und die Qualitätsentwicklung
und -sicherung zu befördern, wollen wir die Fachberatung seitens des örtlichen
Trägers der Jugendhilfe künftig im KiföG als Rechtsanspruch der Einrichtungen
und Träger aufnehmen. Wir sehen die örtlichen Träger der Jugendhilfe hier in der
Pflicht, neben ihrer Aufsichtsfunktion explizit auch als Beratungsinstanz zu
agieren und diese Funktion zu stärken. Zusätzlich wollen wir dafür einen Pool
von Expert*innen aufbauen. Dieser soll Einrichtungen und Träger beraten, unter
Einbezug der einschlägigen Fachbereiche an den Hochschulen im Land. Auch die
Fachberatung durch freie Träger ist auszubauen.
Für einen guten Start in die Schule müssen sprachliche und motorische Defizite
möglichst früh erkannt und behoben werden. Wir wollen eine verbindliche,
qualifizierte Erhebung des Sprachstands bei allen Vierjährigen einführen, damit
gezielte Unterstützungsangebote unterbreitet werden können. Dabei muss die
Mehrsprachigkeit von Kindern berücksichtigt werden. Die frühpädagogische
Förderung beim Übergang von der Kita in die Schule, insbesondere im Bereich der
Sprachförderung, muss ohne Abbruch fortgeführt werden. Die Diagnostik in der
flexiblen Schuleingangsphase (Klasse 1 und 2 können in ein bis drei Jahren
absolviert werden) soll in ihrer Wirksamkeit überprüft und bei Bedarf erweitert
werden. Wir wollen, dass multiprofessionelle Teams in Grundschulen durch
Logopäd*innen, Ergotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen unterstützt werden
können.
Wir verstehen Kitas auch als Kinderstuben der Demokratie in denen Kinder bei
allen sie betreffenden Angelegenheiten mitentscheiden und -handeln.
Demokratieverständnis, gelebte Vielfalt, Geschlechtervielfalt und -gerechtigkeit
sowie umweltgerechtes Handeln müssen noch stärker im Alltag der Kitas sowie in
der Ausbildung der Erzieher*innen berücksichtigt werden. Wir wollen die
Einrichtung von Küchen in Kitas, um die Ernährungskompetenz und gesunde
Versorgung zu stärken. Dabei setzen wir uns für regionale Wertschöpfungsketten
und Netzwerke der Unterstützung sowie der lokalen Vernetzung ein. Das Projekt
"Medienkoffer Geschlechtervielfalt" für Kita und Grundschulen, der so genannte
Kitakoffer des Kompetenzzentrums für geschlechtergerechte Kinder- und
Jugendhilfe wollen wir verstetigen und so ausbauen, dass deutlich mehr
Einrichtungendavon partizipieren können.
Qualität in Kindertagesstätte und Schule sichern
Unsere Kinder brauchen mehr Erzieher*innen, damit jedes Kind angemessen
gefördert werden kann. Die Ausbildungsanforderungen an die Erzieher*innen
wachsen mit deren Aufgaben. Eine praxisorientierte dreijährige berufliche
Ausbildung (piA) soll kurzfristig die schulische Erzieher*innenausbildung
ablösen. Den kontinuierlichen Wechsel von Theorie und Praxis während der PiA-
Ausbildung begrüßen wir ausdrücklich. Die Ausbildung ist angemessen zu vergüten.
Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Bestandteil der
Erzieher*innenausbildung werden. Eine Offensive für den Ausbau von pädagogischen
Studiengängen und die Weiterqualifizierung in der Frühpädagogik an den
Hochschulen ist dringend notwendig. Die Ausbildung mit integrierter Praxis, die
das Land mit Bundesmitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz fördert, muss unabhängig von
der Zukunft dieser Gelder dauerhaft angeboten und ausgebaut werden.
Wir wollen eine Bezahlung der Erzieher*innen, die der gestiegenen Qualifikation
entspricht, sowie die Zeiten der Vor- und Nachbereitung berücksichtigt.
Durch das Konzept der Ganztagsschulen erhält die pädagogische Arbeit an den
Schulen eine stärkere Bedeutung. Gerade im Grundschulbereich muss das
entsprechende Angebot ausgebaut werden, wobei die Horte stärker in das
Gesamtkonzept integriert werden müssen. Die Zuständigkeit für die Horte wollen
wir langfristig im Bildungsressort ansiedeln, um ein Ganztagsschulsystem in
Sachsen-Anhalt zu etablieren. Dieses Ressort hat im Sinne der ganzheitlichen
Unterstützung und Förderung von Kindern und Jugendlichen die Komponente der
Sozialarbeit in seine Arbeit zu integrieren.
Qualitätsstandards an Schulen, Horten und vorschulischen Bildungseinrichtungen
sollen deshalb sowohl die pädagogische Qualität und den Bildungserfolg als auch
die materielle und personelle Ausstattung definieren und vergleichbar machen.
Multiprofessionelle Teams, gut ausgebildetes Personal, verbesserte
Fortbildungsangebote und inklusive Bildungskonzepte sind unsere Eckpfeiler für
Qualitätsstandards. Eltern sollen anhand dieser Konzepte verschiedene
Bildungsangebote vergleichen und informiert entscheiden können.
Kurze Beine, kurze Wege, lokale Lösungen
Jede lokale Situation ist anders. Daher kann direkt vor Ort am besten geplant
werden, welche Schulformen oder Verbünde von Schulen es geben soll und wie der
Unterricht organisiert wird. Wir wollen kommunale Bildungslandschaften, in denen
alle Angebote und Ideen von Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Wirtschaft, Sport,
Kultur, Politik und Verwaltung zusammengeführt sind. Schulgebäude müssen
multifunktionaler ausgelegt werden. Auch Vereins- und Gemeindearbeit kann in
Schulen angeboten werden. Auf dieser Grundlage wollen wir Schulen zu zentralen
Orten der Gemeinden entwickeln, so dass Schüler*innen direkt in die Vereins- und
Gemeindearbeit einsteigen können. Derartige Konzepte müssen in den Kommunen
ausgearbeitet und umgesetzt und bei Schulneubauten bereits in den Planungen
berücksichtigt werden. Sie geben mehr jungen Menschen Chancen, beugen der
Abwanderung vor und befördern die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem zeigt
besonders die Corona-Pandemie, dass kleinere, dezentrale Einheiten neben
pädagogischen auch anderen wichtigen Vorteilen haben. Bürger*innen, Schulträger
und Gemeinden vor Ort benötigen von der Landesregierung erheblich mehr
Gestaltungsspielraum. Mindestgrößen für Schulen und Klassen sind der falsche
Weg.
Längeres gemeinsames Lernen wird durch die Gemeinschaftsschule ermöglicht. Es
kann insbesondere auch durch Verbünde von Grundschulen mit anderen Schulen
realisiert werden, wobei alle Schulabschlüsse, vom Sekundarschulabschluss bis
zum Abitur, ermöglicht werden müssen. Ganztägiger Unterricht fördert gezielt
besondere Fähigkeiten, einschließlich musischer und sportlicher, gleicht
Schwächen aus und schließt Wissenslücken. Derartige Angebote wollen wir zum
Standard machen, sodass unsere Kinder von der Schule aus die ganze Welt erleben
können.
Auch die Wege zu den weiterführenden Schulen sind zu lang. Ein dichtes und
bedarfsgerechtes Netz von ganztägigen Gemeinschaftsschulen soll entstehen und so
zu kurzen Schulwegen führen. Auch freie Schulen unterstützen wir bei der
Umwandlung in Gemeinschaftsschulen. Die Übergangsregelungen für
Ersatzschulträger sollen dazu entfallen. Zudem sind die im Ganztagsschulbetrieb
anfallenden zusätzlichen Personal- und Sachkosten für staatliche und auch für
freie Schulen durch das Land zu finanzieren.
