Satzbau
Klarstellung der Intention: nicht die Grundbedarfe sollen gesichert werden, sondern deren Abdeckung.
Kapitel: | IV Bauen und Wohnen |
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Antragsteller*in: | André Schlecht-Pesé (KV Dessau-Rosslau) |
Status: | Angenommen |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 22.04.2021, 16:32 |
Regionalen Planungsgemeinschaften zur Ausweisung von Grundzentren so vorzunehmen, dass sich im Interesse der ländlichen Räume sich die Anzahl der Grundzentren in Sachsen-Anhalt nicht verringert und sich gleichzeitig die Deckung der Grundbedarfe an Sekundarschulen, Gemeindeverwaltung, Handelseinrichtungen bis 800 m2 Verkaufsfläche sowie Ärzt*innen und Apotheken nicht verschlechternt.
Wie wir unsere bauliche Umwelt entwickeln, beeinflusst in erheblichem Maße
unsere Lebensqualität und die der künftigen Generationen. Nachhaltigkeit muss
das wichtigste Kriterium sowohl für die Siedlungsentwicklung, die
Wohnungspolitik als auch für das Bauen und Sanieren in unserem Bundesland
werden.
Laut UN-Umweltprogramm-Bericht stößt der Bau- und Gebäudesektor rund 38 Prozent
der globalen Treibhausgase aus. Der Stromverbrauch beim Betreiben der Gebäude
stellt fast 55 Prozent der globalen Elektrizitätsnutzung dar.
In den nächsten 25 Jahren lassen sich laut Umweltbundesamt – ohne
Komfortverluste – die zusätzliche Flächeninanspruchnahme um fast 85 Prozent
reduzieren, der jährliche Verbrauch mineralischer Rohstoffe - wie Sand, Ton,
Kalk, Kies oder Schiefer – um etwa 30 Prozent und die jährlichen
Kohlendioxidemissionen um über 50 Prozent senken.
Wir wollen ökologisches Bauen forcieren, sozialen Wohnraum schaffen und dabei
für die Einhaltung hoher städtebaulicher Qualität sorgen. Dazu gehören
Innenentwicklung vor Außenentwicklung, der Einsatz von nachhaltigen Baustoffen
sowie ein Baustoffrecycling, kurze Wege, die ein Leben ohne eigenes Auto
begünstigen, barrierefreie Wohnungen und eine nachhaltige Quartiersentwicklung
mit Kindergarten und Anwohner*innentreff. Ebenfalls legen wir Schwerpunkte auf
die Anbindung an soziale und kulturelle Infrastruktur, zukunftsweisende
Energiestandards mit ökologischen Baumaterialien und urbane Gärten. Dafür muss
der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes, Quartiers oder Gewerbegebiets genau
unter die Lupe genommen werden.
Wir wollen den Landesentwicklungsplan umfassend novellieren. Er stellt
grundsätzliche Weichen, um Erneuerbare Energien voranzutreiben, wie im Kapitel
„Energie“ beschrieben.
Beim Flächenverbrauch wollen wir die Netto-Null erreichen und die
Flächeninanspruchnahme im Freiraum begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, kann
ein intelligentes Flächenzertifikatesystem die Lösung sein. Dazu müssen wir
Städte und Gemeinden mit ins Boot holen. Die gesetzliche Begrenzung soll sich
nur auf neue Planungen und solche außerhalb bestehender Ortslagen und
Gewerbegebiete beziehen. Dort, wo jenseits bereits bestehenden Baurechts neue
Vorhaben entstehen sollen, soll der Neuverbrauch künftig vollständig
ausgeglichen werden.
Die Gesamtfläche in einem Landkreis der ausgewiesenen Gewerbeflächen, gemischten
Bauflächen und Wohnbauflächen, die in den Flächennutzungsplänen der Gemeinden
ausgewiesen sind, darf nicht ansteigen. Das wollen wir mit einer
Verwaltungsvorschrift des Landes erreichen. Für Gemeinden mit wachsender
Bevölkerung sollen entsprechend dem Bevölkerungswachstum Ausnahmen möglich sein.
Im Landesentwicklungsplan sind durch Überarbeitung die Kriterien für die
Regionalen Planungsgemeinschaften zur Ausweisung von Grundzentren so
vorzunehmen, dass sich im Interesse der ländlichen Räume sich die Anzahl der
Grundzentren in Sachsen-Anhalt nicht verringert und sich gleichzeitig die Deckung der
Grundbedarfe an Sekundarschulen, Gemeindeverwaltung, Handelseinrichtungen bis
800 m2 Verkaufsfläche sowie Ärzt*innen und Apotheken nicht verschlechternt.
Großflächiger Einzelhandel ist im Landesentwicklungsplan so beizubehalten, dass
die Vorgaben zur Ausweisung von Flächen für großflächigen Einzelhandel nicht
gelockert werden. Dies begrenzt den Flächenverbrauch und stärkt die Innenstädte.
Standorte für Verkehrslandeplätze (Flugplätze) sind nur zu sichern, sofern die
geschäftliche Nutzung die Freizeitnutzung überwiegt.
Der Landesentwicklungsplan und damit auch das Landesentwicklungsgesetz sollten
einen Schwellenwert von zwei ha für die Raumbedeutsamkeit einer Photovoltaik-
Freiflächenanlage den Regionalen Planungsgemeinschaften vorgeben. So können
kleinflächige Anlagen z. B. auf Industriebrachen, brachgefallene Anlagen der
Landwirtschaft (Siloanlagen), militärischen Konversionsflächen (Landebahnen),
Deponien und Abraumhalden einfacher und schneller umgesetzt werden.
Wir wollen eine Ausweisung aller Natura 2000-Gebiete als Vorranggebiete für
Natur und Landschaft, auch dann, wenn diese in einem Überschwemmungsgebiet
liegen, sowie den vollständigen Verzicht auf die Ausweisung als Vorranggebiet
für Rohstoffgewinnung unabhängig vom Konfliktpotential. Dies beinhaltet auch den
Verzicht auf Ausweisung von Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung mit
oberirdischem Abbau in Natura 2000-Gebieten (z.B. im Harz Rehköpfe oberhalb
Ballenstedt).
Im Landesentwicklungsplan sind Überschwemmungsgebiete und
Hochwasserrisikogebiete als Vorranggebiete für Hochwasserschutz auszuweisen
(soweit außerhalb von Natura 2000-Gebieten). Sofern Beeinträchtigung von
Überschwemmungsgebieten durch kleinräumige Betroffenheit nicht auszuschließen
sind (gelbe Kategorie), sind Infrastrukturmaßnahmen so auszuführen, dass die
Sicherheit vor einem Jahrhunderthochwasser keine Gefährdung von Infrastruktur
oder Leib und Leben darstellt.
Bei der Planung von neuen Infrastrukturmaßnahmen soll eine Anpassung an den
geltenden Bundesverkehrswegeplan erfolgen. Wir werden uns für die Streichung
aller Neubauprojekte bei Bundesstraßen und Wasserstraßen einsetzen, die im
geltenden Bundesverkehrswegeplan nicht oder nicht mehr im vordringlichen Bedarf
eingeordnet sind.
Wir wollen Städte und Gemeinden so entwickeln, dass sie für ihre Bewohner*innen
attraktiv sind und negative Auswirkungen auf die Umwelt minimiert werden. Dafür
ist eine ganzheitliche Siedlungsentwicklung erforderlich. Ziel des Stadtumbaus
muss die klimagerechte und damit menschenfreundliche Stadt sein. Sie muss sowohl
der Klimakrise entgegenwirken als auch sich an ihre Auswirkungen anpassen.
Klimatische Gesichtspunkte sind bei der Durchgrünung der Städte stärker zu
berücksichtigen, zum Beispiel durch Anpflanzen zusätzlicher Straßenbäume. Der
Biotopverbund in der Stadt und im Stadt-Umland-Bereich ist zu verbessern.
Es braucht dauerhaft zur Verfügung stehende Programme zur Städtebauförderung für
den Stadtumbau. Durch eine Qualifizierung der Städtebauförderung und auch die
Möglichkeit der Kombination einzelner Förderbereiche werden wir Sachsen-Anhalt
weiterhin sozialer und moderner denken.
Die Gemeinden und Städte sollten bei der Ausweisung von Baugebieten stärker an
den demographisch nachweisbaren Bedarf gebunden sowie dazu angeregt werden,
Konzepte für ältere Bestands-Einfamilienhäuser aufzulegen. Ebenso ist bei der
Schaffung von neuem Bauland unbedingt Orten Vorrang zu geben, an denen schon
eine ÖPNV-Anbindung vorliegt.