Fördern statt Sitzenbleiben
Wir wollen in den Grundschulen eine flexible, kindgerechte, jahrgangsgemischte
Schuleingangsphase gestalten, die je nach Entwicklungsstand und
Lerngeschwindigkeit eines Kindes ein bis drei Jahre dauern kann. Mit gezieltem
Unterricht zum Schließen von Lücken soll das kostspielige und sinnlose
Sitzenbleiben abgelöst werden. Studien zeigen: Rückstellungen beim Schuleintritt
und Sitzenbleiben fördern die Lernentwicklung nicht, sondern legen den Kindern
weitere Steine in den Weg. Eine neue Lernkultur, die auf jedes Kind individuell
eingeht und das Lernen voneinander ermöglicht, soll die Leistungsstarken ebenso
wie die Leistungsschwachen fördern. Zu dieser Lernkultur gehört auch,
Leistungsbewertungen zu verändern. Noten sind nicht neutral und daher nicht zum
Leistungsvergleich geeignet. Daher setzen wir uns für neue Formen der
Leistungsbewertung ein. Auch soll der fächerübergreifende Unterricht mit fest
zugewiesenen Stunden im Stundenkontingent jeder Schulform verankert sein.
Fächerübergreifender Unterricht und damit das Aufbrechen der Fachgrenzen
befähigt Schülerinnen und Schüler zu mehr Selbstorganisation.
Der Umgang mit Kindern, die ohne Deutschkenntnisse an die Schulen kommen, muss
dringend professionalisiert werden. Die anfänglichen Sprachbarrieren wollen wir
mit individueller Förderung abbauen. Wir wollen, dass Arbeitsmaterialien in
deutscher Sprache und der Muttersprache sowie der anfängliche Einsatz von
Dolmetscher*innen finanziert werden.
Länger gemeinsam lernen
Um die soziale Gerechtigkeit zu erhöhen und allen Kindern eine Bildungschance zu
geben, wollen wir das viel zu frühe Sortieren der Kinder nach der vierten Klasse
beenden, da dieses stark durch den sozialen Hintergrund bestimmt ist. Dazu
wollen wir das Angebot einer zehn- bis dreizehnjährigen gemeinsamen Lernzeit in
der Gemeinschaftsschule schaffen. Als Weg dorthin begreifen wir auch Verbünde
von Schulen. Dazu soll die Verordnung der Schulentwicklungsplanung so geändert
werden, dass an Gemeinschaftsschulen wirkliche gymnasiale Oberstufen entstehen
können. Wir wollen die Gemeinschaftsschule dauerhaft als attraktive zweite Säule
neben dem Gymnasium etablieren. Weiterhin fordern wir die Weiterentwicklung des
Gymnasiums zum ganztägigen Lernen, zu verbindlichem offenen Unterricht, zu
Inklusion und zur Arbeit mit multiprofessionellen Teams.
Der Zugang zu Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen. Deshalb
wollen wir Lernmittel ab der 1. Klasse sowie die Schüler*innenbeförderung bis
zum Ende der Schulzeit kostenfrei gewähren. Bildungsgerechtigkeit muss auch beim
Erwerb von Medienkompetenz hergestellt werden. Schwimmunterricht und
Fahrradtraining sind an allen Grundschulen zu realisieren. Für alle Kinder und
Jugendlichen wollen wir ein gesundes regionales Essen in Kitas, Horten und
Schulen anbieten, für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen soll dies
kostenlos sein.
Wir wollen einen für alle verpflichtenden Werteunterricht einführen.
Konfessionell gebundene und nichtreligiöse Kinder sollen gemeinsam über Werte,
Normen, Religionen und deren Ausprägung diskutieren. Dies sehen wir gerade in
einer zunehmend diversen Gesellschaft als nötig an. Zudem wird es immer
schwieriger, allen Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht
anzubieten, ohne dabei andere zu benachteiligen.
Schulautonomie entwickeln
Gute Schulen benötigen mehr eigene Gestaltungsspielräume. Jede Schule soll
unabhängig von ihrer Trägerschaft pro Schuljahr je Schüler*in einen festen
Finanzbeitrag erhalten. Damit soll die Schule selbstständig arbeiten können,
sofern sie sich im Gegenzug verpflichtet, allen Kindern einen unentgeltlichen
Zugang zu gewähren. Die Schulleitung soll mehr Verantwortung und Mitspracherecht
bei der Stellenbesetzung bekommen. Die Schulen bestimmen dann selbst über
Personen und pädagogische Konzepte und darüber, wie viel Geld in Lehrmittel oder
in Personal investiert wird. Gleichzeitig muss das pädagogische Personal von
Verwaltungsarbeit entlastet werden. Die Verantwortung der Schulleiter*innen
wächst. Sie müssen daher durch einen entsprechenden Aufbaustudiengang
unterstützt werden. Freie Schulen müssen allen Kindern unentgeltlich
offenstehen. Wir wollen unter dieser Bedingung die freien Schulen den
staatlichen Schulen finanziell gleichstellen und diese nicht mehr von
zusätzlichen EU- und Bundesmitteln ausschließen.
Schulen an sozialen Brennpunkten sollen zu Schwerpunktschulen entwickelt werden,
um ihre Herausforderungen besser zu meistern. Hier müssen Bedingungen geschaffen
werden, die eine ausgleichende Entwicklung ermöglichen. Dafür müssen ausreichend
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, z.B. eine überdurchschnittlich gute
Personal- und Sachmittelausstattung, für Sprachförderung, für das ganztägige
Lernen und für außerschulische Lernorte.
Inklusion ermöglichen
Wir erwarten die konsequente Umsetzung der zum 1. Januar 2009 in Kraft
getretenen UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie
führt zu einer schrittweisen Auflösung von Förderschulen. Die Förderangebote
sollen an allgemeinbildende Schulen verlagert werden. Inklusion im Unterricht
bereitet Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf besser auf ihr
Erwachsenenleben außerhalb des geschützten Lernortes Schule vor und verbessert
ihre Lebensqualität. Die Eltern von Kindern mit Förderbedarf wollen wir mit
besseren Informations- und Beratungsmöglichkeiten unterstützen. Gleichzeitig
sollen alle Kinder einen unbefangenen und rücksichtsvollen Umgang mit Menschen
mit Behinderung erlernen und erfahren. Bis zu dieser vollständigen Umgestaltung
wollen wir die Förderschulen unterstützen. Wir wollen sicherstellen, dass die
Lern- und Aufenthaltsbedingungen an auslaufenden Förderschulen angemessen sind
und jedes Kind optimale Förderung erfährt.
Bei der Einführung von Schulkonzepten mit Inklusion wollen wir die Schulen nicht
allein lassen. Unterricht mit Inklusion erfordert gute Vorbereitung. Die
Betreuung an den allgemeinbildenden Schulen muss mit mehr gut qualifiziertem und
sensibilisiertem Personal erfolgen. Die für die Förderschulen bisher
aufgewendeten Finanzmittel und Personalstellen wollen wir dafür umverteilen. Die
baulichen, sächlichen und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen für den
Schulbesuch mit Inklusion sind an vielen Orten noch zu schaffen. An den
Grundschulen muss es mehr inklusive Horte geben, die von Schüler*innen mit und
ohne Behinderung gemeinsam besucht werden können. Es ist zu prüfen, in welchen
Fällen spezialisierte Förderklassen an Regelschulen für besonders schwere
Behinderungen sinnvoll sind. An allen allgemeinbildenden und berufsbildenden
Schulen sollen solche Förderschulklassen angegliedert werden können.