Wir wollen Orte der kurzen Wege. Hierzu ist eine gesunde Nutzungsmischung zu
entwickeln. Wir wollen die Ortskerne stärken. Sie sollen zum Flanieren,
Einkaufen, Arbeiten und Kulturgenießen einladen. Aber sie sind auch als
Wohnstandort für alle Bevölkerungsgruppen zu erhalten. Voraussetzung für
attraktive Ortskerne ist die Reduzierung des motorisierten Verkehrs und der
Vorrang für Fußgänger*innen. Neben der Stadt und dem Dorf der kurzen Wege sollte
auch das Leitbild „kurze Beine – kurze Wege“ stärker in die Planungspraxis des
Landes und ihrer Kommunen Einzug finden. Deshalb braucht es neben der
Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlichen Kommunen Sachsen-Anhalt (AGFK LSA) auch
eine ähnliche Arbeitsgemeinschaft für den Fußverkehr, die Fußläufigkeit der Orte
und die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen und Pflegeaufgaben. Stadt-
und Dorfkerne sollen Orte der Aufenthaltsqualität und der Begegnung sein. Dafür
braucht es auch auf Landesebene einen Austausch zu autofreien und autoarmen
Altstädten, Innenstädten oder Dorfkernen. Gerade in der Zeit Post-Corona werden
Innenstädte und Dorfkerne vermehrt für den Kulturbetrieb, unkommerzielle
Kunsträume und als soziale Räume genutzt werden. Wir wollen dafür sorgen, dass
dies schon jetzt in die Planungspraxis aber auch die Kriterien für
Förderprogramme Einzug erhält.
Bei der Siedlungsentwicklung muss der Grundsatz Innenentwicklung vor
Außenentwicklung gelten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Städte und Dörfer
sich nicht unendlich in die freie Landschaft ausdehnen. Es dürfen keine neuen
Flächen am Rande versiegelt werden. Vorrangig vor einer Neuentwicklung von
Baugebieten sind Brachflächen wieder einer Nutzung zuzuführen. Eine behutsame
Nachverdichtung der Orte kann sowohl die Zersiedelung des Umlandes eindämmen als
auch die Qualität der Quartiere verbessern. Hier sollte auch das Ziel der
doppelten Innenentwicklung verfolgt werden. Das heißt, die Flächen, die Orte zur
Verfügung haben, sollten baulich sinnvoll genutzt werden. Dabei wird
gleichzeitig auf die Entwicklungen der Grünflächen und ihrer Verknüpfung
geachtet, so dass beide bei der Konzeption zusammengedacht werden. Denn nur auf
diese Weise können der offene Landschaftsraum vor weiterer
Flächeninanspruchnahme und zusätzlichen baulichen Eingriffen geschützt und
gleichzeitig städtische und dörfliche Lebensräume mit hoher Wohn- und
Lebensqualität geschaffen und erhalten werden. Entwicklung, Vernetzung und
Aufwertung von Grünflächen dienen der Entwicklung der Kommunen in ihrem Bestand.
Gleichzeitig können die ökologischen Funktionen von Grünzügen bewahrt und
entwickelt werden. Auch die Auswirkungen der Klimakrise im Siedlungsraum wie
extreme Hitze und ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen können durch
Grünstrukturen und Freiräume gemindert werden.
Wir wollen im Land Sachsen-Anhalt Vorreiter in Sachen Dach- und
Fassadenbegrünung sowie Solar-Gründach werden. Dafür braucht es mehr direkte und
indirekte Förderung der Kommunen und privaten Investoren zur Errichtung von
Dach- und Fassadenbegrünungen. Hierzu wollen wir eine Beratungs- und
Förderanlaufstelle schaffen und weiter prüfen wie Dach- und Fassadenbegrünung
integraler Bestandteil bei ökologischen Gesamtkonzepten, der energetischen
Bewertung sowie den Richtlinien zum nachhaltigen Bauen werden können. Alle
Neubauten aus Landesmitteln sollen in Zukunft Elemente der Dach- oder
Fassadenbegrünung sowie Solar-Gründächer aufweisen. Bei den Bestandsgebäuden ist
die Nachrüstung mit Elementen der Dach- und Fassadenbegrünung zu prüfen.
Bürger*innen müssen frühzeitig mit echten Gestaltungsmöglichkeiten beteiligt und
ihre Ideen ernst genommen werden. Das kann von Planungswerkstätten bis hin zu
Gestaltungsbeiräten gehen. Die Erarbeitung ganzheitlicher Umbaukonzepte im
Dialog mit den Anwohner*innen muss besser gefördert werden. Deshalb wollen wir
Formate und digitale Angebote der Beteiligung und Interessensvertretung
schaffen.
In Sachsen-Anhalt besitzen wir ein reiches bauliches Erbe. Dies gilt es zu
bewahren und weiterzuentwickeln. Für größere Bauvorhaben des Landes muss es
Standard werden, dass die beste Lösung durch Architekturwettbewerbe ermittelt
wird. Ebenso ist bis zu einem Prozent der Investitionssumme für baugebundene
Kunst einzusetzen.
Die Förderung grüner und sauberer Produktion und Dienstleistungen heißt für uns
weiterhin, umweltfreundliche Gewerbeparks zu entwickeln. Diese sollen möglichst
nicht auf der „grünen Wiese“, sondern auf bereits versiegelten Flächen oder
brach liegenden Gewerbeflächen entstehen. Wir wollen, dass die CO2-Emissionen
der Gewerbeparks deutlich gesenkt werden. Erneuerbare Energie, insbesondere
Photovoltaik auf Dächern, sollgenutzt werden. Wir wollen die landesrechtliche
Grundlage dafür schaffen, dass in neuen Baugebieten überwiegend die Energie aus
erneuerbaren Energien bezogen wird. Es braucht mehr interne Stoffkreisläufe.
Auch auf intelligente Logistik und umweltfreundliche Transportsysteme mit mehr
Elektromobilität soll der Fokus gelegt werden. Mit einer Landesförderung wollen
wir Unternehmen bei der Umweltzertifizierung und den damit verbundenen Maßnahmen
unterstützen. Auch sollen regionale Wertstoffkreisläufe und
Wirtschaftsbeziehungen durch Clustermanagement im Gewerbepark gefördert werden.
Um Verkehr zu vermeiden, sollen neue Gewerbegebiete gut an den öffentlichen
Nahverkehr, mit guten Anbindungen zu den Wohngebieten, an das Bahnnetz und an
das Radwegenetz angeschlossen werden. Zur Realisierung eines Pilotprojekts für
gemeinwohlorientiertes Wirtschaften wollen wir mit EFRE-Mitteln ein
Gewerbegebiet nachhaltig und sozial-ökologisch gestalten.
Die Energiewende kann nur gelingen, wenn das Bauen einen entscheidenden Beitrag
hierzu leistet. Sowohl bei Umbau und Sanierung als auch beim Neubau ist der
Energieverbrauch für Errichtung und Nutzung der Gebäude drastisch zu reduzieren.
Der Passivhausstandard ist anzustreben. Für die Energieerzeugung und -nutzung
sind Quartierskonzepte zu entwickeln. Wir wollen die Kommunen bei deren
Erstellung und Umsetzung unterstützen. Ressourcenschonendes Bauen heißt, dem
Erhalt Vorrang vor dem Neubau zu geben, nachwachsende Rohstoffe zu verwenden und
die Recycelbarkeit von Baustoffen und Bauteilen sicherzustellen.
Das Land Sachsen-Anhalt soll als Bauherr mit Vorbildfunktion nachhaltig bauen.
Deshalb wollen wir, dass künftig bei Neubauten sowie beim Ausbau und der
Erweiterung von bestehenden Gebäuden des Landes die Anforderungen des bewährten
Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundes eingehalten wird. Damit
wird erreicht, dass diese Gebäude im Hinblick auf Ökologie, Ökonomie sowie auf
die soziokulturelle und funktionale Qualität nachhaltig sind.
Über die in dieser Wahlperiode geschaffenen Erleichterungen für das Bauen mit
Holz hinaus, soll die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen wie Lehm oder Stroh
mit einer Änderung der Landesbauordnung erleichtert werden. Auch beim Holz muss
es noch weiter gehen als die bisherigen Änderungen. Das Bauen mit nachwachsenden
Rohstoffen soll außerdem gefördert werden. Das Land als Eigentümer soll bei
seinen Neubauten vermehrt nachwachsende Baustoffe verwenden.