Demokratie lernen, Gemeinsinn stärken
Schule ist der zentrale Ort in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Hier
entwickeln sie eine Vorstellung von Demokratie, lernen den fairen Umgang
miteinander, erfahren von Toleranz, Kompromissen und Regeln. Damit Schüler*innen
ein starkes demokratisches Bewusstsein entwickeln, müssen fünf Voraussetzungen
gegeben sein: Anerkennung der individuellen Persönlichkeit, Beteiligung an
Organisation von Schulveranstaltungen und Gestaltung von Unterricht, gelebte
Demokratie im Schulalltag sowie vielfältiger Sozialkundeunterricht. Letzterer
sollte bereits ab der 5. Klasse beginnen. Denn Sozialkundeunterricht soll die
persönlich-politische Meinungsbildung stärken. Dazu müssen Material- und
Schulungsangebote sowie Bildungspläne angepasst werden, in denen die Europäische
Union ein Querschnittsthema darstellen soll. In den Lehrplänen soll die deutsche
Kolonial- und Migrationsgeschichte sowie deren eurozentristische Perspektive
aufgearbeitet werden. Auch in der Landeszentrale für politische Bildung soll die
europäische Dimension eine größere Bedeutung erhalten.
Jungen Menschen muss freiwilliges gesellschaftliches Engagement außerhalb der
Schule ermöglicht werden. Wir prüfen Freistellungsmöglichkeiten und wollen
entsprechende Angebote fördern. Das Engagement in der Schülervertretungsarbeit
soll gefördert werden. Fehlzeiten, die in Zusammenhang mit der
Schülervertretungsarbeit entstehen, sollen nicht mehr auf dem Zeugnis angezeigt
werden.
Das Demokratieverständnis und den Gemeinsinn an Schulen wollen wir stärken,
indem wir mehr einfache und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten schaffen
wollen. Dazu gehört eine gleichberechtigte Teilnahme von Eltern, Schüler*innen,
Lehrer*innen sowie eine Mitwirkung der sonstigen Angestellten (Drittelparität-
Plus) in der Schulkonferenz. Weiterhin ist uns wichtig, das soziale Miteinander
zu stärken, Streitschlichtungsgruppen in den Schulen aufzubauen und die Anti-
Gewalt-Arbeit fortzuführen. Dazu gehört auch eine aktive Arbeit gegen Sexismus,
Trans- und Homophobie sowie Rassismus. Wir fordern zudem die Möglichkeit, auch
einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt im Abitur auf erhöhtem
Anforderungsniveau zu belegen.
Wir wollen die Schulen weit stärker dazu anregen und ausstatten, für alle
Schüler*innen ein Ort ohne Diskriminierung, Sexismus, Schikanieren und
Gewalterfahrung zu sein. Mobbing ist eine leidvolle Erfahrung für viele
Schüler*innen, die nicht mit dem Schulklingeln endet. Sie setzt sich digital
auch in der Freizeit fort. Dauerhafte psychische Erkrankungen, Schulverweigerung
bis hin zu Selbstmord können Folgen von Mobbing sein. An allen Schulen müssen
daher demokratiepädagogische Konzepte, Anti-Mobbing-Projekte sowie Programme zur
Gewalt- und Suchtprävention ermöglicht werden. Damit sollen Kinder und
Jugendliche soziale, ethische und demokratische Kompetenzen zur
Persönlichkeitsbildung sowie zur gewaltfreien Kommunikation und gendersensiblen
Sprache erwerben. Dabei müssen kulturelle Vielfalt, Geschlechtervielfalt sowie
sexuelle Orientierungen berücksichtigt und queere Peer-to-Peer-
Schulaufklärungsarbeit nach dem Vorbild der SCHLAU-Gruppen in NRW und
Niedersachsen ausgebaut werden. Sanitär- und Umkleideorte müssen sichere Orte
für trans*-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Schüler*innen sein.
Wir wollen einen landesweiten "Anti-Mobbing-Tag" ins Leben rufen, wie im Kapitel
„Kinder und Jugendliche“ beschrieben. Weiterhin sollen
Antidiskriminierungsrichtlinien für Schulen erarbeitet Wir unterstützen das
deutschlandweite Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".
Schulsozialarbeit ausbauen
Schulsozialarbeit und damit die Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe muss ein
fester Bestandteil von Schule werden. Wir wollen ein unbefristetes
Landesprogramm Schulsozialarbeit unter kommunaler Beteiligung und Steuerung. Die
Finanzierung des Landesprogrammes muss das Land Sachsen-Anhalt übernehmen.
Die Schulsozialarbeit muss an allen Schulen und Schulformen ausgebaut werden,
deshalb wollen wir den Erhalt der vierzehn regionalen Netzwerkstellen und der
landesweiten Koordinierungsstelle für Schulsozialarbeit. Dazu gehört auch die
regelmäßige Evaluation und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit. Um einen
besseren Informationsstand für soziale Probleme zu erreichen, wollen wir nach
Hamburger Vorbild einen Sozialindex für unsere Schulen erheben. Die
sozialpädagogische Kompetenz muss stärker in multiprofessionelle Teams in den
Schulen eingebunden werden. Ein Mitspracherecht der Schulsozialarbeiter*innen in
der Selbstverwaltung der Schulen, der Schulkonferenz, ist zu schaffen.
In Umwelt- und Lebensfragen (weiter)bilden
Unsere Umwelt bestimmt unsere Zukunft. Kinder und Jugendliche müssen für
wissenschaftliche und politische Fragen altersgerecht sensibilisiert werden. Zu
den Themen gehören Klima- und Umweltschutz, Naturschutz, Kulturlandschaften,
fairer Handel, Globalisierung, Nachhaltigkeit, Ernährung und
Verbraucher*innenschutz und Verkehrserziehung. Sachsen-Anhalt braucht ein
inhaltlich neues Lehrplan- und Bildungskonzept, das Zusammenhänge der
Lebenswissenschaften stärker in den Mittelpunkt stellt und erfahrbar macht.
Diese Umweltthemen im weitesten Sinne sind durch Unterricht zu
fächerübergreifenden Lernfeldern, insbesondere der Fächer Biologie, Chemie,
Sozialkunde und Ethik, stärker zu berücksichtigen. Die Ökoschulen,
Umweltbildungszentren und Ökologiestationen des Landes Sachsen-Anhalt leisten
einen wichtigen Beitrag zur Umweltbildung.
Wir wollen die die stringente Umsetzung der Empfehlungen und Zielvorgaben des
„nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Diese müssen in
politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Bildungsbereiche sowie in
möglichst allen Förderprogrammen des Landes verankert werden. Dazu wollen wir
geeignete Strukturen fördern und etablieren, etwa eine landesweite
Koordinierungsstelle zum Austausch der Akteur*innen und zur Qualitätssicherung.
Sachsen-Anhalt braucht dafür eine landesweite Internetplattform. Die Fridays-
for-Future-Bewegung, die Ergebnisse des Jugendklimagipfels sowie künftige
Entwicklungen müssen in den Schulen stärker thematisiert werden.
Homo- und Trans*-phobie sowie Geschlechterstereotypen von
Anfang an entgegentreten
Schon in der Kita und im Unterricht müssen unterschiedliche sexuelle
Orientierungen und geschlechtliche IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche
Lebensweisen vermittelt werden. Leitbild und Ziel der schulischen und
außerschulischen Bildung ist die vorurteilsfreie und selbstbestimmte Findung der
eigenen sexuellen und/oder geschlechtlichen IdentitätGenderidentität. Jugendlichen muss ein
Coming-out an ihrer Schule möglich sein, ohne körperliche oder verbale Gewalt zu
befürchten. Dazu wollen wir LSBTIQ*-Ansprechpersonen an den Schulen etablieren.
Sexuelle, geschlechtliche und gender- Vielfalt wollen wir zu einem festen
Bestandteil der Erzieher*innen- Ausbildung machen. Die Aus- und Fortbildungen
sollen für Lehrer*innen und sozialpädagogische Fachkräfte sollen verpflichtend
so gestaltet werden, dass sie befähig werden, unterschiedliche sexuelle, und
geschlechtliche gender- IdentitätenGenderidentitäten als selbstverständliche Lebensweisen zu
vermitteln und wertneutral zu behandeln, sowie Geschlechterstereotypen zu
erkennen und diesen entgegenzuwirken. Wir werden einen Bildungsplan mit
Maßnahmen für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ* auf den Weg bringen.
Alle Lehrmittel müssen entsprechend geeignet sein und die reale Vielfalt
fächerübergreifend umfassend darstellen.
Digitale Lehrmittel und ihre Didaktik auf den Weg bringen
Der kompetente Einsatz und Ausbau von digitalen Techniken (E-Learning) muss
angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie forciert und flächendeckend
vorangebracht werden. Die notwendigen Voraussetzungen an Hardware und Software
müssen geschaffen werden. Daneben soll auch der didaktisch sinnvolle Einsatz
dieser Lehrmittel durch umfangreiche Fortbildung und Beratung sowie
entsprechende Schulungen in der Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Der
Zugang der Schüler*innen zum digitalen Lernen darf nicht mehr von den
Möglichkeiten, die die Eltern bieten können, abhängig sein. Wichtig ist auch,
eine funktionierende, datensichere Programm-Plattform auf Landesebene zu
erstellen. Diese sollte Instrumente zur interaktiven Unterrichtsgestaltung und
für Teleunterricht enthalten.
Für die Schulen wollen wir gezielte Beratung und Unterstützung bei der
Medienentwicklungsplanung und bei der Beantragung von Projektmitteln schaffen.
Die Mittel des Digital-Pakts müssen transparent und zügig vergeben werden. Im
Bildungsausschuss soll halbjährlich über den regionalspezifischen
Umsetzungsfortschritt von Investitionen im Bereich Digitalisierung berichtet
werden. Dabei sollen der durch die Kommunen zu leistende Support sowie die
Erfahrungen mit BYOD- („bring your own device“, also Nutzung von eigenen
Geräten) Endgeräten Berücksichtigung finden. Bei Beschaffungen soll, wo immer es
möglich ist, auf modularisierte Geräte, die länger haltbar sind, zurückgegriffen
werden.
Die Medienbildung wollen wir verpflichtend in Studium und Referendariat der
Lehrkräfte verankern. Dies gilt sowohl für die Einbeziehung der Fachdidaktiken,
der Fachseminare sowie der allgemeinen Bildungswissenschaften. Medienbildung
muss in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften als ein verbindlicher und
kontinuierlicher Prozess angesehen werden. Dafür müssen dauerhaft ausreichende
finanzielle und zeitliche Kapazitäten zur Verfügung stehen. Weiterhin wollen wir
den Ausbau der Medienscout-Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, die dann
ihre Mitschüler*innen bei der qualifizierten Mediennutzung unterstützen,
fördern.
Europa ins Klassenzimmer bringen
Wir wollen gemeinsam mit den Trägern politischer Bildung die Bildungsarbeit in
Sachsen-Anhalt europäisieren. Europapolitische Bildungsprogramme sollen
verbindlicher Teil der Lehrpläne aller Schultypen sowie von Lehrveranstaltungen
an Volkshochschulen und Hochschulen werden. Um unsere Schüler*innen fit für die
Zukunft zu machen, müssen Europakompetenzen im Unterricht stärker vermittelt
werden. Dazu gehört der sequenzielle bilinguale Unterricht. Den
„Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer
Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sowie das Weltaktionsprogramm für
nachhaltige Entwicklung (WAP BNE) wollen wir in Schulen und
Bildungseinrichtungen umsetzen.
Wir ermutigen Schulen dazu, Europaschulen zu werden. Außerdem wollen wir EU-
Jugend- und Austauschprogramme weiter ausbauen. Jede*r Schüler*in muss
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die Möglichkeit haben, in seiner*ihrer
Schullaufbahn Europa im Rahmen eines Kultur- oder Bildungsprojekts außerhalb von
Deutschland zu erleben.
Dem Lehrkräftemangel entgegentreten
Der Mangel an Lehrer*innen ist unübersehbar. Der Unterrichtsausfall an allen
Schulformen nimmt dramatisch zu. Die Beseitigung des Mangels erfordert
erhebliche Anstrengungen. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten massiv
erweitern, um den Beruf attraktiver gestalten zu können. Wir haben in der
Landesregierung zuletzt Einiges in die Wege geleitet, aber wir müssen unsere
Anstrengungen noch erhöhen. Kürzung der Stundentafeln lehnen wir ab. Die Zahl
der Lehramtsstudienplätze im Land soll unter Berücksichtigung der Bedarfe je
nach Fächern und Schulformen weiter erhöht werden. Dies gilt insbesondere für
Studiengänge mit einem Masterabschluss, die sowohl in das Lehramt als auch in
andere Berufsfelder führen. Sie sind ein brauchbares Instrument, um auf
Änderungen des Bedarfs nachhaltig zu reagieren. Die Ausbildungskapazitäten in
den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch in allen Schulformen stehen
dabei im Mittelpunkt.
Es sollen mehr Pädagog*innen mit einem Förderschwerpunkt als zweitem Fach
ausgebildet und Lehrer*innen sowie pädagogische Fachkräfte der Schulen
entsprechend fort- oder weitergebildet werden. Es soll auch mehr
Schulpsycholog*innen geben, um die multiprofessionellen Teams an Schulen zu
unterstützen und den vielfältigen Herausforderungen des Schulalltags
professioneller begegnen zu können. Wir fordern eine Stärkung der allgemein-
pädagogischen und fachdidaktischen Inhalte der Lehramtsausbildung, um künftige
Lehrerinnen und Lehrer besser auf die praktische Vermittlung von Wissen und
dabei auftretende Herausforderungen vorzubereiten.
Ein wichtiges und notwendiges Mittel gegen den Mangel an Lehrer*innen sind
Seiten- und Quereinsteiger*innen. Dies sind Lehrkräfte, die kein Lehramt
studiert haben, aber einen für das Lehramt fachlich geeigneten Studienabschluss
nachweisen können. Quereinsteiger*innen sollen nach einer Vorbereitung in das
Referendariat aufgenommen werden. Seiteneinsteiger*innen sollen nach einem
kurzen Vorbereitungskurs früher an die Schulen kommen. Sie benötigen eine
pädagogische und fachdidaktische Weiterqualifikation und ein eventuell zweites
Unterrichtsfach. Für Seiteneinsteiger*innen muss eine berufsbegleitende
universitäre Weiterqualifizierungsmöglichkeit in Kooperation mit den
landeseigenen Universitäten verbindlich geregelt und zügig umgesetzt werden.