Auch wollen wir die Bauordnung so ändern, dass bei der Errichtung und Änderung
von Gebäuden Abstellplätze für Fahrräder auf dem Baugrundstück oder in
zumutbarer Entfernung davon herzustellen sind. Darüber hinaus wollen wir eine
fahrradfreundliche Musterstellplatzsatzung den Kommunen zur Verfügung stellen,
welche hohe Qualitätsstandards festlegt und den Kommunen Musterlösungen
aufzeigt. Neubau und Erweiterungen von Landesbauten sowie Bauten, die vom Land
gefördert sind, sollen eine hohe Quote an Fahrradabstellanlagen aufweisen.
Unser Ziel ist es, möglichst große Bestände an Wohnungen zu erhalten und neu zu
schaffen, die außerhalb des auf Profitmaximierung orientierten Wohnungsmarktes
bestehen. Dafür wollen wir den Anteil von Wohnungen in öffentlicher und
genossenschaftlicher Hand erhöhen, genauso wie den von kooperativen Wohnformen,
Hausprojekten sowie Bauprojekten, Selbst(aus)bauprojekten und experimentellem
Wohnungsbau. Wir wollen das Kommunalverfassungsgesetz so ändern, dass Kommunen
auch in der Haushaltskonsolidierung Vermögensgegenstände unter ihrem vollen Wert
veräußern dürfen, wenn dies der Schaffung von preiswertem Wohnraum durch
Wohnungsgenossenschaften oder Baugemeinschaften dient oder wenn sich der Käufer
sich im Gegenzug verpflichtet, nur solche Wohnungen zu errichten, die mit
Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten. Auf Bundesebene
setzen wir uns für die steuerliche Förderung der Wohnungsgemeinnützigkeit ein.
Beim Wohnungsneubau sind unsere Partner*innen Kommunen, Wohnungsgesellschaften
und Mieter*innenbund, aber auch Baugemeinschaften oder Bürger*innen-
Energiegenossenschaften. Statt Flächen ausschließlich nach Höchstgebot zu
vergeben, sollen durch Konzeptvergabe vorrangig ökologische, soziale oder
kulturelle Projekte berücksichtigt werden. Die Landesebene hat hierbei eine
Vorbildfunktion, wenn es um den Verkauf von Bauland aus Landesliegenschaften
geht. Diese sollen vorrangig im Erbbaurecht mit niedrigem Erbaubauzins vergeben
werden. Baulandmodelle und ähnliche bodenpolitische Instrumente wollen wir
fördern, um zum Beispiel einen Sozialwohnungsanteil von mindestens 20 Prozent
bei Neubauten festzuschreiben und für diese Wohnungen Bindungsfristen und
Mietpreisbindung zu verlängern, falls im Gesamtmietwohnbestand der Anteil an
Sozialwohnungen unter 20 Prozent sinkt.
Spekulationen mit Bauland werden wir begegnen, indem wir Kommunen beim Erwerb
von Bauland unterstützen, insbesondere bei der Nutzung des Vorkaufsrechts. Auch
wollen wir die Erarbeitung von langfristigen Entwicklungsstrategien fördern. Zum
Mieter*innenschutz unterstützen wir die Kommunen bei der Erstellung von
qualifizierten Mietpreisspiegeln und mit schnelleren und schärferen
Eingriffsmöglichkeiten bei Zweckentfremdungen.
Das Land Sachsen-Anhalt sowie die Einrichtungen und Unternehmen des Landes
verfügen über relevante Vermögenswerte an Grundstücken. Wir kämpfen dafür, dass
diese gemeinwohlorientiert eingesetzt und nicht mehr zum Höchstgebot rein nach
betriebswirtschaftlichen Interessen verwertet werden. Kommunen, Land und Bund
sind gefordert, Grundstücke für kommunalen Wohnungsbau zu angemessenen
Konditionen zur Verfügung zu stellen. Mit einer Verwaltungsvorschrift soll das
Land eigene Grundstücke vergünstigt abgeben, wenn darauf günstiger Wohnraum
entsteht. Dies gilt auch für landeseigene Grundstücke mit leerstehenden
Gebäuden. Wir wollen dafür ein Vorkaufsrecht für die Kommunen schaffen und diese
dabei begleiten, ihre Flächen effizient für bezahlbaren Wohnraum zu nutzen und
heutige Flächenreserven zu heben.