Seiteneinsteiger*innen sollen über eine berufsbegleitende universitäre
Weiterqualifizierung die fachliche, pädagogische und formale Gleichstellung mit
den grundständig ausgebildeten Lehrkräften erreichen können. Durch ein Senior-
Lehrkräfte-Programm wollen wir sie im Schulalltag besser unterstützen. Senior-
Lehrkräfte sollen auch für die Begleitung der verpflichtenden Schulpraktika von
Lehramtsstudierenden gewonnen werden. Die Beratung sowie die
Genehmigungsverfahren zum Seiteneinstieg müssen stetig verbessert und
beschleunigt werden. Besonders das Verfahren für freie Schulträger, muss
vereinfacht werden und gebührenfrei sein. Hier soll die jeweilige
Schulleitung/Geschäftsführung diese Entscheidung in eigener Kompetenz treffen
können, wobei dem Landesschulamt dann die stichprobenhafte Überprüfung zur
Eignung der eingesetzten Lehrkräfte obliegt. Für den wechselseitigen Austausch
und um voneinander zu lernen, soll es Veranstaltungsformate geben, in denen
anfängliche Schwierigkeiten und Lösungsstrategien im neuen Beruf thematisiert
und zur Weiterentwicklung im beruflichen Selbstverständnis genutzt werden
können. Diese Erfahrungen sollt insbesondere zur Weiterentwicklung von Schule
durch das Landesinstitut für Schulentwicklung organisiert und begleitet werden.
Wir wollen, dass Seiten- und Quereinsteiger*innen mit einem Masterabschluss in
die Stufe E13 der Entgelttabelle als Einstiegsgehalt eingruppiert werden.
Lehrer*innen mit ausländischen Abschlüssen wollen wir den Weg ins Lehramt in
Sachsen-Anhalt erleichtern.
Die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte müssen verbessert werden. Wir wollen
deshalb die Einführung von Arbeitszeitkonten auf den Weg bringen. Alle
geleisteten Überstunden an Schulen sollen mit mindestens dem regulären
Stundensatz einer Unterrichtsstunde bezahlt werden. Dabei sollen Lehrkräfte frei
entscheiden können, ob sie Mehrarbeit vergütet bekommen oder ob sie diese
langfristig in Freizeit umwandeln wollen. Angeordnete Mehrarbeit soll bei
maximal zwei Unterrichtsstunden gedeckelt werden. Wir wollen die geltenden
Regelungen zu Abminderungsstunden in der Qualifikationsphase beibehalten.
Ein Konzept zur Rücknahme der Maßnahmen zur angeblichen Effizienzsteigerung,
insbesondere in der flexiblen Schuleingangsphase an den Grundschulen, muss
entwickelt und vorgelegt werden, um langfristig einen guten Personalschlüssel
sicherzustellen. Lehrkräfte sollen an allen Schulformen das Gleiche verdienen.
Deshalb sollen auch Grundschullehrkräfte nach Entgelttabelle E13/A13 bezahlt
werden. Wir schlagen dafür einen mehrstufigen Plan vor, um die Gehälter
sukzessive anzugleichen. Wir wollen ein Modellprojekt ins Leben rufen, das es
befristet möglich macht, die nicht besetzten Stellen in ein Budget umzuwandeln,
das den Schulen zur Verfügung gestellt wird. Damit können individuelle Lösungen
vor Ort für die Entlastung von Lehrkräften oder ergänzende Angebote zum
Unterricht realisiert werden.
Jede staatlich und jede freie Schule soll so die Möglichkeit bekommen,
besonderes Engagement von Lehrkräften zu würdigen. Für die gezielte
Wertschätzung von Lehrkräften soll ein Budget im Landeshaushalt eingerichtet
werden. Würde man zwei Euro pro Schüler*in in Sachsen-Anhalt veranschlagen, käme
man auf knapp 400.000 Euro.
Berufliche Ausbildung für alle
Eine gute Zukunftschance für alle Jugendlichen ist ein Gebot der Gerechtigkeit
und unserer Solidarität. Sachsen-Anhalt leidet unter einem Fachkräftemangel,
verstärkt durch demografischen Wandel. Wichtig ist daher, allen jungen Menschen
berufliche Orientierung und Zugang zu vielfältigen praktischen Erfahrungen in
der Berufswelt zu ermöglichen. Um die verbindliche Berufsorientierung zu
verbessern, soll die Berufsorientierung durch vielfältige Zugänge wie Praktika
oder Berufsorientierungstage in allen Schulformen ab der fünften Klassenstufe
angeboten werden - in Gymnasien gleichberechtigt neben der Studienorientierung.
Zudem gilt es die MINT-Fächer im Fächerkanon zu stärken, insbesondere mehr
Schülerinnen für technische Berufe zu begeistern.
Für uns ist eine berufliche Ausbildung genauso wertvoll wie ein Studium. Wir
wollen daran mitwirken, den Ruf der Ausbildung aufzuwerten und den europäischen
Qualifikationsrahmen mit Leben zu füllen. Dies soll sich auch in der Vergütung
von allen Ausbildungen zeigen, indem sie unentgeltlich sind und besser entlohnt
werden. Besonderes Augenmerk soll hier auf Ausbildungsberufe wie Pflegekräfte,
medizinisches Personal, Erzieher*innen gelegt werden. Verantwortungsvolle Berufe
müssen auch entsprechend finanziell gewürdigt werden und für junge Menschen
attraktiv sein zu erlernen.
Besondere Herausforderungen sind der Mangel an Lehrkräften an berufsbildenden
Schulen sowie die viel zu hohe Zahl an Jugendlichen, die die Schule ohne
Abschluss beenden. Im Jahr 2018 waren dies laut einer Caritas-Studie in Sachsen-
Anhalt 11,4 Prozent aller Schüler*innen. Besonders betroffen sind Schüler*innen,
die ohne deutsche Sprachkenntnisse in die Schule kommen und oft auf Grund von
Sprachbarrieren den Hauptschulabschluss nicht schaffen. Eine zweite Chance gibt
es im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Hier werden an etwa 20 Standorten in
Sachsen-Anhalt berufsvorbereitende Kompetenzen und Allgemeinbildung vermittelt.
Durch die Teilnahme an einem Kolloquium am Ende des BVJ kann dann ein
Schulabschluss nachgeholt werden. Den durch die sehr heterogene
Schüler*innenschaft bedingten Herausforderungen müssen wir gezielt mit einer
umfassenden Willkommens- und Ankommenskultur begegnen. Dafür wollen wir
ausländische Abschlüsse schneller und kostengünstiger anerkennen und prüfen, wie
der Zugang zu Ausbildungen noch weiter erleichtert werden kann.
Beratungsstrukturen für migrantische Arbeitskräfte, wie beispielsweise das EU-
geförderte Landesprojekt BemA müssen fortgeführt werden.
Es darf niemand abgehängt oder aufgegeben werden. Wenn Unterstützung hilft, dann
wollen wir sie ermöglichen. Wir setzen uns deshalb auch für die Beibehaltung der
Einstiegsqualifizierung (Plus) und der assistierten Ausbildung der Agenturen für
Arbeit ein. Die Notwendigkeit eines Landesprogrammes zur
Ausbildungsplatzgarantie soll geprüft und wenn nötig umgesetzt werden, denn
Ausbildung ist ein Recht für alle, unabhängig von demografischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen.
Kleine und mittlere Betriebe und Unternehmen benötigen Unterstützung bei der
Ausbildung. In der Corona-Pandemie war es nicht allen Unternehmen möglich, ihre
Auszubildendenplätze zu erhalten. Gemeinsam mit den Unternehmen wollen wir Wege
suchen, ihre Ausbildungsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, um dadurch
jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Gemeinsame Kooperation in
Verbundausbildungen, bei der die Ausbildungsinhalte zusammen mit den Kammern in
Modulen organisiert werden, ist ein vielversprechender Ansatz. Wir wollen allen
jungen Menschen durch individuelle sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung und
Coaches zu einer erfolgreichen beruflichen Ausbildung verhelfen. Die
Unterstützungsangebote müssen unbürokratisch und für Jugendliche erreichbar
sein.
Wir wollen Auszubildendenwohnheime analog zu Studierendenwohnheime an Standorten
schulischer beruflicher Bildung stützen, um noch mehr Auszubildenden die
wohnortnahe Ausbildung zu ermöglichen. Die Möglichkeit, mittels des
Erasmusprogramms die Ausbildung teilweise in einem anderen EU-Staat zu
absolvieren, wollen wir bekannter machen. Im Bereich der fachschulischen
Ausbildung wollen wir eine generelle Schulgeldfreiheit realisieren. Im Bereich
der Gesundheitsberufe ist dies seit langem überfällig und schnellstmöglich
umzusetzen.
Die Humboldt’sche Universität im 21. Jahrhundert etablieren
Das fruchtbare Zusammenspiel von Forschung und Lehre, die Freiheit der
Wissenschaft von politischen Zwängen und Hochschulen als Orte des
gleichberechtigten, kritischen Diskurses unter Studierenden und Lehrenden sind
die Richtschnur unserer Hochschulpolitik. Im 21. Jahrhundert gehören hierzu auch
das Streben nach guten Arbeitsbedingungen, verlässlichen Karrierewegen,
Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit und die fortschreitende
Internationalisierung von Studiengängen.
Hochschulbildung muss neu gedacht werden, und zwar unter gleichberechtigter
Beteiligung von Studierenden, Professor*innen, wissenschaftlichem Mittelbau und
allen anderen Mitarbeiter*innen. Das Mandat dieser vier beteiligten
Statusgruppen ist gegenüber den Hochschulleitungen und dem Land zu stärken. Ein
ausgewogenes Modell zur Viertelparität der Statusgruppen in der akademischen
Selbstverwaltung war im Entwurf des neuen Hochschulgesetzes schon weit
entwickelt, konnte aber letztlich nicht durchgesetzt werden. Wir halten an der
Forderung weiter fest. Auch soll die Universitätsleitung durch ein von
Studierenden besetztes Prorektorat ergänzt werden. Weiterhin muss der kompetente
Umgang mit Genderfragen und Diversität, insbesondere bei Führungskräften,
stärker im Hochschulalltag praktiziert werden.
Drittmittel für Universitäten sind keine grundsätzlich abzulehnende
Finanzierungquelle. Aber die Wissenschaft nimmt derzeit massiven Schaden durch
eine zu große Abhängigkeit von Drittmittelprojekten. Diese sind in erheblichem
Umfang politisch oder anderweitig fremd gesteuert. Sie verursachen vor allem
einen erheblichen Zeitaufwand für Antragsteller*innen und
Projektbearbeiter*innen, der für deren wissenschaftliche Arbeit verloren geht.
Neben einer verbesserten Grundfinanzierung wollen wir in Sachsen-Anhalt ein
Modell zur befristeten Mittelzuweisung entwickeln. Bei diesem werden Gelder
jeweils aufgrund der bereits erbrachten und nicht der geplanten
wissenschaftlichen Leistungen bewilligt, da innovative Forschung nicht immer
planbar ist. Die Mittel sollen nicht an die Verwendung in einer bestimmten
Einrichtung gebunden sein. Den Wissenschaftler*innen wird die Möglichkeit
gegeben, sich selbstständig zu Forschungsgruppen oder Instituten zusammen zu
tun, um an gemeinsamen Projekten zu arbeiten.
Wenn die Anzahl von Publikationen und anderer einfacher Zahlenindikatoren bei
wichtigen Entscheidungen unreflektiert verwendet wird, schadet es der
Wissenschaft. Wir wollen stattdessen alle Maßnahmen unterstützen, die die
Qualität von wissenschaftlichen Leistungen bei Beurteilungen und Entscheidungen
in den Mittelpunkt stellen.
In Lehre und Forschung investieren
Leistungsfähige und international ausgerichtete Hochschulen sind zentrale
Pfeiler der Zukunftspolitik für Sachsen-Anhalt, in die wir investieren wollen.
Die Hochschulen sind hierzulande immer noch unterfinanziert, auch wenn wir die
Kürzungspolitik der Vergangenheit beendet haben. Um die Freiheit von Lehre und
Forschung zu gewährleisten, ist eine angemessene Grundfinanzierung der
Hochschulen zu sichern. Insgesamt ist eine solide Grundausstattung der
Hochschulen des Landes eine wichtige Voraussetzung für deren nationale und
internationale Konkurrenzfähigkeit. Die Stellenpläne der Universitäten sollen
abgeschafft werden.
Studiengebühren lehnen wir ab. Die Langzeitstudiengebühren wurden abgeschafft,
jetzt müssen auch die Zweitstudiengebühren bei beruflicher Umorientierung
entfallen. Die Möglichkeiten zum Teilzeitstudium für alle, zum Beispiel für
Studierende mit Kindern oder mit teilweiser Berufstätigkeit, wollen wir weiter
ausbauen.
Die Hochschulen müssen den Weg zu einem erfolgreichen Hochschulstudium eröffnen.
Dafür braucht es flexible Angebote zur Qualifizierung aller Menschen. Dies gilt
auch für Menschen ohne Abitur, für Menschen mit Behinderungen sowie für Menschen
mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und aus unterschiedlichen
Herkunftsländern gleichermaßen.
Die prekären Beschäftigungsverhältnisse an unseren Hochschulen wollen wir
beenden. Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht international konkurrenzfähige
Karrierepfade, zum Beispiel mit mehr Tenure-Track-Professuren und mehr
unbefristeten Stellen. Grundlagen hierzu wurden in der laufenden Wahlperiode
gelegt. Wir wollen das Konzept weiter ausbauen. In den forschungsstarken
Bereichen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Stellen für die
wissenschaftliche Weiterqualifikation und für unbefristeten Mittelbau geschaffen
werden.
Wir wollen das Hochschulmedizingesetz endlich modernisieren. Es braucht unter
anderem eine rechtliche Klarstellung, um die wirtschaftliche Betätigung der
Universitätsklinika zu ermöglichen und die Verankerung von Gleichstellung wie im
Hochschulgesetz.
Wegen der langen Ausbildungszeiten fordern wir, dass für Psychotherapeut*innen
die Ausbildung nach altem Recht noch bis zum Jahr 2032 angeboten wird. Genauso
setzen wir uns dafür ein, dass das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe die
Prüfungen nach altem Recht großzügig bis zum Jahr 2035 gewährt. Für den neuen
Direktstudiengang Psychotherapie in Magdeburg sollen die sich ergänzenden
Kapazitäten an beiden Hochschulen kooperativ genutzt werden.
Wir wollen mehr Berufungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördern und
künftig in den Zielvereinbarungen verankern. Dies gilt zum Beispiel für
Forschung zu Bio-Landwirtschaft, Radverkehr sowie Queer Studies und
Genderstudies.
Gute Lehre fördern
Wir wollen ein selbstbestimmtes Studium und dafür die derzeitig gängige Praxis
der Massenabfertigung überwinden. Auch die Verschulung und Bürokratisierung in
den Bachelor- und Masterstudiengängen, die durch den Bologna-Prozess entstanden
ist, sollen Vergangenheit werden. Zu einem umfassenden Bildungsverständnis
gehört Zeit für gesellschaftliches Engagement, die in den Studienordnungen
Eingang finden muss. Darum wollen wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass
Zeit für ehrenamtliches Engagement in den BAföG-Richtlinien ermöglicht wird. Die
Hochschulen müssen außerdem in ausreichender Zahl Studienplätze für das
Masterstudium zur Verfügung stellen und Studiengänge für die Lehrämter und
Erzieher*innen modernisieren.