Eigeninitiative wollen wir stärken und die Gründung von Genoss*innenschaften und
Baugemeinschaften sowie Mietshäusersyndikat-Projekten vorantreiben. Inklusives
Wohnen und Mehrgenerationenwohnen sollen besonders unterstützt werden. Besonders
interessant dabei ist die Entwicklung von Wohngebieten für Klein- und Kleinst-
wohnformen (Tiny House-Siedlungen).
Durch Flexi-Bau, modulare Bauweise, Variowohnungen und multifunktionale
Einheiten können erheblich Ressourcen, Baustoffe und Planungsleistung eingespart
werden. Bauen im Baukastensystem kann flexibel und veränderlich Gebäude an neue
Nutzungsformen anpassen und den Rückbau erleichtern. Gerade öffentliche Gebäude
und Liegenschaften werden zeitweise neuen Nutzungen zugeführt. Gesellschaftliche
Veränderungen verlangen ein Umdenken bei Planung und Bau von Wohnraum. Der
Wandel hin zu immer vielfältigeren Lebensformen, einer mobileren Gesellschaft
und die fortschreitende Urbanisierung lassen die Nachfrage nach kostengünstigen,
kleinen und variablen Wohnungen in Städten und Ballungsgebieten steigen. Deshalb
wollen wir insbesondere beim Behörden-, Hochschul- und Wohnheimbau auf variable
und standardisierte Bauformen zurückgreifen und Bauen damit günstiger, sozialer,
aber auch flexibler und nachhaltiger machen. In Anlehnung an das Förderprogramm
für Modellvorhaben zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen des
Bundes wollen wir ein ähnliches Landesprogramm in die Wege leiten sowie auch
explizit die Gewerbe- und Logistikbranche zu variablen, flexiblen und
rückstandsfrei zurückbaubaren Einheiten anregen und auch selbst eigene Gebäude
in dieser Bauart in den nächsten Jahren umsetzen.
Pandemien und Krisen wie die aktuelle Corona-Situation zeigen uns wie flexibel
auch die Art und Weise wie wir wohnen sich verändern kann. Wir wollen Anreize
schaffen, Häuser mit möglichst flexiblen Grundrissen zu bauen, um
unterschiedlichste Nutzungs- und Wohnformen realisieren zu können.
Wohnen ist ein Grundrecht und muss für alle Sachsen-Anhalter*innen gesichert
werden. Durch das bestehende Landesprogramm zur Förderung des sozialen
Wohnungsbaus soll weiter Wohnraum durch Neu-, Aus- oder Umbau geschaffen werden.
Auch können leerstehende und teilweise leerstehende Wohngebäude modernisiert
werden. Deshalb wollen wir am Landesprogramm festhalten und es noch weiter
ausbauen und qualifizieren.
Nach der landesrechtlichen Bestimmung sollen durch das Programm Personen
unterstützt werden, die sich insbesondere aufgrund ihres geringen Einkommens am
Wohnungsmarkt nicht angemessen versorgen können. Sozialer Wohnungsbau sollte
vorrangig über kommunale Wohnungsunternehmen, Studierendenwerke sowie
Genoss*innenschaften erfolgen, um auch nach Auslaufen der Mietpreisbindung
langfristig preisstabile Wohnraummieten zu gewährleisten. Die Zuschüsse müssen
erheblich erhöht werden, damit in angemessenem Umfang geförderter sozialer
Wohnraum entstehen kann. Unser Ziel ist auch, die soziale Durchmischung in
Mehrfamilienhäusern zu fördern und soziale Gerechtigkeit herzustellen.
Beim anstehenden demographischen Wandel spielt die Barrierefreiheit nicht nur in
der Mobilität und im Tourismus eine Rolle sondern natürlich auch im Wohnungsneu-
aber vor allem -umbau. Durch die Sanierung von Bestandswohnungen wollen wir
sowohl auf dem Land wie in der Stadt barrierefreie Wohnungen für eine alternde
Gesellschaft schaffen aber auch Teilhabe und freie Wohnstandortswahl für
Menschen mit Beeinträchtigungen ermöglichen.