Der Beruf der Lehrer*innen wird anspruchsvoller und vielfältiger. Der Umgang mit
zunehmend heterogenen und inklusiven Lerngruppen stellt eine Herausforderung an
die Ausstattung der Schulen, aber auch an die Ausbildung der Lehrer*innen dar.
Notwendig ist, die pädagogischen, didaktischen und psychologischen Anteile im
Studium und im Referendariat zu erhöhen. Diese sollen gleichgewichtig neben der
fachlichen Ausbildung stehen. Auch fächerübergreifender Unterricht muss ein
stärkeres Gewicht bekommen. Kompetenzentwicklung zu gelebter Demokratie,
verstärktem Umweltbewusstsein, gelingender Inklusion, interkulturellem
Miteinander und Deutsch als Zweitsprache skizzieren die Eckpunkte einer
zukunftsorientierten Ausbildung in Studium und Referendariat sowie der Fort- und
Weiterbildung von Lehrkräften. Besonders wichtig ist die Schulung des
produktiven Umgangs mit heterogenen Lerngruppen und kultureller Diversität. Dies
gilt insbesondere hinsichtlich berufsbildender Schulen, die das
Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zum Nachholen eines anerkannten Schulabschlusses
anbieten.
Die Lehramtsstudiengänge müssen sich zukünftig am Alter der Schüler*innen, somit
an den entwicklungspsychologischen und didaktischen Unterschieden, und nicht
mehr an den Schulformen orientieren. Daraus resultiert das Studium des Lehramts
an Grundschulen sowie der Sekundarstufen I und II. Die Lehramtsstudiengänge
sollen mit einer gemeinsamen Studieneingangsphase beginnen. Für alle
Beschäftigten muss es zertifizierte Fortbildungen geben, die es ihnen erlauben,
sich den wandelnden Anforderungen kompetent zu stellen. Europakompetenzen müssen
ins Lehramtsstudium geeigneter Fächer integriert werden. Sie sollen auch in
Weiterbildungsangeboten verstärkt angeboten werden. Die Erweiterung der
Lehrkräfteausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen um das Fach
Englisch wollen wir unterstützen.
Um gerade Jungen in Kindergarten und Grundschule die Identifikation mit
männlichen Vorbildern zu ermöglichen, unterstützen wir alle Maßnahmen, die das
Ziel haben, den Männeranteil im Erzieher- und Grundschullehrberuf deutlich
anzuheben.
Nachhaltig forschen
Wissenschaft und Forschung zu Nachhaltigkeit wollen wir in Sachsen-Anhalt als
eine zentrale Leitidee zukünftiger Hochschulentwicklung fest verankern. Hierzu
benötigen wir konkurrenzfähige Förderprogramme und thematische Schwerpunkte
unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen und ökologischen Lebensweise.
Sachsen-Anhalt soll seine Spitzenposition bei den Erneuerbaren Energien
behalten. Hierbei messen wir der Forschung zu Speichertechniken und
intelligenten Stromnetzen eine besondere Bedeutung zu. Das wird sich langfristig
für unser Land rechnen. Gleichzeitig sollen die Hochschulen selbst die netto
CO2-Neutralität bis 2030 erreichen. Dafür sollen sie 100 Prozent Erneuerbare
Energien für die Stromversorgung nutzen, bessere Gebäudedämmung und ein
Umweltmanagementsystem (EMAS) einsetzen.
Dem Tierschutz in der Forschung messen wir große Bedeutung zu. Die
Gewissensfreiheit der Studierenden muss gewahrt bleiben. Niemand sollte gegen
sein Gewissen gezwungen werden, Tiere zu sezieren. Darum wollen wir, die Pflicht
zum Sezieren von Tieren in der gesamten Ausbildung dort abschaffen, wo es nicht
unbedingt notwendig ist.
Das öffentliche Erkenntnisinteresse muss erheblich sein, um den Einsatz von
Labortieren in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Diese Versuchstiere müssen
nachweisbar artgerecht gehalten werden. Die Entwicklung von Alternativverfahren
müssen stärker gefördert sowie Ersatzmethoden schneller anerkannt werden.
Deshalb setzen wir uns für eine, bestenfalls bundesweite, Datenbank für alle
bisher bekannten Alternativ- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen ein.
Gute Wissenschaft benötigt die Unabhängigkeit der Forschung an den Hochschulen,
deshalb wollen wir, dass Kooperationen mit Unternehmen transparent gestaltet
werden müssen.
Nachhaltigkeit auch in Betrieb, Lehre und Governance
Die Einführung von Nachhaltigkeitsbüros und Green-Offices hat sich auch in
Sachsen-Anhalt bewährt. An allen Hochschulen und an einigen Forschungsinstituten
gibt es Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit, gefördert/gefordert durch
Studierende, Mitarbeitende, Lehrende und teilweise durch die Hochschulleitungen.
Diese Bestrebungen sollen gebündelt und weiter personell und strukturell
unterstützt werden. Deshalb müssen an allen Hochschulen
Nachhaltigkeitsbeauftragte benannt und möglichst überall Nachhaltigkeitsbüros
mit personeller Struktur geschaffen werden. Im Ministerium für Wissenschaft,
Wirtschaft und Digitalisierung soll hierfür eine Koordinierungs- und
Beratungsstelle geschaffen werden. Sie soll die Hochschulen und
Forschungsinstitute sowie ihre Mitglieder und Leitungen zur Implementierung von
nachhaltiger Entwicklung in Betrieb, Governance, Lehre und Forschung beraten.
Diese Koordinierungs- und Beratungsstelle soll fester Bestandteil des
landesweiten Netzwerks für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sein.
MINT-Bildung stärken
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) sind entscheidende
Fächer und Kompetenzen für zukünftige Arbeitsmärkte. Schulen und Hochschulen mit
mehr MINT-Absolvent*innen sind ein entscheidender Standortvorteil für Sachsen-
Anhalt. Die schulische Didaktik hängt hier jedoch weit den Anforderungen der
Wissenschaft und Wirtschaft hinterher. Deswegen wollen wir im Rahmen des
Strukturwandels im ehemaligen Kohlerevier ein neu zu gründendes angewandtes
MINT-Schuldidaktik-Institut, in Anlehnung an außeruniversitäre
Forschungsinstitute, etablieren. An diesem sollen Lehrer*innen, Erzieher*innen
und Wissenschaftler*innen neue Formen der Vermittlung von MINT-Wissen in
Kooperation mit Unternehmen erforschen, an Schulen einsetzen und anschließend
evaluieren. Mithilfe erfolgreicher Vermittlungsformen kann so eine
Breitenqualifikation von Lehrkräften erfolgen.
Weiterhin sollen Studierende sowohl in Vorkursen als auch während des Studiums
im MINT-Bereich stärker praktisch aktiv werden können. Hierzu können Maker-Labs
und Kurse in nützlichen Grundfertigkeiten wie Schweißen, Löten, Reparieren oder
Programmieren zum Einsatz kommen. Diese können durch Repair-Cafés, Netz-Cafés
und freie Werkstätten auf dem Campus ergänzt werden. Derartige Einrichtungen und
studentische Eigeninitiative wollen wir auf Landesebene fördern und von den
Hochschulen in den Zielvereinbarungen einfordern. Darüber hinaus sollten die
Studierenden während ihres Studiums mehr Möglichkeiten haben, zum Betrieb der
Hochschule mit eigenen Projekten und Abschlussarbeiten beizutragen. So kann
beispielsweise eine campuseigene Photovoltaikanlage geplant, die Mensa
energetisch optimiert oder eine Campus-App programmiert werden. Dadurch wird der
Campus selbst zum Experimentierfeld.
Mehr Frauenpower für die Wissenschaft
Die Gesamtzahl der weiblichen und männlichen Studierenden ist durchschnittlich
ausgeglichen. Auch bis zur Promotion liegt diese Verteilung nahezu bei jeweils
50 Prozent. Auf den folgenden Karrierestufen und in Führungspositionen nimmt der
Anteil der Frauen jedoch weiterhin deutlich ab. Auch sind Frauen in den Fächern
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) stark
unterrepräsentiert. Die fest etablierte Koordinierungsstelle Genderforschung und
Chancengleichheit Sachsen-Anhalt (KGC) unterstützt aktiv die
Gleichstellungsarbeit der Hochschulen. Sie arbeitet mit Programmen zur
Unterstützung von Karrierewegen in der Wissenschaft und zur Förderung von Frauen
in den MINT-Fächern, unter anderem bei der Studienwerbung. Diese Programme sind
teilweise vom Bund nur zeitweise bewilligt. Daher sollen sie evaluiert und
gegebenenfalls aus Landesmitteln weitergeführt werden. Das Studium und die
Wissenschaft als Beruf müssen familienfreundlicher gestaltet werden.
Im neuen Hochschulgesetz werden die Hochschulen verpflichtet, bei Berufungen in
der Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen Schutzfristen nach dem
Mutterschutzgesetz, Kindererziehungszeiten sowie Zeiten der Pflege von
Angehörigen zu berücksichtigen. Die konsequente Umsetzung aller Fördermaßnahmen
und Bestimmungen muss durch konsequentes Gender-Controlling und Monitoring mit
Sanktionsmöglichkeiten überwacht werden.
Nach der Promotion soll der Frauenanteil jeder wissenschaftlichen Karrierestufe
mindestens so hoch sein, wie derjenige der direkt darunterliegenden
Qualifizierungsstufe, bis die Professuren geschlechtergerecht verteilt sind.
Deshalb wollen wir, dass Stellenbesetzungen nur noch gemäß diesem Kaskadenmodell
erfolgen. Zur Sicherung der Teilhabe von Frauen in Entscheidungsgremien der
Hochschule sind Frauen bei der Besetzung von Gremien und Organen der
Selbstverwaltung angemessen zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung von Listen
und Kandidaturen für Wahlorgane und Wahlgremien sind unterrepräsentierte
Geschlechter zumindest ihrer Anteile an der jeweiligen Mitgliedergruppe
entsprechend durch eine Quotenregelung zu berücksichtigen.
Willkommenskultur für Studierende und Wissenschaftsnachwuchs
Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt müssen noch deutlich attraktiver für
internationale Nachwuchswissenschaftler*innen werden. Dafür muss die
Willkommenskultur an Hochschulen, sowohl für Studierende als auch für
Wissenschaftler*innen und deren Familien ausgebaut werden. Internationale
Wissenschaftler*innen schaffen zum Beispiel durch Drittmitteleinwerbung
hochqualifizierte Arbeitsplätze und liefern neue Impulse für
Technologiefirmengründungen. Im Wettbewerb um die klügsten Köpfe müssen
Nachteile, wie beispielsweise Anreisekosten zu Vorstellungsgesprächen,
ausgeglichen sowie Diskriminierung fördernde Strukturen und bürokratische Hürden
abgebaut werden.
Dabei gibt es einige Beispiele für effektive Methoden, um exzellente
Nachwuchsforscher*innen zu gewinnen. Das Land fördert die Nachwuchsprojekte des
European Research Council. Kostengünstige digitale Möglichkeiten bei der
Rekrutierung, zum Beispiel durch Postdoc-Netzwerke, sollten genutzt werden.
Berufungssymposien, wie in England praktiziert, sollten eingeführt werden. Die
Evaluierung von Leistungen bei Tenure-Track-Verfahren und darüber hinaus darf
sich nicht auf wenige und teilweise ungeeignete Parameter beschränken. Sie muss
Lehrleistungen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und sonstige Aktivitäten angemessen
berücksichtigen. Sachsen-Anhalt ruft bisher jährlich große Summen von EU-
Fördergeldern im Bereich Forschung nicht ab. Das wollen wir gezielt verbessern.
Mit dauerhafter personeller und finanzieller Unterstützung soll der Abruf
verstetigt werden. Die soziale Infrastruktur sollte weiterhin in einem Welcome-
Center gebündelt werden, welches auch Anliegen wie Wohnungsfragen, Sprachkurse
und den Familiennachzug vereinfacht.
Lebenslanges Lernen
Lernen endet nicht mit dem Abschluss der Berufsausbildung oder des Studiums. Wir
treten für lebenslanges Lernen ein. Das Bildungsfreistellungsgesetz muss
modernisiert und durch eine Kampagne bekannter gemacht werden. Bildungsurlaub
soll nicht nur für berufliche Weiterbildung, sondern zum Beispiel auch für
Fremdsprachen, politische Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie den Erwerb von
Medienkompetenz gewährt werden.
Die Angebote zu Weiterqualifikationen und Fortbildungen an den Hochschulen
müssen ausgebaut und stärker in den Lehrdeputaten als Dienstaufgaben in der
Lehre berücksichtigt werden, was mehr Personalmittel erforderlich macht. Zudem
soll es für Lehrkräfte verpflichtende Fortbildungen, sowie
Weiterqualifizierungen und Beratungen insbesondere in den Bereichen
Förderpädagogik, Medienbildung und Demokratiepädagogik geben. Dabei sind
verschiedene Unterrichtsformate, schulinterne Kooperationsformen für heterogene
Lerngruppen, die Entwicklung von fächerübergreifenden Aufgaben für
unterschiedliche Lernniveaus sowie gezielte Unterstützung im Umgang mit
interkulturellen Differenzen zu berücksichtigen.
Zu guten Bedingungen für lebenslanges Lernen gehören Programme von
Volkshochschulen und Senior*innenakademien ebenso wie bezahlbare und erreichbare
Kursangebote, auch in den ländlichen Räumen. Abendschulen sowie verstärkte
Angebote zur Alphabetisierung und Grundbildung unterstützen wir nachdrücklich.
Informationen allen zugänglich machen
Zum freien Zugang zu Informationen gehören auch verlässliche Informationsträger.
Daher setzen wir uns für ein Verbot von Werbung, Sponsoring und anderen
Versuchen der Einflussnahme (beispielsweise kostenlose „Unterrichtsmaterialien“
mit einseitiger Ausrichtung an bestimmte Interessen), an Kindertagesstätten und
Schulen in unserem Bundesland ein. Mit staatlichen Geldern erforschtes Wissen
gehört der Allgemeinheit und muss frei verfügbar sein. Wir unterstützen daher
nachdrücklich „Open Access“-Initiativen und Netzneutralität.
Das Bund-Länder-Kooperationsverbot in der Bildung abschaffen
Das Grundgesetz wurde im Rahmen der Föderalismusreform unsinnigerweise so
geändert, dass der Bund sich in der Bildungspolitik schwerer engagieren kann.
Der Bund muss angesichts knapper Kassen in den Ländern und Kommunen mehr
Verantwortung für die Bildungsfinanzierung übernehmen. Über den Bundesrat wollen
wir uns dafür einsetzen, diesen Passus im Grundgesetz wieder ganz zu streichen.
Wir sind für stärkere Kooperation in der Bildung, um ein ausgeglichenes
Bildungsangebot sicherzustellen. Damit wollen wir zum Beispiel Probleme beim
Umzug von Schulkindern über Landesgrenzen abbauen. Wir sind für ein bundesweit
vergleichbares Abitur. Die kleinen Fächer, die nur an wenigen Hochschulen
angeboten werden, die „Orchideenfächer“, müssen besser koordiniert und vom Bund
gefördert werden, weil sie einen überregionalen Bedarf abdecken.
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