Sachsen-Anhalt braucht ein Wohnheimbauprojekt. Bezahlbarer Wohnraum für
Studierende und Auszubildende wird zunehmend knapp und teuer. Die
Wohnheimplatzquote in Sachsen-Anhalt ist im Bundesländervergleich niedrig. Neue
Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, die Zunahme von internationalen
Studierenden und die große Konkurrenz um Studierende und Auszubildende gegenüber
anderen Bundesländern erfordern sichere Rahmenbedingungen für die höhere
Bildung. Dabei muss wohl der Neubau wie auch die Sanierung finanziell
unterstützt werden. Dafür soll es sowohl zinslose Kredite als auch Zuschüsse
geben. Neben dem Bund-Länder-Hochschulsozialpakt für Neubau und Sanierung von
Wohnheimen braucht es deshalb auch ein Förderprogramm auf Landesebene für die
Studierendenwerke und die Träger von Jugendwohnheimen. Dieses sollte sozialen
Wohnungsbau mit den Kriterien des nachhaltigen Bauens (BNB) verknüpfen und
ausreichend fördern.
Das ländliche Kulturerbe prägt die Einzigartigkeit des Wohnumfelds und soll
fester Bestandteil des „ländlichen Lifestyles“ werden. Wir wollen eine
Zusammenarbeit von Denkmalschutzbehörden und Eigentümer*innen, die die Sanierung
unterstützt. Damit sollen der Erwerb und die Sanierung beziehungsweise Erhaltung
von Denkmalen attraktiver werden.
Zusätzlich sollen im Land Modellprojekte entstehen, in denen über die
Denkmalschutzbehörden kostenfrei Fachwissen, Bauberatung und Betreuung
bereitgestellt werden. Es muss einen Lastenausgleich zwischen dem
Ressourcenverbrauch von industriellem Bauen und individueller handwerklicher
Bauerhaltung geben. Lokale fachkundige Wertschöpfung in der Denkmalerhaltung
soll handwerklich Interessierten neue Entwicklungsperspektiven eröffnen. Mit
gezielter Förderung soll der Entwicklung des Denkmalhandwerks und dem
Denkmalschutz ein angemessener Platz unter den Nachhaltigkeitsmaßnahmen des
Landes eingeräumt werden.
Der Erhalt von Kulturdenkmalen kann auf Dauer nur durch deren Nutzung
gewährleistet werden. Vorrangiges Ziel ist es daher, für möglichst viele
Denkmale die Nutzung zu sichern oder zu ermöglichen. Deshalb wollen wir
erreichen, dass künftig innerhalb der Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepte
(IGEK) auch Denkmalpflegepläne erstellt werden. Diese sollen die Aufgaben der
Denkmalpflege sowie Ziele und Erfordernisse des Denkmalschutzes enthalten.
Veränderungen eines Denkmals sollen nur soweit durch Auflagen gesteuert werden,
wie es für die Bewahrung der festgelegten Denkmaleigenschaften nötig ist.
Gestaltungsvorschläge für Kulturdenkmale werden nur dann als Auflage formuliert,
wenn sie aus den festgelegten Denkmaleigenschaften des Baudenkmals oder
Denkmalbereichs herzuleiten sind, oder wenn öffentliche Fördermittel oder
Steuervorteile den darüberhinausgehenden denkmalbedingten Mehraufwand
ausgleichen.
Im Inneren von privaten Baudenkmalen wird keine kostspielige Restaurierung oder
die Gestaltung nach Befund beauflagt, sondern nur die denkmalgerechte Sicherung
der Ausstattungsteile und Befunde.
Wenn die Denkmalschutzbehörden gefahrenabwendende Maßnahmen an Kulturdenkmalen
anordnen oder selbst durchführen, können sie Kostenerstattungen von den
Eigentümer*innen, Besitzer*innen und sonstigen Verfügungsberechtigten nur in dem
Maße verlangen, soweit dies den Betroffenen wirtschaftlich zumutbar ist.
Für die Lösung der bestehenden Probleme beim Denkmalschutz braucht es eine gute
personelle Ausstattung insbesondere der unteren Denkmalschutzbehörden. Wir
wollen auf kommunaler Ebene die Einrichtung von ehrenamtlichen
Denkmalschutzbeiräten ermöglichen. Darüber hinaus müssen Betroffene und
Interessent*innen eine bessere und transparentere Beratung sowie Zusammenarbeit
erfahren. Verbesserte Förderbedingungen sowie eine aktive Ansprache von
Investor*innen z. B. von Schrottimmobilien kann mehr Erhalt und Sanierung in die
Wege leiten.
Eine mögliche Klassifizierung von Denkmalen nach ihrer Rangordnung oder
Bedeutung lehnen wir ab, um eine allmähliche Zerstörung von angeblich weniger
bedeutenden Denkmalen zu verhindern. Für im Eigentum des Landes stehende
Denkmale hat das Land den Erhalt und eine sinnvolle Nutzung sicherzustellen. Das
Denkmalinformationssystem des Landes ist auszubauen. Neben weiteren
Informationen und Verlinkungen, ist die Möglichkeit zur Einbindung auf dritten
Webangeboten zu schaffen. Mit einer Historie sollen zudem Änderungen des
Denkmalstatus dargestellt werden. Auch ehemalige Denkmale sind entsprechend im
System weiter zu führen.
Der Schutz von Bestandsgebäuden muss durch ein Gesetz geregelt werden, das
Abriss nur genehmigt, wenn er sozial- und klimanotwendig ist. Sanierungen werden
über den Denkmalschutz hinaus förderungsfähig. Die Quote der energetischen
Sanierungen soll außerdem massiv erhöht werden. Dazu braucht es neben der
Bauordnung auch eine Umbauordnung. Diese soll Sanierungen von Bestandsbauten z.
B. durch Abweichungen von den Neubau-Richtlinien erleichtern. Das in dieser
Legislaturperiode eingeführte erfolgreiche Aufzugsprogramm soll fortgeführt
werden.
Der Bewertungsmaßstab für die energetische aber auch die klimawirksame
Beurteilung von Gebäuden sollte auf den gesamten Lebenszyklus betrachtet und
berechnet werden. Von der Herstellung aller Baustoffe und Bestandteile sowie die
Betriebsenergie bis zum Energieeinsatz bei Abriss und Entsorgung sollten alle
Abschnitte mit in die Bewertung eingehen. Nur so lassen sich objektiv
Entscheidungen über Sanierung, Abriss, Neubau und energetische Sanierung
treffen. Dafür setzen wir uns auf Bundesebene ein.
In Anlehnung an das Programm LeerGut in Thüringen wollen wir auch in Sachsen-
Anhalt leerstehende Immobilien - sowohl Wohn- wie auch Nichtwohngebäude - im
ländlichen Bereich, die das Ortsbild beeinträchtigen wieder mit Leben füllen.
Damit wollen wir baukulturelles Erbe erhalten aber auch öffentliche
Infrastruktur z. B. durch Dorfläden oder Coworking-Plätze wiederbeleben. Der
Umgang mit unserem Bestand ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Wir wollen
Raumunternehmungen unterstützen und neue Formen der Zusammenarbeit zwischen
Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ermöglichen.
Wiederverwertung ist immer besser als Neuherstellung. Recycling schont die
Umwelt, Recycling von Baustoffen bedeutet zudem weniger Flächenverbrauch für
Deponien. Im vergangenen Jahr wurde die Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und
Bodenschutz (Mantel V) im Bund geändert. Wir wollen sie zügig und breit für
Sachsen-Anhalt zur Anwendung bringen und mehr stoffliches Recycling von
mineralischen Baustoffen ermöglichen. Das ist technisch möglich, ohne
qualitative Einschnitte hinzunehmen. Damit fördern wir die Kreislaufwirtschaft
auch im Bereich Bauen.
Ein weiterer Schritt, um Direktrecycling zu ermöglichen sind Rohstoff-, Bauteil-
oder Recyclingbörsen. Hier wollen wir Maßnahmen ergreifen um Second Life, Urban
Mining und den Handel von Abfällen zu erleichtern und so einen Markt für
Recycling aber auch ein zweites Leben für geprüfte Gebrauchtteile wie z. B.
Fenster und Türen schaffen.
Wir wollen die Hochschulen zukünftig im Rahmen der Zielvereinbarungen dazu
anhalten, sofern sie Voll-, Teilzeit oder berufsbegleitende Studiengänge oder
Forschungsschwerpunkte der Fachrichtungen Bau, Gebäudemanagement oder
Architektur anbieten, diese mittelfristig am Leitbild des nachhaltigen Bauens
und Bewirtschaftens zu orientieren. Gleiches zielen wir für die Rahmenpläne der
Berufsschulen über die Kultusministerkonferenz an. Wir wollen, dass es in
Sachsen-Anhalt mindestens eine Professur für nachhaltiges Bauen sowie eine
Professur für nachhaltige oder integrierte Stadtplanung gibt.
Satzbau
Klarstellung der Intention: nicht die Grundbedarfe sollen gesichert werden, sondern deren Abdeckung.
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